Purwien & Kowa

Die Gallagher-Brüder des Synthie-Pops

08.07.2018 - Bei den Herren Purwien & Kowa hat sich anscheinend was angestaut. Nicht einmal ein Jahr ist seit VÖ ihres letzten Buch/CD-Doppelpacks vergangen, da erfreuen sie die synthpop-affine und lesehungrige Gemeinde mit einer EP-Trilogie und einem weiteren Schmöker. Ein Gespräch über faule Säcke, feminine Minijobs, Städtekunde, Triathlon und andere Banalitäten. Wieso? Weshalb? WARUM? Bitte lest selbst... Von: Torsten Pape

Image "In die Kamera gucken" mal anders... (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Zunächst einmal habt Ihr ja schon allein dafür den größten und weltweiten Respekt verdient, dass Ihr geradezu blitzartig mit dem nächsten "Text und Ton"-Paket am Start seid. Ist ja nicht mal ein Jahr vergangen seit "Zwei"... Wie kommt's?

THOMAS KOWA: Es hat sehr lange gedauert, bis wir für "Zwei" und "Pommes! Porno! Popstar!" einen Verlag und eine Plattenfirma gefunden hatten, die Zeit hatten wir genutzt, schon an "Drei" und an "Vegas! Vidi! Non vici!" zu arbeiten. Daher ging das jetzt ziemlich schnell, obwohl wir im Grunde faule Säcke sind.
CHRISTIAN PURWIEN: Genaugenommen bist nur du ein fauler Sack, ich hab parallel vier Minijobs am Laufen, damit ich hier über die Runden komme.
THOMAS: Also diese Frauen, die für dich arbeiten, Minijobs zu nennen, ist in Zeiten von #MeNot schon eine ziemliche Unverfrorenheit.

BODYSTYLER: And One haben 2014 auf einen Schlag eine Album-Trilogie veröffentlicht, dafür ist seitdem aber auch ganz schön Ruhe im Karton. Wolltet Ihr Euch mit der kleiner gehaltenen EP-Trilogie manövrierfähig halten, um danach schneller wieder mit der nächsten VÖ am Start zu sein? Diese müsste ja dann nach Euren Maßstäben schon in diesem Jahr kommen...

THOMAS: Wie schon gesagt, sind wir eigentlich faule Säcke. Daher können wir auch mit And One nicht mithalten. Der Steve schüttelt anscheinend Songs aus dem Ärmel wie andere weißes Zeugs aus ihrem Kleinlöschgerät.
CHRISTIAN: Irgendwie nimmt das Interview schon bei der zweiten Frage eine ziemlich jugendfreie Wendung.
THOMAS: Klar, es ist ja auch für den BODYSTYLER und nicht für das Jahrgangsbuch der katholischen Frauenunion.
CHRISTIAN: Machen wir da auch ein Interview?
THOMAS: Ich schon, du nicht.
CHRISTIAN: Aber um auf die Frage zurückzukommen. Wir haben zwar schon Pläne für "Vier" und das nächste Buch, aber wahrscheinlich wird es dieses Mal nicht ganz so schnell gehen.

BODYSTYLER: Wird es die EPs auch noch in physischer Form zu erwerben geben?

CHRISTIAN: Ja und zwar nicht als CD, nicht als DVD, nicht als Bluray und auch nicht als Laserdisc, sondern als Ferrochrom-Kassette. Alle EPs plus ein total unnötiger Bonustrack auf einem Tape. Den Download bekommt man natürlich dazu, wenn man das Tape kauft. Wer es möchte, einfach eine Mail an christian@purwienundkowa.com senden und ich mache euch glücklich.
THOMAS: Da fällt mir jetzt glatt kein dummer Spruch zu ein. Außer, dass das Ding auf 333 Stück limitiert ist.

BODYSTYLER: Warum erscheint das Buch nicht auch im EP-Format?

THOMAS: Da nur noch Leute, die in den 80ern sozialisiert wurden, überhaupt wissen, was eine EP ist, war es dem Verlag nicht beizubringen, wie man das macht. Aber wir arbeiten daran.

BODYSTYLER: Warum hat auf der "80s"-EP kein einziger Song (zumindest bei Amazon) einen "Explicit"-Zusatz bekommen? Habt ihr da kurzzeitig das Ziel aus den Augen verloren? Da schwindet doch bei manchen Hörern unfreiwillig das Interesse...

CHRISTIAN: Verdammt. Da ist uns glatt ein Fehler unterlaufen. Ich glaube, wir müssen die Veröffentlichung sofort stoppen und einstampfen lassen!

"Die Musik wird einfach besser, wenn ich mich da nicht versuche, künstlerisch einzubringen."

BODYSTYLER: Warum seid ihr bei "Vegas" beide auf dem Cover, Thomas allein bei "Disko" und Christian allein bei "80s"? Sind es eigentlich doch zwei Solo-Werke und eins, auf das ihr Euch beide einigen konntet oder wart ihr in der Disko und in den 80ern immer allein und nur in Las Vegas zusammen?

CHRISTIAN: Es gibt nur das eine Foto von uns beiden zusammen, weil wir uns ja im Grunde überhaupt nicht leiden können. Wir sind so wie die Gallagher Brüder, die der Erfolg zu völlig verbiesterten Feinden gemacht hat.
THOMAS: Nur, dass wir nicht mal erfolgreich sind. Das ist auch irgendwie eine Leistung. Uns zahlt ja niemand was dafür, dass wir es dann doch wieder miteinander aushalten.
CHRISTIAN: Wenigstens sind wir nicht wie Guns ‘n Roses, die es nur noch wegen dem Geld machen.
THOMAS: Was mich irgendwie wieder an deine vier Minijobs erinnert.
CHRISTIAN: Tatsächlich hat aber keiner von uns eine EP, die er lieber mag. Wir finden alle drei gleich Scheiße.
THOMAS: Aus Marketingsicht war das jetzt eher kontraproduktiv. Wo das doch die persönlichsten EPs sind, die wir je aufgenommen haben…blablabla.

BODYSTYLER: Warum hat sich Christian geweigert auf "seiner" EP ebenfalls ein Profilbild zur Verfügung zu stellen? Oder war es Thomas, der sich geweigert hat noch eine Frontalaufnahme machen zu lassen?

THOMAS: Ich hab mich geweigert, weil meine Frisur sieht frontal immer so doof aus.
CHRISTIAN: Leider hatte uns Cindy Crawford für die Coveraufnahmen kurzfristig abgesagt, daher mussten wir einspringen.
THOMAS: War das eigentlich, weil du sie nur in Naturalien bezahlen wolltest?
CHRISTIAN: Nein, sie hatte deine Frontalaufnahme gesehen.

BODYSTYLER: Warum hat das Buch den Untertitel "Das Leben ist kein Triathlon"? Nach dem Klappentext hätte doch "Triathlon ist nicht gleich Triathlon" besser gepasst, oder?

THOMAS: Das war mal der Arbeitstitel und der Verlag meinte, der müsste beibehalten werden, damit ein paar sportbegeisterte Honks das Buch aus Versehen kaufen.
CHRISTIAN: Klingt jetzt abtörnend, aber das Buch ist echt nicht schlecht. Also dafür, dass wir es geschrieben haben. Geht zufällig um zwei erfolglose Musiker, die nach Las Vegas fliegen, um dort ein Millionenerbe anzutreten. Blöd nur, dass Thomas spielsüchtig ist.
THOMAS: Du hast vergessen zu erwähnen, dass du dich für den Zwillingsbruder von Elvis Presley gehalten hast!
CHRISTIAN: Auf alle Fälle müssen wir, um das Erbe anzutreten, den Las Vegas Triathlon absolvieren und der hat natürlich nichts mit Sport zu tun.

BODYSTYLER: Ist denn das Leben nun leichter oder schwerer als ein Triathlon oder einfach nur anders?

THOMAS: Das Leben ist definitiv schwerer als ein Triathlon, denn es dauert länger und hat einige Hindernisse parat. So wie ein Triathlon im Haifischbecken, mit plattem Fahrrad und einem Fußball, der mit Rasierklingen bezogen ist.
CHRISTIAN: Was hat denn jetzt Fußball damit zu tun?
THOMAS: Du weißt doch, während der Fußball-WM bin ich nicht zurechnungsfähig.
CHRISTIAN: Nur während der WM?

BODYSTYLER: Wir sprachen beim letzten Mal über die Kunst des Schöntrinkens. Inwiefern hat sie Euch dieses Mal geholfen oder einfach nur begleitet?

CHRISTIAN: Da wir in Las Vegas waren und es dort nur amerikanisches Bier gab, mussten wir uns erst mal das schöntrinken. Das war schon dermaßen aufwendig, dass wir gar nicht dazu gekommen sind, uns auch noch die Songs schönzutrinken.
THOMAS: Ich hab das hinterher dann nachgeholt. Hat super geklappt. Sind echt drei ganz tolle EPs geworden und falls ich es noch nicht erwähnt habe, auch unsere persönlichsten.

"Der Steve schüttelt anscheinend Songs aus dem Ärmel wie andere weißes Zeugs aus ihrem Kleinlöschgerät."

BODYSTYLER: Christian, wann wurde Dir das erste Mal Deine Verbundenheit mit der österreichischen Hauptstadt bewusst?

CHRISTIAN: Von Verbundenheit würde ich hier eher nicht sprechen, es ist eher so eine Art Hassliebe. Und als ich letztens in Wien war, ist das einfach in mir ausgebrochen und ich musste diesen Song machen.
THOMAS: Das hat mich auch überrascht. Sonst lässt sich Christian die Texte ja immer von einem Zufallsgenerator schreiben, aber hier hat er sich echt mal angestrengt.
CHRISTIAN: Ich nehme meine Texte immer total ernst. Du hingegen schreibst die Songs nur, indem du irgendwelche Blöcke hin und her schiebst. Der Mann hat schon Jahre nicht mehr vor einem Synthesizer gesessen!
THOMAS: Warum sollte ich auch? Die Musik wird einfach besser, wenn ich mich da nicht versuche, künstlerisch einzubringen.

BODYSTYLER: Warum wären die jungen Wiener gern Berliner?

CHRISTIAN: Ich bin ja bekannt für meine Abneigung gegen Berlin, die ich mehrfach in Textform gegossen habe. Insofern ist das ein selbstreferentielles Statement, welches sowohl die historische Implikation der "Heim ins Reich"-Bewegung der Dreißiger Jahre abbildet, als auch die gegenwärtige Ausrichtung der österreichischen Politik. Ich sage nur "Kurz zum Zentralfriedhof".
THOMAS: Man, was für ein Geschwalle! Das könnte glatt von mir sein.
CHRISTIAN: Gib es doch zu, du bist nur neidisch!

BODYSTYLER: Wird es denn wieder punktuell Live-Aktivitäten oder dieses Mal sogar eine Tour geben? Was haltet Ihr von der Idee einer Lesung anstelle der üblichen Vorband?

CHRISTIAN: Ja, gibt Konzerte. Wir haben schon in Hannover gespielt, am Wochenende kommt Erfurt hinzu. Wir hoffen aber auf mehr.
THOMAS: Tatsächlich wollten wir Konzert und Lesung kombinieren, aber in dieser Welt gibt es einfach keine mutigen Veranstalter mehr, die einen Konkurs dankend in Kauf nehmen, um uns eine solche doppelte Auftrittsmöglichkeit zu verschaffen.
Dankeschön und Prost!