Beyond Border

Synthetische Grenz-Werte

28.01.2024 - Mit "Gathering", dem zweiten Album einer vorerst geplanten Trilogie, melden sich Beyond Border nun aus dem Hause NoCut zurück. Zwischenzeitlich zum Trio gewachsen und nun wieder zum Duo geschrumpft, stand uns Mastermind "Deity" Rede und Antwort. Von: Janni Depunkt und Sven van Bär

Image Da waren es nur noch zwei Grenzpos(t)en. (Foto: Birghir Treimer)

BODYSTYLER: Euer neues Album "Gathering" wird am 26.01.2024 bei NoCut Music veröffentlicht. Herzlichen Glückwunsch, dass ihr nun in guter Gesellschaft mit Mono Inc., Eisfabrik, Tanzwut und Co. seid! Wie fühlt es sich an, seine Unabhängigkeit ein Stück weit abzugeben und die Kontrolle über das Album in die Hände eines Labels zu legen? Ist Euer PM sehr streng mit Euch?

DEITY: Wer oder was ist PM? Personal Motivator, Price Maker oder Posting Man?(zwinkert) Nein, der Sven, also unser Product Manager ist ein ganz lieber und hoch engagierter Sparrings-Partner. Natürlich muss er hier und da auch mal eingreifen und ein bisschen auf Kontrolleur machen, aber im Großen und Ganzen gibt er uns schon sehr viel freie Hand. Das Label funktioniert ja auch eher auf Vertrauen und Freiheit zur Entwicklung, im Gegensatz zu einem Major, der in erste Linie das Produkt und dann den Menschen sieht. Trotzdem ist das alles eine Business Maschinerie und kein Freizeitverein für musikalische Ertüchtigung. Wir sind also noch Independent im weitesten Sinne, nur haben wir jetzt ein weiteres Logobildchen auf der Rückseite der CD Hülle, welches da heißt NoCut. Die Arbeit wird von Mal zu Mal nicht weniger und die Reichweiten und Möglichkeiten ohne Label sind halt endlicher. Zumindest hatte ich das Gefühl, dass es eine kleine, unsichtbare Grenze gibt für uns Newbies, die man nicht so einfach überqueren kann...

BODYSTYLER: Beyond Border starteten als Duo, dann kam K.T. als dritter Mann am Keyboard hinzu, und nun seid ihr pünktlich zum Release wieder zu einem Duo geschrumpft. Was ist da passiert?

DEITY: BB war und ist immer ein Projekt, welches die Anzahl an Teilnehmer der aktuellen Situation anpasst. Ja, wir haben zwischenzeitlich zu dritt auf der Bühne gestanden, werden aber aus organisatorischer Sicht die Tour zu zweit bestreiten. K.T. war eine tolle Begleitung auf der Reise in vielerlei Hinsicht und ist nach wie vor eine großartige Unterstützung beim Thema WebHosting, Videodreh und im privatem Austausch, also hat sich eigentlich nicht so viel geändert, außer die Anzahl auf der Bühne. Und wir werden sicherlich auch früher oder später wieder eine neue, wie auch immer geartete Konstellation, mit wem auch immer auf dem Plan haben, ob Live, Studio oder beides. Auch würde ich gerne andere Instrumente einbinden wollen, wie zum Beispiel Gitarre und akustische Elemente.
Es ist aktuell einfacher und fühlt sich ehrlicher an, weil BB maßgeblich Iggi und Deity sind. Iggi und ich haben die Platte gemeinsam erarbeitet und werden damit gemeinsam auf Tour gehen. Diese wollen wir zum Einen nutzen, um für die Folgealben ein Gefühl zu bekommen, was beim Publikum ankommt und zum anderen wollen wir auch an dem Gesamtkonzept Beyond Border arbeiten. Es fühlt sich aktuell richtiger an.

BODYSTYLER: Wie stolz seid ihr, wenn ihr euer "Baby" nach so viel harter Arbeit in den Händen haltet und die CD zum ersten Mal aus der Folie nehmt?

DEITY: Ich weiß gar nicht, wie viele Male ich jeden einzelnen Song gehört habe, in allen Versionen vom Demo, über die verschiedenen Produktionsstufen, bis hin zum fertigen Produkt. Das fällt einem aber auch nicht so schwer, denn Musik machen ist ja doch was Schönes. Manchmal wird es aber zu viel des Schönen und dann haben wir an manchen Stellen auch einfach mal einen Cut machen müssen, sonst wäre das Album 2026 erschienen. Ich will damit sagen, dass es nicht so wie die Geburt eines Babys ist, wo das Ergebnis einem dann mehr oder minder überraschend in die Hände fällt und dieses ultimative Glücksgefühl erzeugt. Es ist vielmehr ein sehr leiser, unaufgeregter Moment für mich gewesen, bis alles dann zusammengefunden hat, aber bei beiden "Geburten" ist es ab da gleich. Dann geht die Arbeit erst richtig los.

BODYSTYLER: Die Doppel-CD ist randvoll mit Musik. Neben den 12 eigenen Songs und 4 Mixen auf CD1 "Gathering" findet man auf CD2 "Come To Gather" nochmal 14 Mixe von "Stars" und "Sternchen" der Electro-Szene. Ihr scheint gut vernetzt zu sein. Waren alle sofort dabei, und warum gibt es nicht von allen Songs Remixe?

DEITY: Für mich sind das alles Stars auf "Come To Gather". Alle Versionen sind was Besonderes, mit Liebe und dem Glue der Kollegen. Da ist es nicht wichtig, ob jemand eine bestimmte Anzahl Klicks vorweisen kann oder irgendwelche Hallen ausverkauft. Natürlich möchte man eine Mischung verschiedener Künstler, verschiedener Stile und Herangehensweisen, aber mehr um erleben zu dürfen, was der Song hergibt. Nur im gleichen Kosmos bleiben ist da eher nicht so der Plan. Trotzdem war es auch nicht das Ziel, komplett am Rezipienten vorbei zu planen und nur Metal, Schlager und HipHop Remixe anzufragen. Wir sind leidlich gut vernetzt, aber zum Glück ist das Interesse bei den Newbie Kollegen auf solch einer Reise dabei zu sein, vor allen Dingen, wenn man die Sachen auch auf CD erscheinen lässt. Bei den Szenegrößen waren wir bis dato auch immer sehr gesegnet, was das Interesse angeht und dosieren den Einsatz derer sehr homöopathisch. Allerdings gab es auch Absagen, sei es aus Zeit- oder Kostengründen oder schlicht aus mangelndem Interesse. Deswegen gibt es auch nicht von jedem Song einen Remix, weil Geld und Zeit endlich sind und eben auch die Interessenten.
Außerdem waren einige Songs erst so spät fertig, dass wir niemandem das Remixen in Rekordzeit zumuten wollten.

BODYSTYLER: Auch dieses Mal gibt es wieder eine limitierte Fanbox! Als Bonus ist eine CD "Gather" mit weiteren Remixen von Beyond Border enthalten. Die Mixe sind alle im Techno/House-Stil gehalten. Zeichnet sich hier eine neue Richtung für Beyond Border ab, oder ist dies nur eine weitere musikalische Vorliebe von euch, bei der ihr euch mal austoben wolltet?

DEITY: Nun ja, zum einen gibt es bei jedem Interview die Frage nach unserem Projektnamen, also bitteschön, damit haben wir erneut eine kleine Grenze überschritten. Zum anderen ist es auch ein Lernmoment, sich mit anderen Stilen auseinanderzusetzen. Auch wenn viele sagen, dass wir im normalen Sound schon Clubnähe erzeugen, würde ich eher sagen, dass sich unsere Alben klassisch zum Durchhören anbieten. Und ja, wir werden bestimmt nochmal eine Veröffentlichung mit mehr übergreifendem Electropop herausbringen. Einfach zurücklehnen, abwarten und genießen.

BODYSTYLER: Erzählt uns doch noch ein bisschen mehr über die Fanbox, die ja auch schon kurz vor dem Ausverkauf steht. Was erwartet den Fan?

DEITY: Die Fanbox sollte in jedem Fall für den eingefleischten BB Fan einen echten Mehrwert haben, von daher ist das Hauptgimmick die eben genannte zusätzliche CD, mit Musik die es eben auch nur so gibt. Des weiteren sind es Memorabilien an eine gemeinsame Zeit, besondere Momente und damit verbundenen Gefühle. Ich überlasse dies mal euren eigenen Gefühlen mit euren persönlichen musikalischen Momenten. Neben den klassischen Autogrammkarten und dem Sticker, gibt es einen Magneten, ein Armband und ein Stück von einem großen BB Motiv-Banner, welches wir händisch zerschnitten und signiert haben. Jedes Einzelne ist ein absolutes Unikat und trotzdem ein kleines Teil eines großen Ganzen in einem BB Netzwerk von Gleichgesinnten. Alles schön verpackt in einer optisch ansprechenden Box. Der persönliche Touch ist uns schon immer wichtig gewesen, wie der geneigte Fan von den letzten Veröffentlichungen weiß.

BODYSTYLER: Euer Album wurde erneut von Rob Dust produziert. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, und wie viel Einfluss hat er auf eure Musik? Wird er auch den dritten Teil der Trilogie produzieren, und wann kann man mit der ersten Single rechnen?

DEITY: Rob ist ein professioneller Produzent, der einerseits sein Geld damit verdient, andererseits aber auch neuen und unerfahrenen Musikern eine Chance gibt, auch wenn man, so wie wir am Anfang erst mal nur einen Song produziert haben wollten. Aus dem dann doch schon eine ganze Menge geworden sind. Rob war damals die Empfehlung von Vasi, der keine Zeit hatte, unsere Sachen weiter zu produzieren, denn er steckte mitten in den Frozen Plasma Produktionen. Am Anfang standen dann ganz viele Gespräche zur Abstimmung auf dem Plan und auch jetzt, bei der mittlerweile vierten Produktion mit Rob haben wir uns zu jedem Song viel ausgetauscht, meist über Messenger, aber auch hin und wieder am Telefon und dann wurden das schnell auch mal Stundengespräche. Natürlich wird man immer ein Stück weit die Rob Produktion raushören, aber wir haben mit "Gathering" einen weiteren großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. "Aftermath", so der Name des Trilogieabschlusses wird natürlich auch wieder über Rob produziert. Die ersten grundlegenden Daten haben wir schon mal abgestimmt und ich habe auch schon die ersten Demos fertig. Ich denke, dass wir im Spätsommer diesen Jahres mit der ersten Single an den Start gehen können. Aber der Ablauf der Veröffentlichungen wird nicht so eng getaktet sein. Vielleicht 2 bis 3 Monate dazwischen und dann nur 3 Singles. Aber das lassen wir einfach mal so im Raum stehen und warten ab.

BODYSTYLER: Das neue Album "Gathering" bedeutet ja wörtlich übersetzt: Zusammenkunft. Hat es eine besondere Bedeutung?

DEITY: Es ist zumindest nicht bedeutungslos und das meine ich jetzt nicht despektierlich, sondern nur, dass wir versuchen, immer allem etwas mehr beizumessen als es vielleicht der Fall sein sollte. Als wir angefangen haben, das Gesamte als Trilogie zu planen, standen alle drei Titel für uns schnell fest "Awakening", "Gathering" und "Aftermath". Dabei hatte ich fürs zweite Album, also "Gathering", geplant, dass die Stücke alle von Musikerkolleg*innen begleitet werden. Durch die coronabedingte zeitliche Verschiebung und die dann sich anbahnende Zusammenarbeit mit NoCut haben wir einige der Kooperationen vorzeitig als die EPs "Saint" & "Sinner" rausgebracht, weitere dieser Ideen folgen dann auf "Aftermath", also bleibt gespannt!
Vielleicht oder ganz bestimmt haben wir die großartige Chance erleben dürfen, wenn man der Pandemie etwas Positives abgewinnen möchte, dass wir alle gelernt haben, wie wichtig es ist zusammenzukommen, zu feiern, Konzerte und Festivals zu genießen und in der Entscheidung, hinzugehen, wann und wohin ich möchte, frei zu sein.

BODYSTYLER: "Gathering" ist Teil einer Trilogie! Welcher roten Faden verbindet die drei Veröffentlichungen?

DEITY: Eine Trilogie ist eine Geschichte, deren Zusammenhang sich manchmal erst nach dem letzten Teil eröffnet.
In unserer Musik ist es ein Zusammenhang im Sound, weil Rob alle Teile produziert hat und haben wird. Außerdem werden auf "Aftermath" auch Songs aus der Entstehungszeit von "Awakening" und "Gathering" sein, das ergibt auch einen gewissen roten Faden. Iggis Stimme ist sicherlich auch der Kleber, der die Alben in sich zusammenfügen lässt. Ich würde gerne jedem die Zeit schenken, sich alle Alben in eins durchzuhören und man wird vielleicht die Reise von Damals über Jetzt ins Morgen erfahren. Nehmt euch die Zeit, schließt die Augen und überlegt, wo ihr bei welchem Song gerade in eurer Reise seid oder wart.

BODYSTYLER: Das Album ist diesmal auch sehr bunt gemischt von der "Schnelligkeit" her. Wolltet ihr diesmal etwas anderes/ eine neue Seite von euch präsentieren?

DEITY: Ist das Leben nicht bunt, mal schnell, mal langsam und dies gilt auch in unserer Szene!? Wir befinden uns musikalisch in den Lebensjahren eines Heranwachsenden oder jungen Erwachsenen. Mit "Awakening" sind wir musikalisch geboren und haben Kindheit und Schulzeit verbracht, jetzt sind wir im Studium, der Lehre, der ersten Arbeitsstelle, der ersten großen Liebe und Enttäuschung. Es ist eine Zeit der Ängste und Zweifel, aber auch des Mutes, der Arroganz und der Selbstüberschätzung. An manchen Stellen müssen wir Verantwortung übernehmen und dann sind wir wieder kindlich naiv und schlagen über die Stränge. Das Leben und die Musik sind vielfältig, mal auf der Suche nach was Neuem und dann wieder das Klammern an die Anfänge, auf der Suche nach Sicherheit. Wir biegen in jedem Moment des Lebens an irgendeiner Kreuzung ab, in der Hoffnung, den richtigen, den spannenden, den erfolgreichen Weg zu wählen. Und manchmal biegen wir so oft falsch ab, dass wir uns nicht mehr an den ursprünglichen Weg oder unsere Ziele erinnern. Und dabei bewegen wir uns in unterschiedlichen Tempi. Momente, die wir genießen, vergehen wie im Flug, während die schwierigen Zeiten sich wie eine Ewigkeit anfühlen. So ist auch Musik. Ein und dasselbe Stück kann Dich in einem Moment beflügeln und im nächsten Augenblick quälen.

BODYSTYLER: Wo kamen die Ideen für die Soundeffekte her? (im neuen Album?)

DEITY: Einige Soundmomente sind erst ganz zum Schluss hinzugefügt worden. Den Schuss von "Fever" zum Beispiel habe ich ein bisschen gegen den Rat von Rob kurz vor Fertigstellung eingefügt. Und ja, das ist sehr plakativ und ein bisschen szenefremd, aber es lässt dem Hörer den Freiraum für sich zu entscheiden, was da passiert ist. Kopfkino. Mord, Selbstmord oder weder noch?! Die Kafka Zitate wiederum hat Iggi schon vor dem eigentlichen Text für sich fix gehabt. Das macht Spaß, solch neue Aspekte in die Musik einzubinden, von daher: "Aftermath" kann kommen.

BODYSTYLER: Wenn die Trilogie abgeschlossen ist, welche musikalischen Pläne habt ihr dann, und was wird sich ändern?

DEITY: Wir haben schon sehr konkrete Pläne. Zum Einen wollen wir eine sehr rudimentäre, analog klingende Electro-Pop EP machen, so ein bisschen am äußeren musikalischen Rand der Szene. Dann wird es noch einige Kooperationen geben und eventuell ein reines Coveralbum. Ich hätte auch noch ein Remake unserer vermeintlich größten "Hits" in einem eher bandmäßigen Kontext im Gepäck, also klassisch Bass, Drums und Gitarre. An Ideen wird es nicht mangeln. Das ist für die Einen ein Angebot weiterhin mit Freude an BB dabei zu sein, für Andere vermutlich eine echte Last. So viel BB (lacht)!

BODYSTYLER: Was ist dieses Jahr an Konzerten geplant, und was kann man von euch als Liveact an Show erwarten?

DEITY: Wir starten Ende Januar mit einem Testgig in die Saison 2024 und gehen dann mit Beyond Obsession auf kleine Tour durch Deutschland. Dann werden wir im April noch ein kleines Festival in Hannover organisieren. Aam 20. April könnt ihr alle gerne nach Hannover kommen, wenn wir in der Subkultur mit Antiage, N-Frequency und KY dort die Hütte abreißen wollen.
Wir sind ja showtechnisch eher noch ein bisschen am Anfang unserer Reise und haben uns bis dato weniger Gedanken dazu gemacht. Natürlich stehen die Musik und Iggis fabelhafte Stimme im Vordergrund, allerdings wollen die Leute auch Showelemente und gewisse Besonderheiten zu den einzelnen Songs erleben. Dies werden wir nach und nach versuchen zu entwickeln und einzubauen. Wir haben dazu kein Riesenbudget, keine megagroßen Bühnenaufbauten oder einzigartigen Motto-Outfits, sondern die dezenten Hinweise. Da sind wir aber selbst noch am Anfang und in der Findung.
Vielen Dank für die Fragen und die Unterstützung. Hoffentlich sehen wir uns auf Tour irgendwo oder so, am Rande eines Festivals...