Placebo Effect

Comeback dank hartnäckiger Fans

06.03.2021 - Die von Placebo Effect-Fans lang ersehnte Platte "Shattered Souls" hat nach 25 Jahren das Licht der Electro-Welt erblickt. Wer hatte damals nicht die "Galleries of Pain" (1992) im Regal stehen, heute noch ein zeitloses Dokument hoher Dark Electro-Kunst. Das neue Album kommt gerade in diesen Zeiten genau richtig und die Schnittmenge zwischen Dark Electro und tanzbaren Strukturen überzeugt erneut. Von: Sven Hauke Erichsen

Image Der Korblampen-Effekt... (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Ihr habt Euch im Wendejahr 1989 in Duderstadt gegründet und wurdet von vielen Kritikern gleich mit Skinny Puppy verglichen. Schön, dass es nun etwas Neues von Euch gibt und es ist, als wärt ihr nie weg gewesen. Aber dazu könnt Ihr uns sicher mehr erzählen... Mögt Ihr den Lesern zum Einstieg einmal die aktuelle Band vorstellen und wie es zum Glück dazu kam, dass Ihr wieder aktiv seid?

AXEL MACHENS: Placebo Effect sind Christoph Kunze und ich. Eine neues Album zu machen, hatten wir uns nach dem letzten gemeinsamen Auftritt noch mit Achim Windel beim WGT 2014 vorgenommen. Doch der viel zu frühe Tod von Achim ließ uns den Gedanken vorerst verwerfen. Trotzdem blieben unsere treuen Fans dabei und haben einfach nicht locker gelassen, um uns immer wieder daran zu erinnern, dass wir ihnen das Album, was wir 1994 versprochen hatten, noch schuldig sind. Ich kann es gar nicht oft genug erwähnen, dass es nur zu diesem neuen Album „Shattered Souls“ kam, weil genau diese treuen Fans und Freunde mit ihrer hartnäckigen, liebenswerten Art uns letztlich einen produktiven Schub gegeben haben. Es ist sehr schön, solche Fans und Freunde zu haben.

BODYSTYLER: Bitte erklärt den Lesern einmal das Konzept Eures neuen Albums "Shattered Souls". Was steckt hinter den Texten und wieviel Arbeitszeit habt Ihr in die Produktion investiert und wie lief der Arbeitsprozess ab?

AXEL MACHENS: Es gab noch nie ein Thema, wie "Hey...darüber müssen wir jetzt aber etwas sagen“ oder „Eine grundlegende Stimmung und Atmosphäre muss erfüllt werden.“ Wir lassen uns eher von unseren Emotionen leiten, also die Klangfarben sind zu den jeweiligen Zeiten über die Jahre entstanden, die nun das Album prägen. Uns war es nur wichtig, ein Album zu schreiben, das in sich geschlossen ist, mit düsteren und ein paar temporeichen Tracks. Was mich persönlich an der Produktion immer noch am meisten freut, wir haben an keiner Stelle darüber gesprochen "lass uns das hier einmal anders machen, dann wird der Track ein Szene-Hit". Wieviel Arbeitszeit genau es gebraucht hat, kann ich gar nicht sagen. Die Tracks sind teilweise schon älter, z.B. „Crystal White Snow“ ist vor Jahren entstanden und daran habe ich zwei Wochen lang ununterbrochen gearbeitet. Der Track „Down on your Knees“ ist erst kurz vor Abschluss entstanden und war wie damals bei „Move“ in ein paar Stunden fertig. Ich denke, es ist einfach nicht messbar. Das Album „Shattered Souls“ ist eigentlich eine "Best Of", was über die Jahre entstanden ist. Als alle Tracks fertig waren, hat sie Arnte (Pyrroline) als Einzelspuren bekommen und die Tracks dann bei sich im Studio gemischt.

BODYSTYLER: Welche Instrumente und welche DAW werden bei Euch auf der neuen Platte verwendet?

AXEL MACHENS: „Shattered Souls“ ist komplett am Rechner entstanden und alles "nur" mit Propellerheads Reason. Ich bin da User, ich glaube seit Version 3.0 vor 'zig Jahren. Dazu noch ein Nektar Panorama P4 Controller, dieser ist für mein Empfinden wirklich gut integriert. Ab und an habe ich den Korg MS20 genommen und etwas eingespielt, z. B. „Hard Work“ ist sehr vom Korg geprägt. „Evil Dead Trap“ ist mit Bitwig und einem Push1 Controller gejammt worden. Das hat echt Spaß gemacht (lacht). Momentan ändert sich mein Setup allerdings grundlegend. Ich möchte wieder mehr Hardwareinstrumente haben, die einen direkten Zugriff erlauben. Den Twisted Electrons MegaFM finde ich aktuell sehr interessant und er ist neben dem Korg MS20 mein absoluter Liebling. Schön "gritty" vom Sound und Zugriffsmöglichkeiten wie analoge Synthesizer. Zum Glück ist es ja auch heute halbwegs finanzierbar geworden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ein gebrauchter Moog Synth einige tausend Euro gekostet hatte. Das wäre für uns undenkbar gewesen, da war eine DAW ein Segen, um diese Sounds emuliert zu bekommen. Nun bekommst du Clone für unter 300 Euro, was einen direkten Zugriff auf alle Parameter erlaubt. Es ist inzwischen ja fast günstiger geworden, einen echten Synth zu kaufen als ein Plugin (lacht).

BODYSTYLER: Was sind Eure Fulltime Favoriten im Plattenregal und gibt es Covertracks, die Euch reizen würden - die Ihr in Eurer Ausrichtung darstellen möchtet?

AXEL MACHENS: Ich persönlich habe keine Ambitionen, Cover Versionen zu spielen. Obwohl das eine gute Übung für‘s Songwriting wäre. Fulltime Favs? Simple Minds („Songs and Fascination“, eigentlich alles bis 1985), Jean Michael Jarre („Oxygen“ & „Equinox“), Cabaret Voltaire („Microphonies“ & „Crackdown“), Nine Inch Nails („The Downward Spiral“), Max Richter („Die 4 Jahreszeiten - Recomposed“), Ennio Morricone (Soundtrack zu „El Selencio“, einiges von Skinny Puppy (eigentlich alles bis 1994) und auch alles von The Klinik. Es gibt soooo viele tolle Bands.

BODYSTYLER: Wie sieht es mit Videos aus? Ist das wichtig, die Clips zu den Tracks für z.B. Youtube, FB und andere Kanäle zu produzieren?

AXEL MACHENS: Visuelles ist eine sehr wichtige Komponente. Wir haben für „Crystal White Snow“ einen richtigen Clip gedreht. Allerdings sind Videoclips nicht zu unterschätzen, da ein guter Clip wirklich sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Ideen sind sehr viele vorhanden, aber durch die momentanen Einschränkungen dank der Pandemie ist an eine Videoproduktion nicht zu denken. Wir machen aktuell das Beste daraus und versuchen, mit wenigen Möglichkeiten trotzdem etwas umzusetzen.

BODYSTYLER: Da ich ein Fan vom guten, alten Vinyl bin: Wie steht Ihr zur Vinylkultur?

AXEL MACHENS: Es ist toll, dass es immer noch Vinyl-Liebhaber gibt und uns dadurch dieses Medium noch eine Weile erhalten bleibt. Ich denke allerdings, dass es Vinyls eben nicht mehr in der Menge wie früher geben wird. Es ist einfach ein zu kleiner Kreis von Leuten, die nach wie vor Platten sammeln und hören, so dass ich mir gut vorstellen kann, in ein paar Jahren keine Vinyls mehr im Laden stehen zu sehen.

BODYSTYLER: Vielen Dank für das Interview, bleibt gesund und ich hoffe auf Konzerte ab Winter!!

AXEL MACHENS: Wegen der Konzerte dieses Jahr, da drücken wir uns alle mal die Daumen und blicken optimistisch in die Zukunft.