Mesh

Klass(isch)e Umsetzung

12.12.2017 - Immer wieder gibt es im Rock- und Pop-Bereich, aber mittlerweile auch der Gothic-/Electro-Szene den Versuch, Songs in klassischem Gewand zu präsentieren und aktuell liefern die Synthie-Popper von Mesh eine wunderschöne Umsetzung. "Live at Neues Gewandhaus Leipzig" entstand in Zusammenarbeit mit einem polnischen Orchester und Conrad Oleak war zuständig für die Arrangements. Sänger Mark im Gespräch: Von: Torsten Pape

Image Synthie-Pop in gänzlich neuem Kontext (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Ich liebe schon immer die Akustikversion von „So important“ und generell Eure ruhigeren oder auch hymnischen Stücke. In gewisser Weise schließt sich in dieser Hinsicht mit diesem Klassik-Album ein Kreis. Würdet Ihr dem zustimmen und vielleicht auch sagen, dass dieses Konzert einem Ritterschlag gleichkommt?

MARK HOCKINGS: Ich persönlich mag die ruhigen, reduzierten Songs auch sehr. Da ist man als Songwriter besonders gefordert, da der Song sowohl von der Melodie als auch vom Text her gleichermaßen funktionieren muss. Wenn dem nicht so ist, fällt so ein Stück schnell durch. Diese Philosophie gilt natürlich auch für unsere anderen Stücke, aber man ist einfach vollkommen ungeschützt, wenn man sich nicht hinter einer „Wall of sound“ verstecken kann. Uns ist ebenfalls bewusst, dass genau diese Lieder manchmal unser Publikum spalten, aber sie gehören schon immer zu uns, sind ein fundamentaler Bestandteil unseres Stils.
Und die Klassik-Performance ist mit Sicherheit – wie Du es ausdrückst – unser Ritterschlag. Das beschreibt perfekt, wie wir uns damit fühlen und ich wünschte, ich wäre selbst auf diese Beschreibung gekommen. Die Tatsache, dass es unserer Meinung nach so toll funktioniert hat, bestärkt uns zudem in dem Glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

BODYSTYLER: Wie können sich die Fans die Kommunikation zwischen Euch, Conrad Oleak und dem Orchester vorstellen? Habt Ihr sofort die gleiche (musikalische) Sprache gesprochen oder musstet Ihr Euch erst an die Welt auf der anderen Seite gewöhnen?

MARK: Die Arbeit mit Conrad war ein absolutes Vergnügen und die Übersetzung zwischen den Welten verlief reibungslos und war sehr aufschlussreich. Wir waren von Anfang an auf der gleichen Wellenlänge und ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir großartig Korrekturen benötigt haben. Er hat sich einfach die Original-Tracks genommen und in Notenschrift umgesetzt. Ich glaube, beim Erstellen der Demos kam auch eine Art Scoring-Software zum Einsatz. Nachdem alle damit einverstanden waren, wurde das Ganze für das Orchester aufbereitet. Dieser Prozess ist bis heute absolutes Hexenwerk für uns und wir verstehen nicht wirklich, welche Art von Schwarzer Magie da zum Einsatz kam. Das Endergebnis war aber am Anfang bereits zu 98 Prozent vorhanden. Ich muss zugeben, dass das sicherlich aus dem Grund glatt lief, weil Conrad sofort eine Vision und viel Empathie hatte.

BODYSTYLER: Gab es eigentlich während der Proben die Möglichkeit für große oder kleine Gespräche mit den Mitgliedern des Orchesters? Worüber unterhält man sich bei solchen Gelegenheiten? Geht es da eher um technische Sachen oder wird es auch mal privater?

MARK: Leider konnten wir uns bis auf die normalen Nettigkeiten nicht wirklich mit den Musikern unterhalten. Um ehrlich zu sein, war die Situation einfach zu überwältigend und wir fühlten uns am Anfang echt ein bisschen eingeschüchtert. Im Nachhinein wünschte ich, dass wir etwas entspannter gewesen wären, aber man lebt, um zu lernen. Davon abgesehen war der Zeitplan sehr eng gesteckt und wir haben letztendlich nur ein paar Stunden vor der Show mit dem Orchester verbracht.

BODYSTYLER: Wie würdet Ihr denn die Proben beschreiben wollen? Wie oft habt Ihr Euch genau getroffen?

MARK: In der Woche vor dem Auftritt waren wir zwei Tage in Polen. Wir hatten jeden Morgen ein/zwei Stunden, um mit dem Orchester die Songs durchzugehen. Das war übrigens nicht die ganze Besetzung, sondern deutlich weniger Musiker als in der finalen Show. Am Tag des Auftritts hatten wir dann noch mal für eine knappe Stunde die Möglichkeit, die Songs durchzugehen.

BODYSTYLER: Es ist schön zu sehen, dass Ihr eher unbekanntere Songs und nicht die Singles ausgewählt habt. Allerdings habe ich mich gewundert, dass Ihr nur bis ins Jahr 2006 und nicht zu den ganz frühen Tagen zurückgegangen seid. Gibt es eine Erklärung dafür, warum Ihr Euch ausschließlich auf die zweite Dekade der Bandgeschichte konzentriert habt?

MARK: Die Songauswahl fiel uns wirklich schwer. Die Liste der Songs, die wir gern in diesem klassischen Stil gesehen hätten, war deutlich länger, aber die Zeit reichte einfach nicht aus. Letztendlich sind wir alles durchgegangen und haben überlegt, welche Songs unserer Meinung nach am besten im Orchester-Arrangement funktionieren würden. Es war dabei keine Absicht, die älteren Tracks außen vor zu lassen und ob es letztendlich die richtige Auswahl war, ist schwer zu sagen. Wir wollten allerdings, dass es definitiv keine Singles-Kollektion wird, da wir das Gefühl hatten, dass wir Material haben, dass deutlich besser für diese Art der Interpretation geeignet ist. Es ging uns um Atmosphäre und Gefühl, was bei den Singles ja nicht unbedingt die oberste Priorität hat.

BODYSTYLER: Gab es denn auch den Fall, dass Ihr dachtet, dass ein Song wunderbar für ein klassisches Arrangement geeignet ist und am Ende hat es gar nicht funktioniert?

MARK: Um ehrlich zu sein, ist unsere ursprüngliche Songauswahl auch die endgültige. Das hängt jedoch wirklich nur mit Conrads Fähigkeiten zusammen. Es hat sich von Beginn an wahnsinnig cool angehört.

BODYSTYLER: Wie und wann kam es zu der Entscheidung, zusätzlich noch drei Stücke mit einem kleinen, klassischen Ensemble aufzunehmen?

MARK: Wir hatten eigentlich gar kein Album geplant, aber die Plattenfirma wollte diese Veröffentlichung und wir sind letztendlich sehr dankbar für diese Entscheidung. Wir sind immer noch völlig verblüfft davon, wie alles so perfekt funktioniert hat. Wir standen so unter Druck, dass wir überhaupt nicht damit gerechnet haben, dass es so gut läuft. Wir haben eher versucht, das Ganze durchzustehen, ohne allzu viele Fehler zu machen. Als wir letztendlich realisiert haben, dass es etwas sein könnte, was die Leute auch wirklich hören wollen, hatten wir das Problem, dass wir nicht genug Songs für ein ganzes Album hatten. Wir haben daraufhin mit Conrad gesprochen und so kam es zu den zusätzlichen Aufnahmen mit den Streichern und dem Piano. Er hat ein unglaublich tolles Studio und zu sehen, wie er arbeitet, war ein absoluter Höhepunkt des ganzen Projektes.

BODYSTYLER: Welchen Effekt wird diese Erfahrung auf Eure Kompositionen und Produktionen in der Zukunft haben?

MARK: Wir haben jetzt gesehen, was es für Möglichkeiten gibt und sind nicht mehr so eingeschüchtert von dieser anderen Welt. Es wäre ein Traum, wenn wir Conrad in kommende Produktionen einbeziehen könnten, vielleicht ja schon auf dem nächsten Album. In welcher Form das stattfinden könnte, wissen wir jedoch noch nicht. Natürlich würden wir auch gern mal ein komplettes Konzert mit einem Orchester spielen, aber ob das logistisch und finanziell überhaupt möglich ist, ist eine andere Frage. Wir wissen, dass wir das hinkriegen würden, aber die Herausforderungen sind schon sehr groß.

BODYSTYLER: Ich kann mir gut vorstellen, dass allein die Wiederholung dieses Events schwierig werden könnte. Wäre denn eventuell eine Tour mit dem kleinen Line-Up, das Ihr für die Extra-Tracks hattet, eine Möglichkeit?

MARK: Das mit dem kompletten Orchester wäre schwierig, aber nicht unmöglich. Wir haben auch über kleinere Akustik-Shows gesprochen, aber das erfordert ebenfalls eine Menge Arbeit. Außerdem sind wir uns nicht sicher, wie groß die Nachfrage für so etwas wäre. Das wird es sicherlich irgendwann geben, hat aber aktuell nicht die oberste Priorität.

BODYSTYLER: Wie sehen denn Eure Pläne für die nächste Zeit aus? Habt Ihr schon konkrete Ideen?

MARK: Was die Konzerte angeht, gönnen wir uns erst mal eine kleine Pause. Die letzten Jahre waren in dieser Hinsicht recht anstrengend und wir müssen die Batterien ein wenig aufladen. Wir arbeiten gerade an einer Live-DVD von der letzten Tour, die hoffentlich 2018 erscheint. Es gibt auch schon erste Ideen für das nächste Album, was immer besonders viel Spaß macht. Der Fuß bleibt also auf dem Gas.

BODYSTYLER: Dann wünsche ich Euch viel Erfolg und bedanke mich für das tolle Gespräch!

MARK: Ich danke Dir für die Unterstützung. Wir wissen das sehr zu schätzen.


VERLOSUNG: Wir verlosen in Zusammenarbeit mit dem Label drei dieser wunderbaren CDs. Es genügt eine kurze Mail mit dem Stichwort "Mesh-Verlosung im BODYSTYLER" an: stefanh@spkr.media (Einsendeschluss: 12.1.2018). Bei mehr als drei Einsendungen entscheidet das Los.