Beat Noir Deluxe

Musik als Ausdruck der Lebenseinstellung und Freiheit

08.12.2021 - „Werk Zwei“ ist ein beachtenswertes musikalisches Kunstwerk. Sascha Giacomuzzi von Beat Noir Deluxe hat in einem Interview interessante Aspekte des zweiten Albums „Werk Zwei“ herausgestellt und gab Auskünfte über den Entstehungsprozess der sehr gefühlvollen LP. Von: Roman Golub

Image Sascha mit seiner Gitarre (Foto: Paolo Brillo)

BODYSTYLER: In welchem zeitlichen Rahmen ist „Werk Zwei“ entstanden? Inwieweit spielte die Corona-Pandemie im Entstehungsprozess eine Rolle?

SASCHA GIACOMUZZI: Die „Werk Zwei“-Songs entstanden zwischen Frühling 2020 und Sommer 2021. Die Pandemie begleitet mein Projekt Beat Noir Deluxe fast von Anfang an. Der erste Lockdown kam kurz vor der Veröffentlichung meines ersten Albums. Eine Single „Covid 19“ mit Video hatte ich im ersten Lockdown veröffentlicht. Mehr Zeit hatte ich nicht unbedingt, ich bin ja IT-Unternehmer und wir konnten zum Glück auch während der Lockdowns arbeiten.

BODYSTYLER: Warum hast du das Album „Werk Zwei“ genannt? Hat es etwas damit zu tun, dass es der zweite Beat Noir Deluxe Longplayer ist? Welche Gedanken standen hinter der Zusammenstellung der 17 Songs?

SASCHA GIACOMUZZI: „Werk 80“ von Atrocity ist ein Album, das mich musikalisch sehr geprägt hat, daher habe ich das übernommen mit „zwei“ statt „80“, was natürlich passend für meine zweite LP ist.

"Auf jeden Fall ist Musik für mich der Einstieg in eine eigene Welt, ein guter Song weckt Emotionen und Gefühle."

BODYSTYLER: Warum gibt es auf „Werk Zwei“ Lieder in Deutsch, Englisch und Italienisch?

SASCHA GIACOMUZZI: Ich bin in Südtirol zu Hause, meine Muttersprache ist Deutsch, mein Vater ist italienischer Muttersprache, das wollte ich im Album widerspiegeln. Die Songs sind hauptsächlich in Englisch, da die Welt eben Englisch spricht und es stilistisch gut passt.

BODYSTYLER: Auf „Werk Zwei“ sind einige sehr gefühlsbetonte Songs vertreten, so u.a. „I cannot breathe“, „Sie war nicht bereit“ oder „Es tat so weh“. Welchen Bezug hast du zu diesen Liedern? Wie wichtig sind sie dir? Aus welchen Situationen sind die Lyrics dazu entstanden?

SASCHA GIACOMUZZI: Haha, die Frage wurde mir öfters gestellt. Ich hatte immer schon eine Abneigung zu sogenannten „happy peppy“ Songs. Es ist so ein Reflex, den ich habe, schöne Melodien und langsame Songs, die sich eigentlich für romantische Inhalte anbieten würden, mit melancholischen, teils krassen Texten zu versehen. Natürlich basieren die Songs teilweise auf persönlichen Erlebnissen und entwickeln sich aus Ideen oder Inputs von außen. Auf jeden Fall ist Musik für mich der Einstieg in eine eigene Welt, ein guter Song weckt Emotionen und Gefühle. Da ich von mir glaube, ein recht empathischer Mensch zu sein, möchte ich das auch in meinen Songs wiedergeben.

BODYSTYLER: Im Song „21 Lies“ geht es um Donald Trump. Welche Meinung hast du vom ehemaligen US-Präsidenten in politischer, aber auch in menschlicher Hinsicht? In diesem Lied geht es u.a. um Lügen. Wie wichtig sind dir Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Charakterfestigkeit? Inwieweit spiegeln sich deine Auffassungen davon in „21 Lies“ wider?


SASCHA GIACOMUZZI: Diese Art von Politik ist der Untergang unserer Zivilisation und Errungenschaften. Es hat sich so viel ereignet in letzter Zeit: Der Sturm auf das Capitol, das dauernde Lügen und Tatsachen-Verdrehen von Trump ist da ein Aspekt, aber auch die Wissenschaftsfeindlichkeit, das Ignorieren von Tatsachen wie Klimawandel, der Glaube an Verschwörungstheorien, die Themeninvasion durch Rechtsextreme, die Einflussnahme von Staaten wie Russland und China durch „Fake News“, das ganze Querdenken, Q-Anon…(die Liste könnte ich beliebig verlängern) Das alles sind Themen, die mich in den letzten Jahren, aber speziell in der Pandemie, beschäftigt haben. Immer wieder frage ich mich: Wie kommt es dazu? Alles sehr beängstigende Themen, die aber in einer Wohlfühl-Umgebung transportiert werden, wie eben dieser Song.

BODYSTYLER: Auf „Werk Zwei“ finden sich Coversongs von Duran Duran, Chris Isaak und Iron Maiden. Was verbindet dich persönlich mit diesen Interpreten? Warum hast du mit Beat Noir Deluxe gerade diese Songs gecovert?

SASCHA GIACOMUZZI: Am wenigsten verbindet mich eigentlich mit Duran Duran, den Song habe ich erst kürzlich viel gehört in der 2009 remastered Version. Chris Isaaks „Wicked Game“ hingegen gefiel mir immer schon, vor allem das 1991 herausgekommene Video mit Helena Christensen am Strand. Und im Alter von 14 bis 16 hörte ich vor allem Heavy Metal, da waren Iron Maiden mit dabei, vor allem „Run To The Hills“ gefiel mir gut. Wieso diese Songs? „Fluid Genre“ ist so ein Begriff und eigentlich finde ich es gut, wenn man heute öfters als früher über den Tellerrand schaut. Früher, als ich Heavy Metal oder Alternative Rock hörte, hätte ich nie zugegeben, dass ich Hits von Eiffel65, Ace of Base oder Roxette und anderen gar nicht so schlecht fand. Und bei „Run To The Hills“ fand ich es besonders reizvoll, auch noch auf verzerrte Gitarren zu verzichten.

BODYSTYLER: „Nemesis“ ist der Soundtrack zum Kurzfilm „4 Hunters“ von Thomas Perathoner. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?

SASCHA GIACOMUZZI: Thomas Perathoner kommt aus derselben Stadt wie ich und ist ein begnadeter Filmemacher. Er hat das erste Beat Noir Deluxe Video gemacht, sowie „That Circle“, „Never Do What Cannot be Undone“ und „Allein“. Und das in einer cineastischen Qualität. Thomas erzählte mir von seinem Projekt „4 Hunters“, einem sehr düsteren und stimmungsvollen Kurzfilm und hatte die Idee, dass ich den Soundtrack dazu machen könnte. Den Song „Nemesis“ habe ich für den Film gemacht (der Text ist von Thomas).

BODYSTYLER: Wie gehst du vor, wenn du Gesang und Musik zusammenfügst?

SASCHA GIACOMUZZI: Bei diesem Album habe ich mich stark auf den Gesang konzentriert und versucht, viel Gefühl einzubringen. Fast alle Songs habe ich mit meiner akustischen Gitarre komponiert. Krischan Wesenberg (Rotersand), der den Großteil der Songs für mich abgemischt hat, hat das wunderbar formuliert: Das neue Album zeichnet sich durch geradliniges Songwriting und Sounddesign aus, welches sich wie eine elektronische Spielart des Singer-Songwriter-Konzeptes durch "Werk Zwei" zieht und stützt das uneitle und authentische Gefühl von "Werk Zwei".

BODYSTYLER: Welche Rolle spielt das Cover und die Gestaltung des Paperbacks zum Album? Welche Gedanken standen hinter dieser Aufmachung?

SASCHA GIACOMUZZI: Das Cover und die gesamte Gestaltung habe ich selbst gemacht mit Material von einem sehr coolen Photoshooting in München, sowie Bildern vom Filmset zu „4 Hunters“. Die Fotos sind von Paolo Brillo, einem begnadeten Fotografen aus Bozen, der soeben einen Bildband über Bob Dylan veröffentlicht hat. Ich finde es passend zur Musik, also eine runde Sache.

BODYSTYLER: Was gefällt dir ganz besonders an „Werk Zwei“?

SASCHA GIACOMUZZI: Schwer zu sagen. Jeder Song hat eine eigene Sphäre, in die ich in der Entstehungszeit des Songs tief eintauche und immer wieder daran feile. Besonders mag ich “Compassion”, “What She Could Not Tell” und “I Cannot Breathe”. Und die drei Remixes von Rotersand, Rroyce und Monotronic. Und das Cover von Iron Maiden.

"Musik gibt mir persönlich sehr viel, ein Gefühl des Wohlbefindens, ich kann mich darin komplett verlieren und fallen lassen."


BODYSTYLER: Wie siehst du „Werk Zwei“ im Vergleich zum Debütalbum „Crash“?

SASCHA GIACOMUZZI: Das sind Fragen, die für mich sehr schwierig zu beantworten sind. Bei „Crash“ war mein fast tödlicher Unfall von 2017, der mich ja dazu bewegt hat, es musikalisch nochmals zu versuchen, noch viel präsenter. Das erste Album ist stilistisch vielleicht einheitlicher.

BODYSTYLER: Welche Bedeutung hat der Bandname? Wie ist es zum Namen Beat Noir Deluxe gekommen?

SASCHA GIACOMUZZI: „Beat Noir“ ist ein Album von Spahn Ranch, das mich ebenfalls sehr geprägt hat. Den Zusatz „Deluxe“ fand ich eine passende Ergänzung gemäß meinem Anspruch, gute Musik zu produzieren.

BODYSTYLER: Willst du zum Schluss noch etwas sagen?

SASCHA GIACOMUZZI: Ein kurzer Gedanke: Musik gibt mir persönlich sehr viel, ein Gefühl des Wohlbefindens, ich kann mich darin komplett verlieren und fallen lassen. Eine Blase der Geborgenheit. Ich denke, das geht vielen Leuten so. Eine gewisse Musik kann für eine Lebenseinstellung oder für Freiheit stehen. Um die Welt positiv zu verändern, braucht es natürlich viel mehr. Aber einen Soundtrack dazu zu haben, ist immer gut.