Endanger

Synthie-Silberhochzeit

05.09.2023 - Bei Endanger stehen aktuell alle Zeichen auf "Jubiläum" und man steuert mit exklusiven, digitalen Singles auf eine Best of-Zusammenstellung zu. Rouven Walterowicz – einzig verbliebenes Gründungsmitglied – schaut zurück, aber auch nach vorn. Von: Boris Brock

Image Rouven und seine Nichte Kiara im lila Keller. (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Rouven, 25 Jahre Endanger. In einer guten Ehe feiert man Silberhochzeit. Worauf blickst du nach 25 Jahren Ehe mit dem Projekt Endanger zurück?

ROUVEN: Nun ja, auch eine Band ist ein Sozialgefüge, wie eine Ehe oder Familie und ich muss zurückblickend sagen, dass hier im Prinzip die gleichen Regeln gelten. Wichtig sind Vertrauen und Stabilitätsanker, die einem in Zeiten der Veränderung Halt und Zuversicht geben, mit denen man aber auch Erfolge feiern kann. Dazu zählen Partner, Freunde, Famile, Fans und auch unser Label Infacted Recordings von Torben Schmidt.
Damals, als Marc sich aus dem aktiven Produktionsprozess zurück gezogen hat, trat ich zunächst in große Fußstapfen, denn er arrangiert außerordentlich detailliert und mit einer enormen Kreativität. Ich habe die Herausforderung aber angenommen und mit "Larger Than Life" mein erstes eigenproduziertes Album herausgebracht, was dann auch gleich ganz gut lief.
Wichtig war, dass ich mich im Rahmen meiner Möglichkeiten vom bisherigen Endanger-Sound emanzipiere, zugleich aber darauf achte, dass der Bruch nicht zu stark hörbar wird. Ich denke, dass mir das einigermaßen gut gelungen ist. Geholfen hat aber auch der Umstand, dass wir unserer Musik bei jedem Album immer einen leicht neuen Anstrich gegeben haben - also waren unsere Hörer schon an Changes gewöhnt. Heute nach diversen Singles und "Polished" kann ich auf jeden Fall sagen, dass ich meinen Stil für Endanger gefunden habe. Marc und ich sind immer noch enge Freunde, ganz so, wie es in einer perfekten Welt sein sollte. Ich freue mich, dass er immer noch zu Live-Auftritten mitkommt und Spaß daran hat - vor allem daran, mal einen Song mit der Akustik-Klampfe zu performen.

BODYSTYLER: Wie seid ihr damals auf den Namen Endanger gekommen? Was war der ausschlaggebende Punkt selbst Musik zu machen? Wer waren die Gründungsmitglieder? Was machen diese heute?

ROUVEN: Ich weiß noch, dass wir in Marcs Kellerbude in Braunschweig gesessen und uns den Kopf zerbrochen haben, wie wir uns nennen könnten. Es sollte kurz und einprägsam sein und natürlich ein wenig unsere Musik beschreiben. Auf unserem Debüt-Album "Motion" waren wir ja noch ein wenig mehr dem Industiral/EBM-Sound zugetan, als es heute der Fall ist. Nach 2-3 Stunden warf jemand "Endanger" in den Raum – eine kurze Internet-Recherche ergab, dass noch keine Band den Namen in Benutzung hatte und zack – der Name stand (lacht).
Wir waren damals zu Dritt, als wir angefangen haben. Marc, Kai und ich. Wir alle stammen aus Salzgitter, daher kannten wir uns von diversen Partys, aus der Schule etc. In den 90ern hatte SZ eine ziemlich aktive Independent-Musik-Szene mit Bands wie VIVID, The Sign, Catty Carress, October 89 etc. Und viele hatten Bock auch selber Musik zu machen.
Marc und Kai waren an Saiteninstrumenten wie dem E-Bass unterwegs, aber auch an elektronischen Klangerzeugern interessiert. Ich war seit jeher ein absoluter Synthie-Fan und daher auch bis heute ein lausiger Gitarrist (lacht). Jedenfalls haben Marc, Kai und ich uns einmal pro Woche bei Kai getroffen, um zusammen zu jammen – Kai hatte sich einen enormen Synthie-Park zugelegt und so waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Es sind auch wirklich lustige Sachen dabei entstanden. Ich habe Tapes zu Hause, die sind echt Gold wert (lacht).
Irgendwann haben wir uns gedacht: Hey, warum versuchen wir nicht mal das Ganze etwas professioneller anzugehen und eine Band zu gründen? Vor allem in dem Musikstil, den wir damals auch zu 100% selbst konsumiert haben. Und so kam es. Aber wir wollten nicht nur lokal unterwegs sein, sondern explizit einen Plattendeal. Nach der Produktion und dem Versenden der ersten Demos klopfte das Traditionslabel Hyperium/Hypnobeat von dem leider zu jung verstorbenem Olli Rösch aus Nürnberg an die Tür. Da haben wir direkt zugeschlagen.
Kai war nach "Motion" ja nicht mehr dabei und danach haben wir uns aus den Augen verloren. Mit Marc bin ich ja immer noch eng befreundet. Wir besuchen uns ca. 4-5 Mal im Jahr, da er nach Lübeck gezogen ist. Das ist immer richtig cool. Ist schon etwas Besonderes, wenn einen so eine tolle Bandgeschichte verbindet.

BODYSTYLER: 20 Jahre Partnerschaft auch mit Torben von Infacted Recordings. Wie kam es 2003 zu der Zusammenarbeit mit ihm? Viele Jubiläen dieses Jahr. Ist für Dich das Jahr 2023 etwas Besonderes? Wird es eine Feier in würdigem Rahmen geben?

ROUVEN: Ja absolut - da zeigt sich, dass wir alle treue Seelen sind (lacht). Torben hatte damals unsere ersten Gehversuche mit "Motion" verfolgt und in einem Mailverkehr zwischen ihm und Marc kam durch die Blume dann das Angebot, dass er gern mit uns arbeiten würde, wenn wir jemals das Label wechseln wollten. Tja, was soll ich sagen? Gleich bei Release Nr. 2 "Eternalizer" war es schon soweit (lacht). Es ist einfach cool, wenn man sich gut kennt. Wie gesagt, Vertrauen ist wahnsinnig wichtig. Es ist alles ziemlich unkompliziert und Torbens Anspruch ist, dass es in erster Linie Spaß machen muss – das tut es!
Eine Feier an sich wird es nicht geben. Ich bin ganz happy damit, dass wir ein paar Releases im Jubi-Jahr machen und auf unserer Facebook-Seite poste ich ab und zu ein paar unveröffentlichte Song-Versionen, Studiobilder etc. Alles unter dem Hashtag #25yearsofendanger

BODYSTYLER: Mit "Time to fix me" hast Du erneut mit Deiner Nichte Kiara Mate Escarda (aka Kiara M.E.) eine unverkennbare Endanger Synth-Nummer gezaubert. Deine Nichte ist ja bereits mit anderen musikalischen Wurzeln in der Region Salzgitter aufgetreten. Hast Du Kiara in die Musik gebracht? Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Endanger? Musstest Du Überzeugungsarbeit leisten? Siehst Du auch Nachwuchsprobleme in der Szene? Wenn ja, wie meinst Du kann man gerade junge Menschen von dieser Szene überzeugen?

ROUVEN: Vielen Dank. Kiara war schon immer musikbegeistert. Im Winter 2018 habe ich ihr auf einer Party, bei der sie drei Coversongs gesungen hatte, Chvrches vorgespielt und sie fand die E-Pop Musik ziemlich cool - da habe ich sie eingeladen, mal ein Lied bei Endanger mitzusingen. Das war „Motionless Scene“ (von "Polished"). Ich habe gleich gemerkt, dass unsere beiden Stimmen gut harmonieren und drei weitere Songs produziert und mit ihr aufgenommen, die alle auf „Polished“ zu hören sind. Wobei – „Bloodred Roses“ hat sie alleine gesungen und das war eine gute Entscheidung. Sie konnte den Titel so zu „ihrem Song“ machen.
Ich muss rückblickend sagen, dass es gut und wichtig war, dass ich Kiara damals für Endanger begeistern konnte, denn zu dem Zeitpunkt war ich irgendwie kreativ ausgebrannt. Die Arbeit mit ihr hat wieder neuen Schwung reingebracht.
Ich denke, man muss ehrlich sein und zugeben, dass unsere Szene gerade nicht besonders populär beim Nachwuchs ist. Über die Gründe kann man jetzt stundenlang philosophieren. An schlechter Musik liegt es in meinen Augen jedenfalls nicht. Umso mehr freue ich mich dann, wenn es gelingt, eine Tür aufzumachen und jungen Talenten wie Kiara einen Blick in eine andere Welt zu ermöglichen. Sie findet die Szene ja durchaus spannend.
Aber wie Du schon sagtest, ist Kiara auch mit anderen Musikprojekten am Start, die nix mit unserer Szene zu tun haben. Ich finde das gut, denn man darf nicht nur im eigenen Saft schmoren, sondern sollte sich gut diversifizieren, um dann das Beste für sich heraus zu ziehen.

BODYSTYLER: Ist "Time to fix it" der Vorgeschmack auf ein neues Album? Wenn ja, was kann der Fan diesmal erwarten? Bist Du ein Freund klarer Soundstrukturen? Für wann ist ein Album geplant? Wird es auch Remixe von anderen Künstlern bzw. weitere Gastkünstler beinhalten?

ROUVEN: "ime to fix it" ist der Vorbote für zwei weitere Singles mit Kiara, die (geplant) im Monatstakt veröffentlicht werden. Da probiere ich zusammen mit Torben mal ein anderes Release-Konzept für Endanger. Münden soll das Ganze dann in einem "Best of" Album, welches zur Feier des Jubiläums dann als Tonträger erscheinen soll. In einer streng limitierten Auflage natürlich. Remixe und andere "Gäste" sind erst mal nicht geplant.

BODYSTYLER: Wann sieht man Endanger mal wieder live?

ROUVEN: Gute Frage. As soon as possible, würde ich sagen (lacht).

BODYSTYLER: Wie sieht Deine Planung für 2023/2024 aus? Was kann und darf der Fan erwarten?

ROUVEN: Neben den schon erwähnten Folge-Singles und dem "Best of Album" steht noch ein Release mit Lights Of Euphoria an, was total auf den Dancefloor abzielt. Ansonsten sind noch einige Song-Ideen in der Pipeline. Mal sehen, welche es zur Veröffentlichungs-Reife schaffen und was sonst noch so passiert (zwinkert).
Vielen Dank für Dein Interesse an Endanger.