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Deutsche Bass-Maschinen-Musik

13.02.2012 - Einem Huhn kann man wahrscheinlich jahrelang einreden, dass es prädestiniert dafür sei, goldene Eier zu legen, aber es wird wohl immer nur ein normales Ei hinten herauskommen. Wenn man aber einer deutschen Electro-Band lange genug einredet, dass sie die German Bass Machine ist, dann hat man anscheinend eine große Chance auf Erfolg. Der Bodystyler sprach mit einem der Bassisten. Von: Torsten Pape

Image Hier sieht nur einer scharf aus: Daniel Galda (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Endlich gibt es die Bandhymne "Self-fulfilling prophecy" nicht nur auf Konzerten zu hören und die Fans können dank Eurer neuen EP nun endlich auch zu Hause oder im Club der "Praise the bass"-Religion fröhnen. Wie fühlt man sich so als die offiziellen Hohepriester der Bass-Kultur?
DANIEL GALDA: Die Krone und Verantwortung wiegen natürlich schwer - hehe - aber ich denke, dass der Song beweist, dass wir dieser immensen Bürde gewachsen sind. Wie du schon erwähnt hast, gab es den Song bisher nur im Zugaben-Block unserer Konzerte zu hören. In unserem direkten Umfeld wurde der Ruf nach einer Single-Auskopplung immer lauter. Und was gibt es Schöneres, als den Wünschen der Fans nachzukommen? Richtig. Nichts! Und so nahmen wir die Bass-Insignien wieder in die Hand und wurden unserem Ruf mittels dieser Single gerecht.

"Vocal-Aufnahmen finden bei uns grundsätzlich nur auf Toilette statt!"

BODYSTYLER: "Self-fulfilling prophecy" - erzählt ja mal ne tolle Geschichte. Verratet doch bitte etwas mehr von diesem Traum, der Euch die Karriere als German Bass Machine prophezeit hat!
DANIEL GALDA: Wie ich schon in einem älteren BS-Interview erwähnte, waren es unsere Freunde und Fans, die uns den Namen GERMAN BASS MACHINE gaben. Es ging eine Zeit lang nur noch um BASS hier und BASS da und alle Beteiligten schaukelten sich mit dem Thema in die Höhe. Dies alles natürlich auf einer sehr humorvollen Ebene. Alles drehte sich um den Slogan "GERMAN BASS MACHINE MUSIC" - man musste uns nur einen Happen hinwerfen und schon bastelten wir eine verbale Granate daraus. Wahrscheinlich setzte dann irgendwann eine Art "Self-fulfilling Prophecy" ein und wir wurden tatsächlich zu dem, was wir uns einbildeten zu sein. Das mit dem Traum ist daher eine nette Metapher für diesen Prozess und ist thematisch anschlussfähig an das psychologische / soziologische Phänomen der "Self-fulfilling Prophecy".

BODYSTYLER: Warum konntet Ihr nicht anders, als diese Prophezeiung sich erfüllen zu lassen?
DANIEL GALDA: Der Prozess wurde unaufhaltsam ins Rollen gebracht. Es ist wie ein Sog, dem man nicht entfliehen kann. [de:ad:cibel] ist die GERMAN BASS MACHINE und somit muss sich jegliches Handeln und Tun innerhalb dieser Maschinerie diesem Leitbild unterordnen. So einfach ist das. Und unter uns - es erhöht den Spaßfaktor ungemein, mit diesem Image spielen zu können. Und so lange wir keine anderen Eingebungen und Vorhersagen bekommen, wird sich an diesem Status nichts ändern.

BODYSTYLER: Ihr benutzt da ein paar fetzige Schlagworte wie "germanism" und "pluralism", die Ihr doch bestimmt ein wenig ausführlicher kommentieren könnt...
DANIEL GALDA: Pluralismus steht an dieser Stelle symbolisch für die Vielfältigkeit der Wege, die man heutzutage als Musiker, innerhalb der Electro-Szene, einschlagen kann. Irgendwo zwischen Old-School, Cyber, Industrial, FuturePop, Dark-Electro und und und, kann man schnell die Orientierung verlieren. Man muss sich also wieder auf bestimmte Werte verlassen können. Da "Made in Germany" nicht nur innerhalb der Ökonomie und Industrie ein Qualitätsmerkmal darstellt, sondern auch innerhalb der elektronischen Musik - ich erinnere hier nur an innovative Legenden wie Kraftwerk, Die Krupps, DAF, Einstürzende Neubauten, aber auch an mehr oder weniger jüngere Bands aus dem Electro-EBM-Lager wie And One, Haujobb, Faderhead usw... - lag der Slogan "Machine made basslines - Germanism" nahe. Ich bitte aber darum, die witzige und humorvolle Komponente nach vorne zu stellen und den Slogan nicht als plumpen Teutonen-Slang fehl zu interpretieren. Wir haben uns beim Schreiben des Textes köstlich amüsiert und mussten uns stellenweise selber ausbremsen, sonst wäre die Nummer zu komisch geworden.

BODYSTYLER: Das urige "Oh yeah" habt Ihr doch bestimmt nach erfolgreichem Toiletten(ab)gang aufgenommen, oder?
DANIEL GALDA: Vocal-Aufnahmen finden bei uns grundsätzlich nur auf Toilette statt (lacht) - woher weißt du das? Und natürlich klingt die Stimme leichter und erleichterter, wenn man sich erleichtert hat - nur dann ist die Leichtigkeit wirklich hörbar... Nee, also wir fanden diese "Oh yeahs" und "Strike babys" ziemlich geil, deshalb haben wir sie drin gelassen. Am Anfang habe ich sie beim Einsingen nur als Gag mit eingebaut in dem Bewusstsein, dass sie ja noch rausgeschnitten werden können. Aber wir haben festgestellt, dass es dem Ganzen noch zusätzlich eine ganz eigene Note und eigenen Charme verpasst.

BODYSTYLER: Bei den Remixern habt Ihr ja ein paar große Namen am Start. Wie kam es zum Kontakt bzw. der Zusammenarbeit?
Daniel: Wer uns näher kennt, weiß, dass wir nicht nur Musiker sind, sondern auch Musikliebhaber und Fans. Malte Steiner, Claus Kruse oder Dominik van Reich sind Helden aus unserer Jugend. Claus und Malte höre ich schon seit Anfang der 1990er. Die "Art & Dance"-Compilations waren damals für mich absolute Highlights. Maltes Bands Das Kombinat oder Notstandskomitee mit Songs wie "Mutter Plastik", "Fließbandarbeit" oder "Gebärmutter" waren damals richtige Granaten für mich. Auf derselben Compilation fand sich auch Plastic Noise Experience mit beispielsweise "Ritual". Auch die Folgesachen von "Gothic Arts Records" fand ich ziemlich cool. Das Highlight war hier natürlich ebenfalls Claus' Debütalbum "Transmission" mit zeitlosen Krachen wie "Gold" oder "Kill the 6". Genau denselben Sonderstatus genießt Dominik van Reich bei mir. Auch hier hab ich noch die Original-CDs von Anfang der 90er im Schrank. Wer die Qualität von Yelworcs "Brainstorming" samt E.P. "Blood in Face" oder "amGod" in Frage stellt, ist schlichtweg ein Idiot oder Ignorant für mich. Nach diesem kurzen Exkurs sollte jeder erkannt haben, dass es für uns bzw. mich eine riesige Sache war, dass solche Leute Remixe unserer Songs gemacht haben. Das sind allesamt gestandene Musiker, die sich sehr wohl aussuchen auf welchen CDs oder in welchen Kontexten ihr Name erscheint. Es hat mich sehr gefreut, dass sie den Song "Self-fulfilling Prophecy" mochten und darüber hinaus noch einen Remix machten. Bei den Remixen ist natürlich jeder seinem ureigenen Stil treu geblieben. An dieser Stelle noch einmal recht herzlichen Dank und Grüße an alle Beteiligten!

BODYSTYLER: Die Version von n'angst gefällt mir ausgesprochen gut. Da ich die Band gar nicht kenne, stellt sie doch mal bitte vor!
DANIEL GALDA: n´angst sind Freunde von Armin und darüber hinaus gute Musiker. Ich kenne sie leider nicht persönlich und sie sind auch für mich Newcomer, deshalb kann ich euch nicht soviel dazu sagen. Die n´angst-Version finde ich persönlich aber auch ziemlich cool. Erinnert mich sehr an die Vegas-Phase von Chrystal Method. Sehr geiler Mix und ein gelungener Kontrast zu den anderen Remixen. Grüße und vielen Dank auch an dieser Stelle an n´angst.

"de:ad:cibel ist die GERMAN BASS MACHINE und somit muss sich jegliches Handeln und Tun innerhalb dieser Maschinerie diesem Leitbild unterordnen!"

BODYSTYLER: Nachdem die ersten Bilder vom Video aufgetaucht sind, müsst Ihr unbedingt mehr davon erzählen! Sieht ja richtig nach Arbeit aus, so mit Hammer und Hackebeil...
DANIEL GALDA: Yupp - wir sind alle sehr happy über den Clip. Jörg Tochtenhagen (Anm.: Chef von ECHOZONE) höchstpersönlich drehte den Clip Mitte Oktober in der Nähe von Köln. Wir mieteten uns hierfür in eine uralte Schmiede beziehungsweise Schlosserei ein. Dort lagen lauter brachiale XXL-Werkzeuge rum, die wir natürlich spontan in den Clip einbauten. Die ganze Sache war sehr spontan und die Atmosphäre sehr ungezwungen. Natürlich wurde hier auch viel rumgealbert und so entstanden dann auch ein paar sehr befremdlich wirkende, aber witzige Fotos. Letztendlich fängt der Clip die Atmosphäre des Songs sehr gut ein. Unser Motto war: BASSMACHINE in der Klangschmiede. Mehr geht nicht (lacht). Grüße an dieser Stelle an den Jörg!

BODYSTYLER: Das grandiose "Rain of gold" steht ja eindeutig in der Tradition düsterer FLA- oder auch Front 242-Tracks. Wie ist dieser Track entstanden und wie hast Du gemerkt, dass Du (so tief) singen kannst?
DANIEL GALDA: "Rain of Gold" war einer der Songs, an dem wir mehrere Tage saßen und der zugegebenermaßen mehrmals umarrangiert wurde. Armin hat hier grandiose Arbeit geleistet. Ich mag es, wenn er meinen Gesang so mit Musik unterlegt, dass letztendlich diese hymnenhaften, fast episch wirkenden Refrains entstehen. Er stimmt hier wirklich alles perfekt aufeinander ab. Dieses tiefe Klangbild der Stimme war schon immer ein Stilmittel bei uns. Schon auf "Klondike" war diese Facette bei uns zu hören. Nimm beispielsweise den Song "Heteronomy" - bereits dort blitzte der singende Galda ab und an auf. Wir haben einfach den Faden wieder aufgenommen und weiter verfeinert.

BODYSTYLER: Wo habt Ihr denn die irren Samples in "Beat Plastique" geklaut?
DANIEL GALDA: Ein guter Freund von Armin entwickelt unter dem Namen HG Fortune Software-Synthesizer und hatte vor einiger Zeit eine Sprecherin im Studio, die ihm Phrasen in Französisch eingesprochen hat. Diese werden in der Synthengine dann ziemlich umfangreich verwuselt und erhalten so beispielsweise im Zusammenspiel mit einem Flächensound einen ziemlich speziellen Charakter. Wir hatten die Gelegenheit, diese Aufnahmen mal in Ruhe durchzuhören und sind an den vier Fragestellungen „Ça te va ça?“, „Qu'est ce que t'en pense?“, „Ça te plait ça?“ und“Ça va pas la tête?“ hängengeblieben. Armin hat sich dann die Genehmigung eingeholt und durfte die Samples benutzen. Wir finden den Song bzw. das Resultat ziemlich abgefahren und haben ihn letztendlich mit auf die E.P. gepackt. Momentan ist er einer meiner Favoriten - speziell bei nächtlichen Autofahrten.

BODYSTYLER: "Mission complete" - was kommt jetzt?
DANIEL GALDA: Das Video zu "Self-fulfilling Prophecy" steht jetzt schon im Netz und am 17.2. erscheint die Single offiziell bei den gängigen mp3-Downloadportalen wie iTunes, Amazon etc... Parallel dazu gibt es eine mega-limitierte handnummerierte physische Variante für Fans und Sammler. Wir bieten diese, so lange der Vorrat reicht und auch gerne mit Widmung, unter anderem in unserem Webshop an. Also einfach vorbeischauen und bestellen. Die ganze Abwicklung ist relativ simpel gehalten. Die Albumproduktion sollte spätestens im Spätsommer abgeschlossen sein. Die Songs, die bisher schon fertig sind, gefallen mir alle sehr gut. Du darfst gespannt sein - PURE GERMAN BASS MACHINE MUSIC (lacht).

BODYSTYLER: Da bin bestimmt nicht nur ich gespannt. Vielen Dank für das nette Gespräch!

Das Video zu "Self-fulfilling prophecy":
http://www.youtube.com/watch?v=LJwOQVXxipk&feature=colike