Purwien & Kowa

Algebra und Synth-Pop

07.03.2022 - Die Herren Purwien & Kowa ziehen schon lange ihre Kreise im Synth-Pop-Universum. Da kann man nur hoffen, dass sie ihre Route nicht irgendwann mal berechnen müssen, denn mit ihrem neuen Albumtitel „5=2+3+4x12““ beweisen sie zumindest kein mathematisches Geschick. Erklären können sie die komisch anmutende Gleichung trotzdem gut und beantworten gleich noch charmant ein paar andere Fragen. Von: Torsten Pape

Image Zwei Freunde von Maxi-Platten. (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Trotz der schlüssigen Erklärung über die ursprünglich durchnummerierten Alben sieht Euer neuer Albumtitel natürlich sehr nach einer verspäteten Rache gegen die Mathelehrer-Zunft aus. Begonnen hat das ja im Grunde schon mit der Gleichung 1+1=1… Wie ist Euer Verhältnis zu Algebra, Geometrie & Co. sowie den Vermittlern dieser Künste und wie erklärt ihr die Songs aus Eurer Prä-P&K-Vergangenheit in den Albumtitel hinein?

CHRISTIAN PURWIEN: Wer unseren ersten Roman „Pommes Porno Popstar“ gelesen hat, weiß, dass wir uns dort schon eingehend mit dem Thema Mathematik und anderen Schweinereien beschäftigt haben. Ich persönlich verbringe nun auch sehr viel Zeit mit dem Lösungsversuch der Riemanschen Formel, während andere in ihrer Freizeit vorm Fernseher sitzen und „Bachelor“ schauen.
THOMAS KOWALZIK: Nachdem ich die Mathe-Abi-Klausur mit Hängen und Würgen geschafft hatte, war mir schon früh klar, dass Mathematik meine Welt ist. Eine der Fragen der Abi-Klausur konnte ich damals nicht beantworten und sie hat mich nie losgelassen: Wenn eine mittelmäßig erfolgreiche Band die Alben „2“, „3“ und „4“ veröffentlicht hat und nun ein Album voller 12" Versionen veröffentlicht mit Songs aus diesen Alben, wie heisst das dann?
Und weil die daraus entstehende Formel schon so kompliziert ist, kann ich beim besten Willen nicht erklären, wie man da auch noch Songs mathematisch darstellen soll, die nicht auf den besagten Alben erschienen sind. Ich wollte Stephen Hawking dazu befragen, aber sein Grabstein hat leider nicht mit mir geredet.
CHRISTIAN PURWIEN: Und da einige Songs aus unserer musikalischen Vergangenheit sowieso schon Bestandteil unserer Live-Darbietungen waren, haben wir sie auch auf dem neuen Album platziert, zumal Thomas ihnen bei der 12“-Kur durchaus noch interessante und neue Elemente mitgeben konnte.

BODYSTYLER: Ihr habt Euch für eine limitierte Auflage in CD-Form entschieden, aber doch bestimmt nur, weil es im Vinyl-Format zu viel Porto gekostet hätte, um all die Scheiben zu verschicken, oder?

CHRISTIAN PURWIEN: Wir wollten einfach, dass diese VÖ etwas Erlebbares und Handfestes bekommt. Gerne hätten wir auch eine LP-Auflage herstellen lassen, nur leider liegt das außerhalb der finanziellen Möglichkeiten unserer kleinen Tanzkapelle.
THOMAS KOWALZIK: Also ich wollte ursprünglich fünf verschiedene 12" Maxis als Vinyl auf den Markt werfen, Picture Disc, 800 Gramm Vinyl, zu einer riesigen Grußkarte faltbare Papphülle, etc., aber mein Bankberater hat die Finanzierung leider aus völlig fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Ist eben ein verdammter Metal-Fan!

BODYSTYLER: Was spräche gegen eine limitierte Auflage mit EINER Vinyl-Scheibe mit ausgewählten Fan-Favoriten?

CHRISTIAN PURWIEN: Die Deutsche Bank.

"Man könnte also sagen, wir sind die Campbell's Suppendose des Synthpop."

BODYSTYLER: Im Info zur Platte hebt Ihr die Vorteile der Maxi-Versionen gegenüber den gesichtslosen Remixen hervor. Was trägt Eurer Meinung nach zu dieser Gesichtslosigkeit bei und was bewahrt die Remixe innerhalb Eurer Diskographie (aktiv wie passiv) genau davor?

CHRISTIAN PURWIEN: Thomas hat ja bei vollem Bewusstsein genau diese Form ausgesucht, um sich mal richtig und außerhalb des 3,5 Minuten Korsetts an den Titeln auszutoben. Es geht hier nicht darum den Song zu verändern, sondern lediglich eine Verlängerung des Hörgenusses herbeizuführen.
THOMAS KOWALZIK: So richtig viel haben wir mit Purwien & Kowa ja nicht geremixt, ich kann mich da nur an 2-3 Nine Seconds Songs erinnern, bei denen ich ja auch an den Reglern hocke, also das zählt ja kaum. Und die Remixe von anderen Bands, die wir nun veröffentlicht haben, hätten ursprünglich mal auf einer „Purwien Eins.Eins Remix“-CD enthalten sein sollen, die aber nie erschienen ist. Also haben wir die als Bonus mit draufgebracht, einfach weil die Bands, die sie remixt haben wie Client oder Das Ich den Songs etwas eigenes hinzugefügt haben.
CHRISTIAN PURWIEN: In Wirklichkeit haben wir gehofft, durch plumpes Namedropping ein paar Scheiben mehr zu verkaufen. Hat aber wie alle unsere Welteroberungspläne bisher eher so mittel funktioniert.

BODYSTYLER: Was sind für Euch besonders typische Maxi-Sounds/-Effekte, die in keinem Fall fehlen dürfen? Kamen diese in Eurem Fall aus der Konserve, habt Ihr sie gesampelt oder gar selbst gebastelt?

CHRISTIAN PURWIEN: Orchestra Hit’s und Marcato Strings und natürlich vernünftige Oktav Sequenzen.
THOMAS KOWALZIK: Das hättest Du mir mal früher sagen sollen, die sind jetzt auf dem Album überhaupt nicht drauf! Stattdessen hab ich alles mit Handclaps vollgekleistert und irgendwelchen unsinnigen Soundeffekten, weil irgendeiner in einem 80er Jahre Podcast behauptet hat, das gehöre in einen 80er Song.
CHRISTIAN PURWIEN: Und zur Entstehung: Wenn Thomas einen Sound selbst bastelt, dauert das meist ewig und dann nimmt er am Ende doch ein Preset, also in dem Fall: Konserve.
THOMAS KOWALZIK: Man könnte also sagen, wir sind die Campbell's Suppendose des Synthpop.

BODYSTYLER: Bei welchem Eurer eigenen Songs war der Drang am stärksten, ihn in eine Maxi-Version zu überführen?

CHRISTIAN PURWIEN: Am meisten Spaß hat die Erstellung der neuen Version von "I Hate Berlin" gemacht, aber nicht weil der Song so toll ist, sondern weil wir den Gesang im Hotel auf Fuerteventura aufgenommen haben (lacht)
THOMAS KOWALZIK: Ich hatte bei jedem Song einen ziemlichen Drang, aber ich hatte eben schon immer eine Konfirmandenblase.

BODYSTYLER: Gab es Songs, die ihr gern maximiert hättet, die sich aber beharrlich dagegen gesträubt haben?

CHRISTIAN PURWIEN: Eigentlich nicht. Ich bin sehr zufrieden mit der Songauswahl und denke, dass wir da wirklich unser Schaffen in den letzten Jahren gut abgedeckt haben.
THOMAS KOWALZIK: Ich hätte schon gerne neben "Blut" noch was von Rehberg wieder ausgegraben, aber die Songs sind damals auf dem Atari ST aufgenommen worden und die Daten zu portieren hat länger gedauert als drei neue zu schreiben. Und bei Second Decay gab es nicht mal mehr die Gesangsbänder, weswegen wir da komplett alles neu aufgenommen haben, von daher haben sich nicht die Songs gesträubt, aber die Technik.

"Nachdem ich die Mathe-Abi-Klausur mit Hängen und Würgen geschafft hatte, war mir schon früh klar, dass Mathematik meine Welt ist."

BODYSTYLER: Fühlt Ihr eine geistige Verwandtschaft zu Blank&Jones, die ja ebenfalls eine Vorliebe für 12“-Versionen haben? Wäre das Ausgraben und Restaurieren alter Bänder mit Maxi-Schätzen vielleicht auch ein Job für Euch gewesen?

CHRISTIAN PURWIEN: Wenn dann für Thomas, könnte ich mir in der Tat gut vorstellen, er bringt hierzu alles mit, was man braucht: Lebenserfahrung, die nötige Ruhe und ungebremste Lust auf’s Tüfteln.
THOMAS KOWALZIK: Naja, wie oben schon ausgeführt, hat das alles seine Grenzen. Aber ja, die Blank & Jones 80er Scheiben waren schon eine Inspiration, die finde ich teilweise sehr gut gemacht.

BODYSTYLER: Nennt doch bitte jeweils Eure Top 5 der Maxi-Versionen aus den 80er Jahren. Bonusfrage: Welcher Song in Maxiversion war der erste, den ihr jemals gehört habt und war es sofort Liebe auf den ersten Blick (Hör?)?

CHRISTIAN PURWIEN:
Boytronic - You
Soft Cell - Say hello wave goodbye
Spandau Ballet - Gold
Pulstar - Hypnosis
Joachim Witt - Herbergsvater

THOMAS KOWALZIK:
FGTH - Rage hard (Young persons guide to the 12" Mix)
New Order - Blue Monday
Propaganda - Dr Mabuse
Depeche Mode - Stripped (Highland Mix)
Sisters of Mercy - Temple of love

Und die erste Maxi, an die ich mich erinnern kann war tatsächlich „Blue Monday“. Die Plattenfirma hat bei der Vinyl damals übrigens auch Kohle drauflegen müssen, warum das erfährt man in diesem 80er Podcast, dessen Namen ich schon wieder vergessen hab.

BODYSTYLER: Wann darf man denn mit „12“+1=6“ rechnen?

CHRISTIAN PURWIEN: Wir sind gerade dabei uns da zu sortieren und Songs zu sammeln … Kommt auf jeden Fall, dauert aber noch ein bisschen.
THOMAS KOWALZIK: Was musst du bei dir sortieren? Die Haare auf der Glatze? Wie auch immer, wir wir leben ja in zwei verschiedenen Ländern und virtuell schreiben sich Songs eher schlecht und lassen sich auch nicht so gut aufnehmen. Also wenn man wieder ohne Analabstrich reisen kann, werden wir das tun und dann macht euch auf was gefasst!

BODYSTYLER: Abschließende Worte?

CHRISTIAN PURWIEN: Für alle die es noch nicht mitbekommen haben, hört doch mal in unseren 80 Jahre Podcast „Disko 80“ rein. Gibt es an jeder Wursttheke oder überall wo es Podcasts gibt. Der wird allen Menschen, die irgendeine Erinnerung oder einen Bezug zu diesem Jahrzehnt haben, gefallen.
THOMAS KOWALZIK: Klickt mal hier, dann könnt ihr direkt in den Podcast reinhören: https://disko80.buzzsprout.com

BODYSTYLER: Vielen, lieben Dank.

P&K: Danke auch.