SN-A

In die Ferne

22.05.2018 - Fünf Jahre ist es her, dass man die erste Übertragung des Solo-Projektes von André Schmechta aka Sevren Ni-Arb empfangen konnte. Nun wird die Geschichte weiter erzählt und das Ohr schweift in ferne Klangräume. Auf dem neuen SN-A-Album "Distance" begibt man sich auf eine Reise durch interstellare Regionen und kommt dabei unweigerlich dem inneren Selbst ganz nah. Von: Torsten Pape

Image Klanguniversum und Reiseleiter (Foto: SN-A / meshwork music)

BODYSTYLER: Ursprünglich war die VÖ von "Distance" bereits für Ende 2017 angedacht. Nun hat es doch noch ein paar Monate länger gedauert. Was waren die Gründe dafür?

ANDRÉ SCHMECHTA: Das war mal wieder schlicht ein Zeitproblem. Durch meine Tätigkeit als Unternehmer ist die Zeit, die ich im Studio verbringe, natürlich stark begrenzt. Ein Familienleben habe ich auch noch. Neben der eigentlichen Musikproduktion müssen dann auch noch Artwork, Videos, Promo etc. vorbereitet werden. Da ziehen schnell mal ein paar Wochen mehr ins Land, als ursprünglich geplant.

BODYSTYLER: Wie würdest Du die markantesten Unterschiede zwischen "Transmissions" und "Distance" beschreiben wollen sowohl von der Herangehensweise, dem Entstehungsprozess sowie dem letztendlichen Klangbild her?

ANDRÉ SCHMECHTA: Herangehensweise und Entstehungsprozess sind eigentlich gar nicht so verschieden gewesen. Aber in Sachen Klang gibt es doch deutliche Unterschiede. „Distance“ ist – fast schon im wahrsten Sinne des Wortes – etwas weiträumiger und offener, hat mehr experimentelle Ambient-Strukturen. Auch wenn beide Alben inhaltlich zusammengehören, so ist „Distance“ eher ein Album im „Storymodus“. Die Geschichte entwickelt sich chronologisch mit jedem Track – auch wenn wir nur an einzelnen Zeitpunkten anhalten. Es geht ja tatsächlich um den Aufbruch zu einer (interstellaren) Reise. Eine Reise ins Ungewisse und eine Reise, die auch eine Begegnung mit dem Selbst ist.

BODYSTYLER: Wie darf man sich eine typische Situation vorstellen, in der Du Deine vielschichtigen Klangwelten erschaffst? Hörst Du bestimmte Klänge bereits im Kopf oder ergeben sie sich erst beim Drehen an den Reglern und Knöpfen?

ANDRÉ SCHMECHTA: Das ist ganz unterschiedlich. Mal ist es eine bestimmte Stimmung, eine Sound-Idee, eine Melodie, ein Beat, die mir im Kopf herumschweben und die ich umsetzen möchte. Häufig starte ich im Studio, drehe in der Tat an Reglern und Knöpfen und begebe mich auf eine Klangreise.

BODYSTYLER: Gibt es ein oder mehrere Kriterien, mit deren Hilfe Du entscheidest, ob eine Komposition im X-Marks The Pedwalk- oder im SN-A-Kosmos Verwendung findet?

ANDRÉ SCHMECHTA: Eigentlich grenze ich das schon im Vorfeld ab. Entweder ich arbeite an SN-A oder an XMTP-Songs. Es kommt äußerst selten vor, dass ich einen Track produziere und diesen erst im Nachhinein einem konkreten Projekt zuordne.

BODYSTYLER: Songtitel wie "Lights", "Horizon", "Noise radar" oder "Traces" bergen in sich bereits den Begriff der "Entfernung". Gaben sie den Albumtitel "Distance" vor oder bestimmte dieser das Konzept, in welches sich die Songs einfügten?

ANDRÉ SCHMECHTA: „Distance“ habe ich als Vorgeschichte zu „Transmissions“ konzipiert. Auf „Transimsisions“ finden sich einzelne Klangbotschaften – empfangen aus Raum und Zeit. Ich habe bewusst codierte Tracktitel genommen, die aber alle einen konkreten Bezug haben und mit Zahlen aus meinem Leben spielen. „Distance“ erzählt vom Aufbruch – einer Reise in den Weltraum, eine Reise, die aus einem inneren Drang entsteht - nicht frei von Bedrohung und Hindernissen. Am Ende der Reise sind wir weit weg vom Ursprungsort, auch innerlich entfernt. Diesen Punkt markiert der Song „Checkpoint 9.7“. Der Reisende ist (noch) nicht an einem Ziel angekommen. Was findet er? Welche Sehnsucht umtreibt ihn? Welche Gefühle hat er, woran denkt er? Ist er gar verloren? Eine Reise ohne Wiederkehr? Aus dieser Situation sendet er Botschaften – es sind die Klangbotschaften aus „Transmissions“. Mit dem letzten Track „Re-Awake“ möchte ich mehrere Fragen aufwerfen. Hat die Reise stattgefunden? Ist der Reisende zurückgekehrt? War alles nur ein Traum? Und welche Reise hat der Hörer gemacht und mit welchen Gefühlen kehrt er zurück?

BODYSTYLER: Auf dem Album befinden sich zwei Tracks mit dem Namen "Checkpoint". Stellen die angefügten Zahlen "4.2" und "9.7" eine Art Positionsbestimmung auf der gleichen Entwicklungsgeraden dar? Wenn ja, stellt sich die Frage, ob die Strecke zwischen den Tracks wirklich gerade war oder eher einem Zick-Zack-Kurs ähnelte?

ANDRÉ SCHMECHTA: Oh, ich bezweifle, dass die Strecke nur eine gerade war. Gedanklich sind es wirklich sehr weite Entfernungen, die zurückgelegt werden und ein Zick-Zack kaum spürbar machen dürften. Aber ja, die Titel gelten als Positionsbestimmungen. Wie zuvor erwähnt, ist die Reise quasi zweigeteilt und „Checkpoint 4.2“ markiert den Trennungspunkt, während „Checkpoint 9.7“ den am weitesten entfernten Punkt der Reise darstellt.

BODYSTYLER: Mit etwas Abstand betrachtet, ändert sich oft die Wahrnehmung der Dinge. In welchen Lebenslagen hat Dir diese Erkenntnis bis jetzt am meisten geholfen?

ANDRÉ SCHMECHTA: Ich reflektiere viel über mich und meine Umwelt. So ist diese Erkenntnis eigentlich Teil meiner generellen Lebensweise.

BODYSTYLER: "Oxygenerazor" springt als Titel sofort ins Auge. Wie bist Du auf dieses Wort gekommen und welche Gedanken verbergen sich dahinter?

ANDRÉ SCHMECHTA: „Oxygenerazor“ ist der letzte Song auf dem Album, bevor sich das Klangbild merklich verändert. Es wird etwas düsterer, tiefer – teilweise sogar bedrohlich. Ich wollte ein Stück, das wie ein letzter Motivator der Reise Antrieb verleiht und Zuversichtlichkeit ausstrahlt. Sauerstoff ist unabdingbar und ein Generator produziert. So entstand das Wortspiel.

BODYSTYLER: Könntest Du bitte etwas zum sehr gelungenen Artwork des Albums sowie den stimmungsvollen Videos zu "Horizon" und "Stimulation", für die ebenfalls Milton Decamotan verantwortlich war, sagen.

ANDRÉ SCHMECHTA: Generell ist es so, dass ich schon immer eine Idee für ein Artwork vorgebe. Ich habe konkrete Vorstellungen und arbeite sie auch selber zunächst aus. Bei SN-A waren dies z.B. das Logo und das Bildmotiv. Letzteres passte auf den ersten Blick hervorragend zum Konzept. Milton Decamotan ist der Creative Director in meiner eigenen Agentur. Mit ihm tausche ich mich dann aus und er ist es, der alles konkretisiert, verfeinert und final umsetzt. Er hat den richtigen Blick für den übergeordneten, harmonischen Look und ein hervorragendes Gespür für Details und Colourgrading. Die Videos bestehen teils aus selbst gebauten und animierten Objekten, sowie zugekauftem Material, das wir dann im Team für das finale Compositing genutzt haben. Für 3D-Visualisierung und Motion Design sind in Miltons Team noch Fabian Niehaus und Niklas Ellersiek in meiner Agentur tätig. Die drei sind ein klasse Team, das hervorragende Arbeit leistet!

BODYSTYLER: Da Deine Musik schon immer gut als Soundtrack zum Science Fiction-Genre passen würde, wäre es interessant, ob Du Dir die Vertonung/Untermalung eines solchen Filmes vorstellen könntest? Gäbe es vielleicht sogar bevorzugte Regisseure?

ANDRÉ SCHMECHTA: Ich bin ein großer Fan von Film-Musik. Es gibt fantastische Scores von unglaublich tollen Komponisten. Klar hätte ich Interesse, mal einen Film mit meiner Musik zu untermalen oder mich der Herausforderung zu stellen und gar einen Score anzufertigen. Bevorzugte Regisseure habe ich eigentlich nicht. Es käme da eher auf den Inhalt an.

BODYSTYLER: Welche Filme im SciFi-Segment haben Dich in letzter Zeit besonders beeindruckt und warum?

ANDRÉ SCHMECHTA: Da sind zunächst einmal die akutellen "Star Wars"-Filme. Ich bin froh, dass das Franchise endlich wieder zu alten Tugenden zurückgefunden hat. Es gibt wieder echte Weltraum-Abenteuer – kurzweilig, visuell toll inszeniert und mit den Helden unserer Zeit. „Interstellar“ ist ein beeindruckender, starker Film – emotional, mit viel Tiefe, wenn auch teilweise etwas überinszeniert. “Ex Machina“ erzählt eine packende Geschichte zum Thema „Künstliche Intelligenz“. Der Film hat eine tolle Ästhetik und mit Alicia Vikander eine klasse Hauptdarstellerin. „Guardians of the Galaxy“ (Teil 1!) zeigt, wie mit Spaß, Action und verrückten Ideen perfekte Familienunterhaltung ensteht.

BODYSTYLER: Magst Du evtl. eine All-Time-Top-Liste mit Deinen liebsten SciFi-Filmen zusammenstellen?

ANDRÉ SCHMECHTA: Ohje, das ist wirklich super schwierig, da sich diese je nach Stimmungslage ändern wird. Hier mal eine Liste von SciFi-Filmen, die mir spontan einfallen, sehr gut gefallen und die ich immer wieder gerne schaue:

"Contact", "Matrix – Teil 1", "Star Wars – Die letzten Jedi", "Interstellar", "Moon", "Die Bestimmung – 1", "Tribute von Panem – 1", "Passengers", "Avatar", "Total Recall (Original)", "Tron – Legacy", "Alien (1-3)", "Ex Machina", "Die 5. Welle", "Guardians of the Galaxy – 1", "Das Ding", "Stargate", "Minority Report", "Independenc Day"… Bestimmt habe ich welche vergessen…

BODYSTYLER: Darf ich fragen, ob es schon Pläne für die nächste VÖ auf Deinem Label Meshwork gibt?

ANDRÉ SCHMECHTA: Ich habe in letzter Zeit wieder einige Promos zugesendet bekommen, die mich aber leider nicht überzeuge konnten. So bin ich also noch auf der Suche nach neuen und interessanten Künstlern. Vor kurzem habe ich mich mit Dirk Krause in seinem Studio getroffen - übrigens das erste Mal seit gut 20 Jahren. Ich habe ja sein Projekt Ferrochchrome bei mir veröffentlicht. Dirk arbeitet gerade an Material für ein neues Projekt, zu dem er noch eine Sängerin oder einen Sänger sucht. Da bin ich schon sehr gespannt drauf. Und vielleicht kommt bald das erste Album von meinem jüngeren Sohn, der mittlerweile auch schon ein eigenes kleines Studio in seinem Zimmer eingerichtet hat und an seinem Drum & Bass Projekt LMX arbeitet. Er wird in Kürze 15 und startet damit ähnlich früh in die Welt elektronischer Musik, wie ich seinerzeit. Auf Instagram und Soundcloud kann man ihm folgen: https://www.instagram.com/lmx_music/
https://soundcloud.com/lmx_music/

BODYSTYLER: THANX!
ANDRÉ SCHMECHTA: Auch Danke!