BODYSTYLER: Liebe Familie Beyond Border, Eure Hood ist seit dem letzten Interview größer geworden. Um wen handelt es sich und wie ist er zu Euch gestoßen? Stellt den guten Herren bitte einmal kurz vor.
DEITY: Moin....tja, Familie trifft es nicht ganz, aber vielleicht noch besser als der Begriff Band, den ich für BB nicht verwende. Beyond Border ist ein Projekt! Vielleicht klingt das etwas nüchtern, aber die Zeiten, wo ich Band zu meiner (damals Metal) Band gesagt habe, liegen 30 Jahre zurück. Früher sagten meine Eltern auch noch so was wie Combo und Kapelle. Ende der 1980er, eine Zeit, die gefühlt 110% Musik eingenommen hat und in der man im Zweifel im Backstage der Musikkneipe, im Schlafsack oder auch mal im Auto geschlafen hat. Heute sind wir eine Gruppe von drei Menschen, die ein gemeinsames Interesse haben und sich diese Zeit für ein gemeinsames Ziel teilen. Vielleicht sind Beyond Border auch mal fünf Leute oder zwischenzeitlich auch nur mal wieder zu zweit?! Und wer diese Personen sind, kann ich jetzt auch nicht sagen. Nur weil ich Beyond Border ins Leben gerufen habe, bedeutet es nicht, dass ich dort immer aktueller Bestandteil sein muss oder überhaupt jemand von der heutigen Konstellation...oder vielleicht doch!?!? Ich möchte nur, dass es BB gut geht und die Musik auch noch in Jahren begeistert (lacht).
KT HABEL: An dieser Stelle möchte sich der neue Padawan gerne selbst vorstellen:
Ich bin der KT. Ausgesprochen wird das englisch. Wer sich jetzt fragt, wie das Pseudonym zustande kam, dem kann ich antworten, dass das einfach eine kurzfristige Idee war, damit wir mit Kai (Iggi) nicht durcheinander kommen, wenn wir uns unterhalten. Angefangen hat alles für mich mit meinem Fun-Projekt Device Not Ready, unter dessen Namen ich in der Vergangenheit auch etliche Remixe gemacht habe. So auch für Beyond Border. Im Grunde bin ich ein Studio-Täter und erst durch Deity überhaupt dazu gekommen, eine Bühne zu betreten. Ich unterstütze live mit meinen Synthesizern und Backing Vocals. Im Hintergrund der Produktion findet man mich aber ab und an auch. Sei es nun bei der Ideenfindung oder auch mal beim Abmischen oder bei allem, was Technik angeht. Da ich von Hause aus eher der härteren Gangart der elektronischen Musik anhänge, kommt so auch vielleicht mal ab und an etwas mehr Schmackes rein, wie ich als gebürtiger Kölner gerne mal sage (lacht). Corona hat den Einstieg bei Beyond Border zu meinem Bedauern etwas verzögert, doch mittlerweile kann ich es mir nur schwer vorstellen, nicht mehr mit den beiden den Saal zum Kochen zu bringen. Ich bin gespannt, wohin die Reise gehen wird und was noch alles kommt und das natürlich auch in den anderen Projekten DiarBlack und n/ctrl, in denen ich unterwegs bin.
BODYSTYLER: Hat sich durch den Zuwachs Eure Arbeitsweise und Euer Sound geändert? Wenn ja, was ist anders geworden?
DEITY: Aktuell sind wir in der Tat zu dritt, weil es sich für mich live besser anfühlt, eine gewisse Symmetrie zu haben. Es tut der Livepräsenz und der Musik gut und entlastet mich in der Bewegung auf der Bühne, aber es ergeben sich auch logistisch neue Herausforderungen Zu Zweit packt man einen kleinen Koffer zusammen und ist nach fünf Minuten startbereit. Dies ist jetzt schon anders. Man muss definitiv auch proben, dies betrifft die Musik an sich, aber auch die Abläufe, wer macht was und wann. Dies ist ein Prozess, der jetzt erst gerade begonnen hat. Der Sound von der Bühne sollte jetzt schon ein Stück anders sein, da wir mehr live Gespieltes auf das typische Playback draufpacken und auch deutlich mehr Gesangsanteile mit unseren Backings haben. Wenn das Album in trockenen Tüchern ist, werden definitiv einige der Stücke für die Bühne auch nochmal angepasst. Man muss live schneller auf den Punkt kommen, Raum für Interaktion lassen, alternative Versionen schaffen und eine gewisse organische Andersartigkeit spüren. Iggi ist ein hervorragender Sänger, der den Songs jedes Mal eine andere Färbung gibt. Auch geschuldet der jeweiligen Situation, in der er sich befindet, sind es andere Songs, die live eine intensive stimmliche Anpassung erfahren. Bestes Beispiel ist "Where Are You...?", der Song ist immer unterschiedlich emotional, bis dahin, dass wir ihn eine ganze Zeit gar nicht gespielt haben. In Zukunft werden wir auch an der Instrumentalisierung arbeiten, also zum Bespiel das Thema Percussion noch mit in die Liveumsetzung nehmen.
BODYSTYLER: Ihr seid in der glücklichen Lage einen Plattenvertrag im Hause No Cut erhalten zu haben. Hat Sven Enzelmann Euch dabei unterstützt? Und wie läuft die Zusammenarbeit?
DEITY: Das Leuchten, also als es etwas ganz Besonderes war, einen Plattenvertrag zu unterschreiben, ist ein wenig verblasst, da es viel einfacher ist, heutzutage seine Musik zu veröffentlichen. Man bräuchte schlichtweg keine Plattenfirma mehr und das Gesamtpaket "Plattenvertrag" ist ja nicht mit einem Deal von vor 30 Jahren vergleichbar. Dennoch möchte ich ganz klar hervorheben, dass es eine große Ehre ist, solch einen engagierten und erfolgreichen Partner wie NoCut an der Seite zu haben. Wir werden gemeinsam mit der Zeit und den geplanten Alben erleben, wie fruchtbar die Zusammenarbeit ist. Iggi und ich haben dies vor etwas über einem Jahr gemeinsam entschieden, noch bevor K.T. in unser BB Projektteam eingestiegen ist. Dazu muss ich erwähnen, dass wir, so wie wir bis dato veröffentlicht hatten, ganz gut alleine zurecht gekommen sind. Irgendwann muss man dann aber entscheiden, ob man einen Partner an der Seite braucht, der einem zusätzliche Optionen eröffnet, der einen berät und unterstützt und durchaus auch Arbeit abnimmt. Dafür aber auch einige Dinge fordert und vielleicht (auch unbewusst) ein Stück der Freiheit nimmt. Wir wollten einen solchen Partner und mit NoCut und hier speziell mit Sven (Enzelmann), haben wir einen extrem wertvollen Geschäfts- und Gesprächspartner. Er hat uns von Anfang an unterstützt, bevor wir über das Thema Label nachgedacht haben und ist im jetzigen Prozess eine tragende Säule - quasi ein Mitglied der Projektfamilie. Wir schreiben aktuell täglich, telefonieren oft und treffen uns regelmäßig, um den aktuellen Stand abzugleichen und die Strategie der Veröffentlichungen zu besprechen. Hier zahlt sich Svens eigene Karriere als DJ und Promoter aus. Er kennt die Szene und die Szene ihn. Er ist extrem open-minded, gleichzeitig Fan von Beyond Border, aber auch größter Kritiker. Für mich ist der Release über NoCut eine kleine Zerreißprobe, weil es sich anfühlt, als wenn man einen großen Schritt nach vorne macht und gleichzeitig wieder von vorne anfängt.
BODYSTYLER: Im September erscheint die erste Single Auskopplung aus Eurem mit Sehnsucht erwarteten neuen Album. Was erwartetet den Fan? Wer oder was hat Euch diesmal die Inspiration gegeben? Wie lautet der Titel und sind auf der Single auch Remixe von anderen Künstlern zu hören?
DEITY: "Radiant" heißt das gute Stück und ist "Best of both Worlds", sprich, es verbindet den klassischen BB Stil, den ihr von "First Contact" und "Awakening" kennt und doch geht es schon ein bisschen weg von den ganz ursprünglichen Szenen und bietet ein paar ungewohnte oder besser nicht erwartete Zwischentöne. Diejenigen, die einfach nur BB Musik hören wollen, kommen dabei voll auf ihre Kosten und alle anderen können ja mal horchen, was ihnen so auffällt bei "Radiant". Am 15. September ist der Release und wir freuen uns auf die Reaktion und wünschen uns, dass der Song auch hier und da den Weg bei neuen Hörer*innen in die heimischen Anlagen, die Spotify Playlisten dieser Welt und auch in die Clubs findet. Gebt uns gerne ein Feedback, bei FB, auf unserer Homepage oder ganz direkt per Mail (info@beyondborder.de)!
Es wird auch ein Video zu "Radiant" geben. Dieses haben wir zu Sommerbeginn in Hamburg aufgenommen und dann daheim weiter bearbeitet. Hier muss ich sagen, stehen wir noch am Anfang unserer kreativen Reise. Wenn ich so sehe, was die Kolleg*innen an Videos hinzaubern, da verbeuge ich mich tief vor so viel Kreativität, Hingabe, technischer Umsetzung und Perfektion. Wir versuchen, mit unseren einfachen Mitteln von Mal zu Mal besser und kreativer zu werden, aber Filmchen zu drehen ist ein ganz anderer Schnack als Musik zu schreiben. Selbst die Fotosession war ein Spagat zwischen Lachen und Weinen und wir haben "geweint", aber noch viel mehr gelacht. Ergebnisse folgen.
"Radiant" ist die erste Auskopplung aus dem im Januar ´24 folgenden Album "Gathering", auch wir warten sehnsüchtig (vielen Dank für die Blumen) auf dessen Geburt. Im Gegensatz zu Euch kennen wir nur schon (fast) alle Songs. Warum fast alle? Es wird zum regulären Album auch wieder eine Bonus-Veröffentlichung unter dem Namen "Come To Gather" geben. Hier treffen sich wieder feine Remixe von ganz vielen tollen Künstlern unserer Szene aus aller Welt - immer wieder faszinierend, wie anders man doch an unsere Musik herangehen kann.
Unter dem Strich kann ich sagen, dass die Entwicklung von "Gathering" schon ein ganzes Stück Arbeit war, immer ein Gefühlswirrwarr, ob alles sich so anfühlt, wie es sich anfühlen soll, dazu der ungewohnte Zeitdruck (bedingt durch die Vorlaufzeiten bei den großen Presswerken) und der Druck, dass es gut werden soll.
Ich weiß nicht, ob ich sagen möchte, dass es unser bisher stärkstes Album ist, weil dies ja immer wie eine Floskel daherkommt. Aber es ist unser bis dato reifstes Werk, es fühlt sich erwachsener an und weist den richtigen Weg. Obwohl ich jetzt schon weiß, dass der Abschluss der "Welcome To The Future"-Trilogie noch einen weiteren Schritt ins musikalische "Erwachsenwerden" bedeutet, ist "Gathering" der perfekte Zwischenstand der BB Evolution. Hier und da noch ein bisschen unreif, manchmal kindlich, manchmal kantig, ein bisschen pubertierend, erforschend und dann wieder sehr abgeklärt. Ich hoffe, dass alle Hörer diese Reise mitgehen und verstehen, aber ich weiß auch, dass nicht jeder Song sofort von jedem verstanden wird. Wir gehen daher bewusst diesen Weg der kleinen Schritte, mit relativ vielen Veröffentlichungen in kurzen Zeitabständen, da wir so viele Ideen haben und das Ziel vor Augen. Der Sprung von "Awakening" zu "Aftermath" (geplant 2026) wäre zu groß, aber die Hälfte der Songs sind schon in Rohfassung vorhanden, weil einige eigentlich schon auf "Gathering" hätten erscheinen sollen. Damit habe ich alle Albumtitel in einem Satz (lacht).
Inspiration sind mittlerweile mehr die Konzerte und Festivals, als Veröffentlichungen innerhalb der Szene. Ich schaue mir im Nachgang zu einem Konzert bestimmte Parts, die mir an einem Song gefallen haben, genauer an und lasse mich von meinem Gefühl aus diesem Moment heraus zu meinen Sachen leiten. Oft ist das nur ein winziger Moment, ein Basslauf, ein Melodiebogen oder ein Soundeffekt. Dann mache ich 50 Anläufe (Massenspeicher sei Dank) und packe es wieder beiseite bis ich eine weitere Idee dazu habe. In den letzten vier Wochen habe ich gar nichts Neues gemacht. Andersherum habe ich drei Songs für "Gathering" innerhalb von zwei Tagen komplett fertig vorproduziert. So ist Kunst, erzwingen kann man das sowieso nicht und wenn ich nur mal 30% meiner gesamten musikalischen Ergüsse veröffentlichen würde, dann gäbe es zum Teil lautes Gelächter, Kopfschütteln und vielleicht auch mal zustimmendes Nicken, aber ob das dann noch BB ist?
Zusammengefasst möchte ich zu "Gathering" ein Messenger Zitat unseres Produzenten Rob Dust nutzen (vielleicht sagt er das bei jedem, aber ich freue mich trotzdem): "...wird saugeil...nur Hits...widerlich :-)"
BODYSTYLER: Wird es wieder Gastkünstler auf dem Album geben?
DEITY: Ja, es wird auch wieder Gastkünstler*innen geben, aber das hat ja bei uns schon eine gewisse Tradition. Wenn es nach uns ginge, könnten die Hälfte der Songs Gäste haben. Wir mögen Gesellschaft und da hat die aktuelle Chart-Pop-Szene uns einiges voraus. Die mixen wild kreuz und quer die musikalischen Farben und Künstler als Feature: Udo Lindeberg & Apache 207, Ofenbach &Svea oder Ed Sheeran & Camila Cabello, von den ganzen DJ Acts Guetta, Schulz & Co ganz abgesehen.
BODYSTYLER: Worum wird es thematisch gehen? Gibt es einen roten Faden?
DEITY: Die Alben handeln immer von der Zerbrechlichkeit des Menschen, von Hoffnung. Liebe, Schmerz, Selbstzerstörung, Hass und Tod. Eigentlich sind es Lebenszyklen, die jeder schon erlebt hat, manche mehr, manche weniger, aber wenn wir einen Song wie "Hate myself" nehmen, der sicherlich der emotional destruktivste Song des kommenden Albums ist, dann ist das nicht nur ein plakativer Name. Wer hat diesen Satz nicht schon mal gedacht oder zu sich gesagt? Nur weil ich das weiß, heißt es nicht, dass ich in dem Moment eine Lösung dafür habe oder dieser Zustand permanent ist. Wir können damit auch keine Lösung bieten, das wäre, wie einem Menschen mit Despressionen zu sagen: "Stell Dich nicht so an." oder "Das wird schon wieder." Dies hilft auch nicht. Einem Single auf der Suche nach der großen Liebe nutzt kein "Irgendwo da draußen ist sie, er, es..."-Spruch. So sind unsere Lieder zu verstehen: offen, zweideutig, alltäglich und oftmals biografisch.
Der rote Faden ist wie das Leben. Es gibt ihn, aber sehen kann man ihn nicht. Ansonsten gäbe es so was wie Hoffnung nicht, oder?
BODYSTYLER: Ihr hattet in der Vergangenheit einige Auftritte. Wo hat es Euch bisher am besten gefallen? Wann sieht man Euch auf einem Festival?
DEITY: Ich glaube, Festivals haben keinen Bock auf Beyond Border. Also aktuell ist für 2024 keines der mir bekannten Festivals geplant, obwohl wir schon Lust auf solche Events hätten, damit man sich einem breit durchmischten Publikum präsentieren kann. Ich habe einige tolle Auftritte auf den diesjährigen Festivals erlebt, wo ich klar feststellen musste, dass die Musiker genau da hingehören und dann wiederum hätte ich mir bei anderen Gruppen eher eine Clubatmosphäre gewünscht. Festivals sind sicherlich nice, aber Clubkonzerte für uns erstmal toll, um das neue Material zu testen und uns neben einer gewissen Sicherheit auch ein gewisses "Stagewissen" anzueignen. Ein Auftritt muss doch eine Show sein, ein Kurzurlaub für die Zuschauenden und dies kann eine lustige Party sein, mit Konfettikanonen und bunten Haaren, aber auch tief emotional, im fast Dunklen, düster und mit wenigen Elementen. Hier sind wir noch auf der Suche, also abwarten. Wir nehmen es, wie es kommt. Festivals sind ja auch nicht nur Amphi, Mera und Co, es gibt super schöne kleine Festivals. Ich persönlich finde es schade, dass es das Autumn Moon nicht mehr gibt, oder das Nordstern und noch einige andere. Vielleicht etablieren sich ja neue Festivals, wie das Black Mountain, aber in ein paar Jahren bin ich zu alt für diesen Scheiß… Also Booker, beeilt euch (zwinkert).
BODYSTYLER: Was ist weiteres für dieses Jahr geplant? Wird es zum Album eine Release Party geben?
DEITY: Dieses Jahr sind aktuell neben Wolfenbüttel am 9.9. noch zwei weitere Konzerte geplant und zwar am 11.11. die Schwarze Schlossnacht in Derenburg und am 25.11. das Dark Electro Festival in Bielefeld (mit Alienare, Scheuber und Readjust). Die Releasepartys für "Gathering" sind für Januar ´24 geplant und treiben uns nach heutigem Stand in das wunderschöne Hannover, in meine Lieblingsstadt Hamburg und das immer wieder gastfreundliche Oberhausen. Weitere Termine sind im Anschluss als Tour geplant, so dass wir dann einmal die Nation mit den neuen Songs bereist haben.
BODYSTYLER: Wir danken Euch für das Interview und freuen uns auch auf Wolfenbüttel.