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Musik Als Träger

29.01.2023 - M/A/T - was sächsisch ausgesprochen vielleicht noch an ein bildgebendes Verfahren in der Medizin denken lässt, ist in Wahrheit ein neues Electro-Projekt aus Hamburg, bei dem M/A/Tthias Bischoff die oszillierenden Fäden spinnt. Auf der kürzlich erschienenen EP "Jupiter" vereinen sich Old School Charakteristika aus den Genres Synth Pop und EBM mit modernen Strukturen und technoiden Elementen. Von: Boris Brock / Torsten Pape (Einleitung)

Image Massives Audio Talent (Foto: Angelika Laskowski)

BODYSTYLER: Magst Du Dich unseren Lesern vielleicht einmal kurz genauer vorstellen?

M/A/T: M/A/T habe ich 2021 ins Leben gerufen. Ich bin Gründungsmitglied der ehemaligen Hamburger SynthPop Band Cyber und seit vielen Jahren als DJ aktiv. In den letzten Jahren habe ich hin & wieder Cyber Remixe für andere Bands produziert, entschloss mich aber ab dem ersten Lockdown unter dem Namen M/A/T selbst wieder musikalisch aktiv zu werden und letztendlich eine EP zu produzieren. In den 80ern bin ich mit Musikgenres von SynthPop, Italo-Disco über New Wave bis EBM aufgewachsen, was natürlich Spuren hinterlässt und sicherlich in den Produktionen von M/A/T unüberhörbar ist. Zu tief stecken die synthetischen Wurzeln der 80er und die Begeisterung für elektronische Musik. Was mich besonders freut ist, dass ich meine ehemalige Band-Kollegin für die Vocals auf „Nueva Esperanza“ und "Das Fundament“ gewinnen konnte.

BODYSTYLER: Wie lief es generell in der Szene zu Euren Anfängen so ab? Gab es Kontakte mit anderen Bands oder Newcomern der Szene aus der Gegend? Wann seid Ihr zum ersten Mal in der Öffentlichkeit aufgetreten, also erste Liveauftritte?

M/A/T: Meine musikalischen Anfänge hatte ich mit Cyber Anfang der 90er. Zu dieser Zeit war der Haupttreffpunkt das kir, ein damaliger Musikclub in Hamburg, und sozusagen die Brutstätte des Hamburger Undergrounds und der Genres EBM, SynthPop, Industrial und Dark Wave. Man war befreundet mit den Bandmitgliedern von Project Pitchfork, Plastic Noise Experience, Serpents, Fortification 55, Paralysed Age, Solace etc. Viele davon (uns eingeschlossen) noch in ihrer Anfangszeit. Man fachsimpelte über Drum-Computer, machte irgendwelche Tape-Compilation-Deals oder feierte einfach nur die Nacht durch. Zudem spielten im damaligen kir u.a. Bands wie The Neon Judgement, á;GRUMH, Borghesia oder Cocteau Twins. Das war schon sehr beeindruckend für uns damals. Letztendlich standen wir dann mit Cyber auch auf der Bühne des kirs und durften das Konzert von Deine Lakaien als Vorband eröffnen.

BODYSTYLER: Bitte erkläre den Lesern das Konzept hinter Euren Produktionen. Wie geht Ihr an eine Produktion heran und wie läuft der Arbeitsprozess ab?

M/A/T: Ich gehöre nicht zu den Musikern, die sich hinsetzen, um jetzt bewusst einen Song zu schreiben oder als erstes einen Songtext verfassen, um daraus einen Song zu machen. Meine Songs entstehen eher aus dem Bauch heraus bzw. ich experimentiere viel mit Synthie-Sounds, Sequenzen oder programmiere einen Beat auf dem Drum-Computer. Sobald ich merke, dass mich das in irgendeiner Form bewegt, baue ich alle weiteren Elemente darum, so dass ein kompletter Song daraus entsteht. Es ist wie mit Lego: Du schüttest die Tonne mit hunderten bunten Legosteinen aus und baust dir deine eine eigene Welt.

BODYSTYLER: Vor M/A/T, wie waren da Eure künstlerischen Aktivitäten, wo sind Eure künstlerischen Wurzeln?

M/A/T: Vor M/A/T gab es Anfang der 90er die SynthPop/EBM Band Cyber mit dem Tape-Album-Release „Kybernetik“. Mitte der 90er folgte das Projekt a-d-s-r mit einem kurzen Ausflug in die Welt des Technos. Wir spielten auf verschiedenen Raves u.a. auf dem Dove Of Peace im Hanomag Hannover vor ca. 3000 tanzwütigen Ravern. Hierzu gab es jedoch keine nennenswerte Veröffentlichung. Danach habe ich das Auflegen als DJ für mich entdeckt und war über die Jahre u.a. beim Trigger Hippie Club, später bei Dare! und aktuell bei Love Parasite aktiv. Zwischendurch habe ich aber weiterhin Musik produziert.

BODYSTYLER: Wie hat sich die Band, aber auch die Musik seit Beginn zu heute verändert?

M/A/T: Über die vielen Jahre verändert sich so einiges. Ich produziere heute meine Musik allein, ohne dass ich mich mit einem weiteren Bandmitglied absprechen muss. Die Technik hat sich über die Jahre extrem zum Positiven verändert. Und man kann in der heutigen Zeit mit einem kleinen, aber feinen Team und einem gewissen „Knowhow“ professionell Musik veröffentlichen, ohne von einem Label oder Vertrieb abhängig zu sein. Auch die Qualität der Musik hat sich im Laufe der Jahre verändert. Inwieweit zum Positiven, das müssen natürlich die Hörer/Innen meiner Musik beurteilen.

BODYSTYLER: Wie kam es zur Titel Auswahl? Welche Themen habt Ihr hier verarbeitet?

M/A/T: Nachdem ich mich dazu entschloss eine EP zu veröffentlichen, habe ich mich für die Songs entschieden, an denen ich zu dem Zeitpunkt verstärkt gearbeitet hatte. Der Titeltrack „Jupiter“ war als erstes Instrumental fertig.
Für den Song „Nueva Esperanza“ habe ich meine ehemalige Cyber Band-Kollegin Myriam Borutta als Sängerin dazu geholt. Mit ihrer Stimme hat der Song nochmal eine zusätzliche Tiefe erhalten. „Nueva Esperanza“ (Neue Hoffnung) war die erste Single-Veröffentlichung samt Musikvideo und der Startschuss für M/A/T.
Zum Schwerpunkt dieser EP hat sich „Das Fundament“ entwickelt. Der Track hielt sich mehrere Wochen in den Deutschen Alternative Charts (DAC), die wöchentlich von Szene-DJs getippt werden und erreichte letztendlich Platz 3. Auf diesen Song gibt es auch Monate nach Veröffentlichung immer noch positive Resonanz und Rückmeldungen von Club- und Radio-DJs, die „Das Fundament“ in ihr Programm oder in ihre Sets aufgenommen haben – auch international. Inhaltlich geht es darum, daran zu erinnern, dass wir alle nur für begrenzte Zeit auf diesem Planeten weilen und das Beste daraus machen sollten. Hier sind übrigens Myriam und ich im Duett zu hören.
Dann gibt es noch den Instrumental-Track „Liaison“ auf der EP. Mit pulsierenden Synthie-Sequenzen, verspielter Melodie und einen treibenden Beat mit einer Prise EBM & Dark Italo Elementen.

BODYSTYLER: Wie unterscheidet sich diese Produktion von Euren vorherigen?

M/A/T: Es kommt darauf an, was mit „vorherigen Produktionen“ gemeint ist. Aber ich denke, dass ich bei den Produktionen nie den Blick zurück verliere, ohne dabei zu Vintage klingen zu wollen.

BODYSTYLER: Wer hat das Cover - Artwork von „Jupiter“ gemacht?

M/A/T: Das Cover-Artwork stammt komplett von mir. Das Covermotiv zeigt den Raumanzug einer britischen Raumfahrerin, die als erste englische Frau ins Weltall geflogen ist. Das Foto habe ich vor ein paar Jahren in London gemacht und die Geschichte dazu hat mich sowohl fasziniert wie inspiriert.

BODYSTYLER: Gibt es zu Eurer EP „Jupiter“ auch Clips zu den Tracks? Wie wichtig ist Euch das Thema Clips?

M/A/T: Ja, es wurden Musikvideos von „Nueva Esperanza“, „Das Fundament“ und „Liaison“ veröffentlicht. Das M/A/T Debüt-Video „Nueva Esperanza“ wurde in Hamburg produziert, „Das Fundament“ wurde in einem Berliner Studio gedreht und „Liaison“ ist als Visualizer Video erschienen. Musikvideos sind heute wichtiger denn je. Egal ob klassisches Musikvideo, Lyric-Video oder Visualizer. Die Leute wollen was sehen. Zudem ist es ergänzend zur Musik für einen Künstler eine schöne Form sich visuell auszudrücken.

BODYSTYLER: Welche musikalischen Einflüsse gibt es für Euch? Gibt es Vorbilder? Woher kommt die Inspiration?

M/A/T: Ich bin ein Kind der 80er und denke, dass mich dieses Jahrzehnt musikalisch schon ziemlich geprägt hat. Aber es gibt natürlich auch immer noch gute Musik von aktuellen Künstler/Innen, die einen inspiriert. Aber letztendlich entstehen meine Songs aus dem Bauch heraus, plötzlich ist da diese eine Melodie oder eine starke Baseline, auf die sich später ein kompletter Song aufbaut.

BODYSTYLER: Für die Technikfreaks unter uns: Mit welchen Instrumenten, DAW´s etc. arbeitet Ihr?

M/A/T: DAW's: Cubase, Arturia, Native Instruments, iZotope + div. Studio Apps.
Instrumente: Moog Grandmother, Roland Alpha Juno 1, Korg MS 20

BODYSTYLER: Gibt es Künstler, mit denen Ihr gern einmal auftreten würdet?

M/A/T: Da gibt es schon KünstlerInnen, aber ich möchte mich aktuell nicht festlegen.

BODYSTYLER: Was sind Deine All Time Heroes im heimischen Plattenregal?

M/A/T: New Order, Depeche Mode, DAF, Coil, Kraftwerk, The Human League, Liaisons Dangereuses, Boytronic, Kissing The Pink, Boy Harsher, Soft Cell, Joy Division, Yazoo, The Smiths, The Cure, Ultravox, Visage, Mark Stewart, Hula, Trisomie 21, Yello, Talking Heads, David Bowie, Massive Attack, Björk, Ian Brown, The The, Front 242, The Neon Judgement, Skinny Puppy, Frankie Goes To Hollywood, Propaganda, Heaven 17, Blancmange, Orchestral Manoeuvres In The Dark, Talk Talk, Dead Can Dance, Simple Minds, Big Black, Rheingold, Tears For Fears, Adam & The Ants...

BODYSTYLER: Was außer Musik bereichert noch Dein Leben wie außergewöhnliche Hobbys oder Filme, Bücher etc?

M/A/T: Das Produzieren, Hören und Auflegen von Musik füllt mein Leben schon ziemlich aus, da bleibt nicht mehr viel Platz für außergewöhnliche Hobbys. Für Filme interessiere ich mich natürlich sehr! Bücher eher in Form von Hörbüchern als Stream.

BODYSTYLER: Was können wir noch von Euch in 2023 erwarten? Was plant Ihr noch? Wie weit ist die Planung zu einem Album? Wird der fachkundige Hörer Euch live erleben können?

M/A/T: Neue Songs sind bereits in Arbeit. Diese sollen 2023 in Form einer weiteren EP oder als Album veröffentlicht werden. Und auch ein Live-Set ist in den Vorbereitungen, um im Jahr 2023 erste M/A/T Konzerte spielen zu können.

BODYSTYLER: Und zum Schluss, was möchtet Ihr Euren Fans noch mitteilen?

M/A/T: „Es wird immer weitergehen, Musik als Träger von Ideen.“ (Kraftwerk)