Engelsstaub

Gruselgeschichten

17.10.2019 - Mit "Mater Mortis" bringen die beiden Jungs von Engelsstaub in den dunkler werdenden Tagen diesen Jahres ein Album heraus, welches sich mit diversen paranormalen Phänomenen beschäftigt. Schnell wird dabei klar, dass neben all den Gothic-Atmosphären auch eine ordentliche Portion Schabernack mit an Bord ist. So lernen wir u.a. im Gespräch, dass Salz gegen das "verfluchte" Essen hilft. Von: Torsten Pape

Image Mark und Janusz bringen ein wenig Licht ins Dunkel... (Foto: Dennis Blechner)

BODYSTYLER: Nach dem eher schweren, kantigen und düsteren Vorgänger "The 4 horsemen.." bringt Ihr nun ein Album heraus, das auf akustischer Ebene leichter zugänglich ist und streckenweise sogar humorvoll oder gar ein wenig verschmitzt daherkommt. Was hat diese doch recht unterschiedlichen Etappenziele bzw. den Weg von einem zum anderen beeinflusst?

MARK: „The 4 Horsemen“ entstand in einer Zeit, in der wir den Verlust eines engen Freundes und Wegbegleiters betrauert haben. Was man da so alles durcharbeitet…Und Musik ist nun mal unser Ventil. Natürlich ist das in die EP mit eingeflossen. Was „Mater Mortis“betrifft, ja, Humor, Verschmitztheit und ein wenig Schabernack waren durchaus beabsichtigt. Als wir uns für das Thema "Horror" entschieden haben, wollten wir uns auch ein wenig abgrenzen. Noch eine Prise "Halloween Trick-Or-Treat" dazu und es passte. Der Anstoß in die Richtung kam durch „What They Do In The Shadows“.

BODYSTYLER: Engelsstaub war schon immer eine Band, die musikalisch recht breit aufgestellt war. Auf diesem Album fahrt ihr nun gebündelt die fast komplette Palette auf und fügt sogar noch einige neue Facetten hinzu. Was hat zu dieser düsteren Vielfalt geführt?

MARK: Wir wollten 30 Jahre Musikhistorie in die Stücke mit einfließen lassen, genauso variationsreich, wie die Erscheinungen selbst. Ich war zwar hier und da auch etwas uneins mit mir, aber Janusz meinte immer: „Wenn die Tonträgerverkäufe eh so rückläufig sind, musst Du nicht darauf achten, was die Nicht-Käufer von einem erwarten.“ Also haben wir uns auch von den Erscheinungen leiten lassen. Während sich "Knock Knock" mit einer "alt hergebrachten" Akustik-Gitarre zufriedengab, verlangte "La Llorona" nach mehr, um ihre innere Zerrissenheit deutlich zu machen. Gesagt, getan. Als nächstes kamen die "Wesen" auf uns zu. Sie meinten, sie wären mit von der Partie, aber nur, wenn wir ihnen keinen "Schalala"-Song schreiben. "Blocksberg" ist auf Anfrage des Harzer Tourismusbüros für Hexen und Unholde entstanden, weil denen eine Art Image-Song vorschwebte usw. usw....

BODYSTYLER: Ich vermute mal, dass Ihr Euch nicht erst im Zuge der Vorbereitungen auf das neue Album mit paranormalen Phänomenen und Geistergeschichten beschäftigt habt. Woher kommt dieses Interesse und was waren zum Beispiel prägende Erlebnisse in Eurer Kindheit und Jugend?

MARK: Da vermutest Du richtig! Das Übersinnliche und das Horror-Genre begleiten uns (oder muss man eher „verfolgen uns“ sagen?) weit über 30 Jahre. Also haben wir, analog zur Musikhistorie, diese Zeit mit einfließen lassen. Ich habe in der Kindheit gern Geistergeschichten erfunden und meinen Spielkameraden erzählt. Dies führte manchmal zu hysterischen Ergebnissen bei den weiblichen Zuhörern. Besonders als ich erzählte, es kämen nachts Totenköpfe auf kleinen Beinen unter dem Bett hervor…

JANUSZ: Nicht wirklich. Nur die üblichen Hirngespinste in der Dunkelheit nach dem Konsum von unheimlichen Filmen. Danzig, wo ich aufgewachsen bin, war zu arm, um sich Geister leisten zu können (zwinkert)

"Die Vocal-Samples habe ich, ganz "Sigue Sigue Sputnik-like", durch eine Emulation des Roland Space Echoe gejagt und mit einem Controller wild an den Parametern gedreht."

BODYSTYLER: Ihr empfehlt im Vorwort zum Album den Gebrauch von Salz zum Fernhalten der bösen Geister. Habt Ihr bereits in Selbstversuchen den Erfolg dieser Methode nachweisen können?

MARK: Ja, durchaus! Ich habe neulich einen Salzbraten gemacht, zusätzlich noch in einer Eisenpfanne. Eisen mögen die Geister ja auch nicht. So konnte ich sicherstellen, dass der Braten nicht "haunted" ist und sich das Essen noch in der Pfanne oder gar auf dem Teller bewegt. (zwinkert)

BODYSTYLER: Sind es eher die Horror-Kultfilme älteren Datums, die Euch begeistern oder gibt es auch jüngere Werke, die Euer Gefallen finden? Ein Titel wie "Paranormal activity" lässt ja an die neueren Filme gleichen Namens denken und auch zu "La Llorona" oder "The crooked man" gibt es gerade brandneue Umsetzungen?

MARK: Unser „La Llorona“entstand vor dem Film. Wir mussten so schmunzeln, als der Film angekündigt wurde. Unsere Faves aus dem Genre erstrecken sich über Jahrzehnte. Wir sind nicht auf eine Epoche festgelegt, auch wenn die Tendenz dahin geht, Remakes oder Reboots zu machen, die meist nicht an das Original heranreichen. Früher war man weitaus einfallsreicher.
Faves: "Hellraiser", "Braindead", "Re-Animator", "The Fog" von den Klassikern oder "Insidous", "Sinister" und "The Conjuring 1/2", wenn’s neuerlich spooky werden soll.

BODYSTYLER: Im Song "Midnight" geht es um die Geisterstunde und ein geradezu vergnügliches Aufeinandertreffen verschiedener Kreaturen zu einer Partie Schädel-Bowling. Was könnt Ihr zur Entstehung dieses amüsanten und treibenden Goth-Tracks erzählen? Besonders interessiert mich ja auch, wie es zur Verwendung der ersten Textzeile ("Hello darkness, my old friend...") kam...

MARK: Haha, ich weiß, Dank der Rezi, worauf Du anspielst. Dem ist nicht so und wenn, nur sehr un(ter)bewusst. Ich versuche ja, mich während der Arbeit an einem Album, möglichst einflussfrei zu halten. Ich höre kein Radio, der SAT-Receiver ist schon lange vom Netz, nur Streaming gönne ich mir ab und an. „Midnight“ war eigentlich als Epilog angelegt, seeeehr düster und kurz. Ich hatte ein Gedicht vertont, welches in einer Phase entstand, wo dunkelste Wolken über mir schwebten. Deswegen kann ich mich auch nur schwer erinnern, was jetzt der Auslöser für das Umarbeiten war. Ich vermute mal, ich habe an dem Track gearbeitet und mir ist dann ein Loop oder eine Sequenz dazwischengekommen… Und Janusz wollte mich eh zu noch einem Gitarrentrack verleiten.

BODYSTYLER: Beim Instrumental "About ghouls" spielt Ihr mit verschiedenen Sounds und Klischees. Einige Melodien könnten sogar von Abba oder Boney M sein oder scheinen zumindest der Pop-Kultur der vergangenen Jahrzehnte zu entspringen. Ein paar der Rhythmen kann man hingegen eindeutig der EBM-Kultur zuordnen. Was ging Euch beim Komponieren und Umsetzen dieses Tracks durch den Kopf?

MARK: Einigen wir uns darauf, dass die Elemente der Popkultur der 80er entspringen (zwinkert).
Es war der erste Track, in dem die 80er ihre Huldigung erfuhren. Fast alle Sounds haben ihren Ursprung in den 80ern und sind mit digitalen Emulationen von diversen Kult-Synthies gemacht. Die Vocal-Samples habe ich, ganz "Sigue Sigue Sputnik-like", durch eine Emulation des Roland Space Echoe gejagt und mit einem Controller wild an den Parametern gedreht. Ja, es sollten die 80er durchklingen.

""Blocksberg" ist auf Anfrage des Harzer Tourismusbüros für Hexen und Unholde entstanden..."

BODYSTYLER: Das Plakat zur "Blocksberg"-Party im Booklet ist ja der Hammer. Von "Wo bist Du am 30.4.?" über "Anrufungen", "Tanz und Gesang" oder "18+" bis hin zur Old School-Schriftart - hier ist anscheinend ein humorvoller Werbe-bzw. Layout-Profi am Werk gewesen. Wie ist denn dieses Paradebeispiel für die Bewerbung einer Veranstaltung entstanden?

MARK: Danke sehr! Aber ein „Werbe-bzw. Layout-Profi“ bin ich nicht. Bei mir braucht es immer ein paar Anläufe, bis das Artwork steht und ich so einigermaßen zufrieden bin. Wenn Du nur meine ganzen Entwürfe sehen würdest… Hm, wie fing alles an?! Irgendwo fand ich das gekrakelte Bild mit den Hexen und dachte, dass dies ein guter Ausgangspunkt wäre. Das Datum wurde mir vorgegeben, denn am 30.04. ist Walpurgisnacht und die Hexen (und Unholde) treffen sich schon seit Generationen auf dem Brocken aka Blocksberg. Dort wird dem Meister gehuldigt, der mit von der Partie ist. Und dass das nicht immer ganz jugendfrei verläuft, wissen wir, deshalb "18+". Auf nähere, unanständige Details gehe ich hier aber nicht ein, besteht doch die Gefahr, dass das Interview auf dem Index landet! Da haben wir alle nichts von (zwinkert) Die anderen recherchierten Aktivitäten besingen wir im Text. Eine historische Postkarte dazu, ein fordernder Meister, der möglichst viele Fans um sich scharen möchte… Et voila! Die Schriften habe ich nach gusto ausgewählt.

BODYSTYLER: Wenn ich es recht verstehe, habt Ihr einige Textpassagen in Polnisch vorgetragen, jedoch in Englisch im Booklet abgedruckt. Warum gibt es nicht auch die gedruckte Original-Version?

MARK: Ja, das ist richtig. Warum kein Original? Tja, weil ich es erst verschlampt hatte und als es mir dann aufging („Oh, du hast das Original vergessen.“), hatte ich den gesamten Text schon gesetzt und wäre mit dem Platz nicht mehr hingekommen. Böser Mark!

BODYSTYLER: "Child's play" erscheint teilweise wie ein Negativ-Entwurf zu The Cures "Friday I'm in love". Woher kommt denn diese makabere Geschichte?

MARK: Es sind zwei Geschichten bzw. zwei Kinderreime. Während der Suche nach dem vollständigen Text von „The Crooked Man“ stießen wir auf eine Sammlung von unzensierten, viktorianischen Kinderreimen. Zwei davon passten auf Anhieb…

BODYSTYLER: Wird es in naher oder ferner Zukunft Möglichkeiten geben, Euch live zu erleben?

MARK: Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht. In die Umsetzung müssten wir uns erstmal einarbeiten. Noch gibt es zwei Vorhaben mit höherer Priorität: Video und neuer Tonträger (zwinkert)

BODYSTYLER: Dankeschön und viel Erfolg mit "Mater mortis" sowie auf Eurem weiteren Weg!

MARK: Wir danken DIR – für das Interview und die schöne Rezension. Nur das Beste für Dich! Immer schön zu sehen, dass noch "bekannte Gesichter" aktiv sind. Voll Retro. Viele Grüße aus Kassel!