Alex Christensen

Möge Dance mit Euch sein!

12.07.2020 - Mit U96 startete Produzent, Remixer und DJ Alex Christensen aus Hamburg im Jahr 1991 mit dem Technohit "Das Boot" eine große Karriere im Musikbusiness und heute gehört er zweifelsohne mit zu den erfolgreichsten Produzenten in diesem Lande. Alex hat nicht nur zwei Mal den Echo "Pop", den deutschen Musikautorenpreis und eine goldene Schallplatte gewonnen, sondern auch viele Künstler produziert. Von: Sven Hauke Erichsen

Image DJ-Posing mal anders... (Foto: Marcel Brell)

So gab es Kooperationen mit. z.B. Prince Ital Joe/Marky Mark, Verona Feldbusch, Marianne Rosenberg, Bro`Sis, Right Said Fred, Tom Jones, NSYNC, Oli P., Paul Anka, Michael Bolton, ATC, Sarah Brighmann, Oskar Loya, Helene Fischer und vielen anderen Stars, die hier den Rahmen sprengen würden. Außerdem hat er noch unzählige Musik Projekte umgesetzt.
Die Einstellung von Alex zum Thema Musikbusiness hat mich übrigens neben seinen Erfolgen auch sehr beeindruckt : "Habe ein gutes Karma und erfreue Dich am Erfolg anderer, nur so kannst Du positiv Musik machen und Dich inspirieren. Neid ist der größte Feind von Kreativität". Ich glaube, schöner und offenherziger kann man das nicht formulieren.
Im Übrigen hat Alex früher sogar oft klassische Musik, Reggae, The Police oder Frank Sinatra gehört, um auch deren Musikrichtungen einfach zu verstehen und es war sicherlich nicht zum Nachteil für seine weltoffene, musikalische Ausrichtung. Sein neuestes, musikalisches Baby ist nun die "Classical Dance Serie". Hier werden Dance Popsongs / Techno Songs aus den 90ern, die für Alex eine hohe emotionale Bedeutung haben, im Klassikgewand neu produziert und sogar in 2020/2021 live mit dem Berlin Orchestra an auserwählten Orten präsentiert,
Die Dance Hits, die Alex klassisch mit Streichern neu vertont hat, sind u.a. von Robert Miles, der dereinst zur Technohochzeit mit seinen Soft Trance-Stücken die ganze Welt begeistert hat. Songs von 2Unlimited, klingen nun fast wagnerisch und die von Mark Oh (mit wesentlich reduzierten Beats) oder Gigi D Agostino (sogar ohne Beats), haben mit dem Original teilweise fast nichts mehr zu tun. Durch das klassische Musikgewand wird den Tracks eine ganze besondere Note verliehen, also die Evolution von Dancetracks zu Songs, deren emotionaler Gehalt den Hörer unbedingt berühren sollte. Zu dem Projekt und einigen anderen Themen hat uns Alexander bereitwillig geantwortet.


BODYSTYLER: Hallo Alex, Dich hier vorzustellen wäre wohl vergebene Lesezeit. Aber Du als Hamburger, sowie Ex-Mitglied / Mitbegründer vom schon legendären Projekt U 96, Multitalent / Multitasker, Produzent, Komponist, Remixer, DJ, Euro Dance-Legende usw. hast in Deiner musikalischen Laufbahn schon so einiges erreicht und erlebt. Wie kam es überhaupt zu Deiner großartigen - elektronischen - Musikkarriere? Wo und wie begann alles und hast Du dereinst Instrumente erlernt?

ALEX: Angefangen hat es in den 80ern mit meiner großen Wissbegierde und Leidenschaft, Vinyl zu sammeln und Tapes zusammen zustellen. Zudem hat mich ein Nachbarsjunge, der DJ und Schallplattensamler war, durch seine laute Dauerbeschallung zur Dance Musik gebracht. Als 15jähriger hatte ich dann die Chance, als mobiler DJ aufzulegen. Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich nun getrieben war von meiner Leidenschaft als DJ unterwegs zu sein. Mein Vater hatte früh versucht, mir Gitarre beizubringen, aber ich hab mich doch relativ früh fürs DJing begeistert und ein bisschen Keyboard gelernt. Mein größter Vorteil ist, dass ich Musik relativ gut beurteilen kann und weiß, wie ich mich ausdrucken muss, um von Musikern und Künstlern verstanden zu werden.

"Wenn die Streaming-Anbieter es schaffen, alle Musikrichtungen gleichwertig abzubilden, wird die Akzeptanz auch bei den über 20jährigen explodieren."

BODYSTYLER: Kurz zu Deinen ersten Erfolgen wie "Ritmo de la Noche" mit dem Projekt Chocolate und dem Gesang von Verena Feldbusch und der ersten, kommerziell, megaerfolgreichen Technosingle "Das Boot", wie kamst Du damals auf die Idee, die Titelmelodie vom Film mit Technosounds zu mixen?

ALEX: "Das Boot" spielte ich oft im Original zu einer Lasershow. Irgendwann war mir das zu langweilig und ich habe eine Dance Techno-Version produziert und diese etwa sechs Monate jedes Wochenende gespielt. Irgendwann war die Nachfrage so groß und ich beschloss, den Song einer Plattenfirma vorzuspielen.

BODYSTYLER: Welche Kooperationen mit den vielen Superstars waren für Dich am erfolgreichsten und haben Dir am meisten Spaß gemacht, welche Leute haben Dich zudem musikalisch inspiriert?

ALEX: Jede neue Koop ist eine große Herausforderung. Jeder Künstler hat seine eigene Vorstellung wie er klingen, dargestellt oder fotografiert werden möchte. Außerdem muss der Song passen. Am liebsten arbeite ich aber mit Newcomern, die haben noch große Träume und sind durch ihre naivere Art sehr inspirierend. Mein Verlag hatte mir am Anfang der Karriere ein Treffen mit Tim Bergling (Avicci) vorgeschlagen, das ich jedoch zeitlich nicht geschafft hatte, was im Nachhinein sehr schade war.

BODYSTYLER: Welche Keyboards / Synthesizer hattest Du generell über die Jahre verwendet und welche Techniken prägen Dein aktuelles Soundgebilde, z.B. bei Deinen letzten Platten "Classical 90s Dance"? Wie sieht Deine Produktionsumgebung und Dein Equipment (Studio-Hard- und Software) gerade aus? Was sind Deine favorisierten Klangerzeuger im Studioalltag?

ALEX: Ich habe vor zwei Jahren alles Analoge verkauft, inkl 909, 808, Juno’s usw., denn ich möchte nach vorne schauen und nicht nostalgisch alten Analog-Synths hinterherlaufen. Ich liebe total recall und die digitalen Soundmöglichkeiten, diese zusammen in einer Mischung mit echten Instrumenten und Musikern sind für mich ideal.

BODYSTYLER: Setzt Du gerne Samples und Effekte ein? Ich denke, dass auch Plugins eine wichtige Komponente in Deinem Soundkosmos für Dich sind. Benutzt Du Apple oder Windows?

ALEX: Generell bevorzuge ich Apple, aber ich würde mich da nicht festlegen. In meinem Soundkosmos schwöre ich auf meine beiden Engineers Peter Könemann und Florian Arndt. Die kennen meinen Geschmack und sind viel fitter als ich bei Samples.

BODYSTYLER: Ist Dein technisches Arsenal bei DJ-/Live-Auftritten grundsätzlich anders als im Studio? Wo trittst Du am liebsten auf, bei großen Festivals oder in kleineren Clubs?

ALEX: Das ist ganz anders und viel komplexer. Da ich nun meistens mit Orchester auftrete, ist mein Arsenal und Set-up sehr flexibel, vom Yamaha Genos bis hin zum Traktor s8. Spannend wäre es, die Songs aus der "Classical 90es Dance"-Serie mit Orchester live aufzuführen, was aber auch eine Budget Frage ist. Denn ich würde die Songs nur komplett aufführen und keinen aus der Konserve, das ist eben mein Anspruch.

BODYSTYLER: Bist Du zudem ein Sammler von elektronischen, antiquarischen Synthesizern / Keyboards, eventuell noch von Geräten aus Deinen Anfangszeiten?

ALEX: Früher ja, heute nicht mehr. Ich versuche, minimalistischer zu produzieren und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

BODYSTYLER: Welche technische Entwicklung würdest Du Dir für den Elektro-Musikbereich noch wünschen und sind z.B. Preview Samples eigentlich überhaupt sinnvoll?

ALEX: KI wird das große Thema werden und da heißt es dann, bei algorithmischen Kompositionen das KI-Werk zu verbessern. Das wird die zukünftige Arbeit eines Produzenten sein.

BODYSTYLER: Wie stehst Du zu Videos, die viele Künstler für Facebook und YouTube erstellen? Ein Freund lobte Dich übrigens noch für Deine Performance im "Fraktus"-Film...

ALEX: Bewegtbild ist ein großer Bestandteil meines „Classical 90s Dance“-Projektes. Schon in der Konzeption zum ersten Album war mir klar, dass ich zu jedem der 14 Songs ein Video haben wollte, um die Reichweiten im Social Media ausschöpfen zu können. Die Originalsongs haben bei Youtube über eine Milliarde Views! Da wäre es sträflich gewesen, da nicht anzusetzen. Der Plan ist aufgegangen und so habe ich es beim zweiten Album genau so gemacht. 28 Songs, 28 Videos und jetzt rate mal, wie ich es bei Vol.3 machen werde? Zu meiner Nebenrolle im "Fraktus" Film: Dankeschön! "Fraktus" ist Kult und ich bin sehr froh, dass ich dabei sein durfte.

""Das Boot" spielte ich oft im Original zu einer Lasershow. Irgendwann war mir das zu langweilig..."

BODYSTYLER: Was hältst Du von Streaming-Diensten und sind CD / Vinyl aktuell noch zeitgemäß bzw. haben sie eine Zukunft?
 
ALEX: Die CD wird sich, wie Vinyl in der Nische weiterhin behaupten. Streaming ist das nächste große Ding und beherrscht ja schon diverse Genres. Wenn die Streaming-Anbieter es schaffen, alle Musikrichtungen gleichwertig abzubilden, wird die Akzeptanz auch bei den über 20jährigen explodieren.

BODYSTYLER: Auch DJs haben aktuell die eigene Kreativität entdeckt. Was hältst Du von den vielen Live-Remixen bekannter Chart Hits oder kreativen Eigensongs von Leuten wie David Guetta, Calvin Harris, Robin Schulz, Felix Jaehn, Paul van Dyk, Schiller (Christopher von Deylen ist aber wohl mehr ein Sounddesigner...)?Beobachtest Du die Szene und was hörst Du selbst an Musik?
 
ALEX: Ich höre wenig Musik, aber ich analysiere sehr viel. Leider werde ich seltener überrascht, da der Algorithmus eher immer ähnliche Sachen vorschlägt und meinen breiten Musikgeschmack nicht abbildet. Die DJ-Szene finde ich heute ein wenig zu stereotyp. DJ-Posen, Privatflieger und Festivalbilder sind auf Dauer langweilig, leider!
 
BODYSTYLER: Zum Schluss ein kleiner Ausblick: Was möchtest Du musikalisch noch umsetzen? Gibt es da überhaupt noch etwas, was Dich reizen könnte ?
 
ALEX: Soweit plane ich heute nicht mehr im Voraus. Ich freue mich, dass ich es geschafft habe, mit „Classical 90s Dance“ eine Triologie zu produzieren. Das fühlt sich ein wenig nach Filmfortsetzungen an. "Classical 90s Dance 1-3" - möge "Dance" mit Euch sein!