Schiller

Besonders helle Musik

06.11.2012 - Der Name Schiller steht seit dreizehn Jahren nicht mehr nur ausschließlich für deutsche Dichtkunst, sondern auch für äußerst gepflegten Ambient-Pop. Mit dem siebenten Album "Sonne" kredenzt uns Mastermind Christopher von Deylen erneut eine bunt glitzernde Mischung entspannt groovender Lieder, die teils instrumental, teils mit Hilfe hochkarätiger Gastvokalisten für Wohlbehagen sorgen. Von: Torsten Pape

Image Hinterrücks erleuchtet... (Foto: Philip Glaser )

BODYSTYLER: Wenn man sich allein die Titel Deiner Alben betrachtet, wird schnell klar, dass Du Dich gern mit elementaren Dinge beschäftigst. Woher stammt diese Neigung / das Interesse, Dich in diesen weiten, mal philosophischen, mal spirituellen und oft sehr emotionalen Dimensionen zu bewegen? Bist Du ein Mensch, der im Privaten auch gern in großen Maßstäben oder gar global denkt?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: In der heutigen Zeit ergibt sich das 'globale Denken' ja eigentlich ganz automatisch, daran kommt man gar nicht mehr vorbei. So gerne wir uns in einer Komfortzone aufhalten, die wir meinen kontrollieren zu können, so sehr sind wir doch von Einflüssen aus der gesamten Welt geprägt. Daraus folgt dann ein stetiges Relativieren des eigenen Standpunktes. Das ist schon sehr wichtig für mich, denn am Ende sind wir ja dann doch nur das berühmte 'Staubkorn'. Tatsächlich sind wir umgeben von einem unermesslichen, unendlichen Reiz-Reservoir. Immer wieder einmal kurz innezuhalten erscheint mir sehr essentiell. Vermutlich nehme ich mir deswegen auch soviel Zeit und Energie für mein Tun, sei es im Studio oder auf Tour.

BODYSTYLER: Auch auf dem neuen Album erlebt man unfassbar viel Harmonie in deinen Songs. Ist für Dich eigentlich ein Zuviel an Harmonie vorstellbar?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Es kommt, glaube ich, auf die Art der Harmonie an. Natürlich können fortwährende 'Happiness' und Dauer-Dur sehr eindimensional und enervierend wirken. Eine gewisse Spannung sollte schon zugegen sein. Einfach nur hysterisch 'Gute Laune' zu skandieren, ist unehrlich und geht am Wesen des Menschen vorbei. Harmonie im Sinne von 'Einklang' beziehungsweise 'in sich ruhen' ist für mich dagegen sehr positiv besetzt. Dabei ist dann aber der Weg das Ziel - es gibt ja ganze Glaubensgemeinschaften, in denen man ein Menschenleben lang diese Harmonie sucht. Wenn das dann zu allgemeiner Friedfertigkeit führt, dann ist das ungeheuer viel wert. Authentische Harmonie? Viel hilft viel, würde ich sagen.

"Ich finde es sehr bemerkenswert, wenn sich ein etablierter Künstler aus seinem angestammten musikalischen Umfeld heraus auf die Schiller-Insel entführen lässt."

BODYSTYLER: Wo siehst Du persönlich noch Steigerungspotential, was die Klarheit, die Mehrdimensionalität und Tiefe Deiner Songs und Klanggebilde angeht? Mit Deinem perfekt in Szene gesetzten Sound bringst Du das menschliche Gehör doch jetzt schon an seine Grenzen...
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Wenn ich das wüsste… Vielleicht höre ich ja eines Tages auf, weil es nicht mehr weitergeht. Das wäre auf jeden Fall die einzig denkbare Option für den Fall, dass ich nichts Neues mehr erfühlen kann. Vielleicht geht es aber auch gar nicht so sehr darum, sich stetig zu steigern, sondern eher darum, sich zu verändern. Vermutlich ist es die Neu-Gier, die mich am Leben hält, mich immer wieder dazu bringt, Neues zu entdecken. Ich wünsche mir sehr, dass das noch eine Weile so bleibt. Ich wüsste auch gar nicht so recht etwas anderes mit meiner Zeit anzufangen. Denn am Ende besteht das Leben ja vor allen Dingen aus - Zeit. Aus ihr das Schönste zu machen, das ist jeden Tag eine neue Herausforderung - kann aber auch ein großes Glück bedeuten.

BODYSTYLER: Vom neuen Werk gibt es (wieder / wie von den Vorgängern gewohnt) grandios viele Editionen. Kritische Frage: Was machen jene Fans, die finanziell nicht die Möglichkeit haben, sich immer jede Version eines Albums zu kaufen, um so in den Genuss aller neuen Songs kommen?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Der empfundene Wert von Musik ist natürlich sehr subjektiv. Wie soll man das auch beziffern? Nach Spielzeit, oder nach Anzahl der Tracks? Das umfangreiche Hauptwerk des neuen Albums besteht aus einer aufwendigen Box mit 2 CDs und 2 DVDs. Soviel ich weiß, kostet das im Laden ca. 30 Euro - gemessen an der Fülle des Inhalts könnte man dies als durchaus angemessen beurteilen. Die digitalen Download-Versionen sind sogar noch etwas günstiger, so dass der Interessierte die freie Wahl hat.

BODYSTYLER: Es ist schon keine Selbstverständlichkeit zwei Monate vor VÖ in den Top 30 der amazon-Charts herumzuschwirren... Wie nimmst Du persönlich so eine Meldung auf?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Oh, bis eben wusste ich gar nichts davon (lacht). Es freut mich natürlich sehr zu sehen, dass es offenbar großes Interesse am neuen Schiller-Album gibt, ist durchaus schmeichelhaft. Aber ich lege es ja nicht drauf an. Das kann man auch gar nicht, und man kann es schon gar nicht können wollen. Wenn dem Publikum das, was ich mache, gefällt, dann ist das wunderschön. Aber alles dranzusetzen, zu 'gefallen' - das geht nicht. Das wäre ein Irrweg, bei dem man sich sehr schnell verliert. Für mich ist es sehr wichtig, bei mir zu bleiben und da sind Erfolg oder Anerkennung nicht unbedingt der wichtigste Indikator.

"So gerne wir uns in einer Komfortzone aufhalten, die wir meinen kontrollieren zu können, so sehr sind wir doch von Einflüssen aus der gesamten Welt geprägt."

BODYSTYLER: Mich würde interessieren, ob Du Dir Deine GastsängerInnen immer selbst aussuchst oder ob mittlerweile auch Künstler, Manager oder Plattenfirmen an Dich herantreten, um eine Kollaboration anzufragen?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Bisher hat mich noch niemand gefragt. Das ist mir aber eigentlich ganz lieb, denn selber zu forschen und zu entdecken - das ist sehr reizvoll für mich. Außerdem ist es wahnsinnig spannend, selber auf Menschen zuzugehen, zu erleben, wie sie auf meine Musik reagieren.

BODYSTYLER: Bei der neuen Single treffen zwei der aktuell erfolgreichsten, deutschen Künstler aufeinander. Man fragt sich fast, warum diese Zusammenarbeit nicht schon früher stattgefunden hat. Ist Dir bewusst, dass es neben der garantierten Chance auf einen Top- bzw. Nummer 1-Hit auch viele kritische Stimmen zu "Sonne" geben wird? Unheilig ist ja eine Band, die in den letzten Jahren neben ihrem Erfolg auch sehr polarisiert....
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Ehrliche Antwort? Das interessiert mich nicht im Geringsten. Du kannst zwei Menschen ein und denselben Song vorspielen, und du bekommst garantiert mindestens drei verschiedene Reaktionen darauf. Wenn man bei jedem neuen Song, bei jedem neuen Album zuerst darüber nachdenken würde, wie das wohl beim Publikum ankäme, dann wäre man hoffnungslos verloren. Nein, es geht darum, der inneren Stimme zu lauschen und dem dann bedingungslos nachzugehen. Mein gemeinsamer Song mit Unheilig ist nicht mit Absicht auf 'Hit' getrimmt - das ginge ja auch gar nicht. Ich mag die Stimme des Grafen, und nur das zählt. Außerdem finde ich es sehr bemerkenswert, wenn sich ein etablierter Künstler aus seinem angestammten musikalischen Umfeld heraus auf die Schiller-Insel entführen lässt. Und wenn das am Ende dann polarisiert, ist mir das auf jeden Fall lieber, als wenn die Reaktion 'Ach ja, ganz nett irgendwie.' lautet.

BODYSTYLER: Ich würde ja fast behaupten, dass man mit dieser Art von Musik, vor allem global gesehen, nicht viel mehr Erfolg haben kann. Wo siehst Du in der Zukunft Ziele und Motivationen für Dich?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Erfolg ist ja genau der falsche Motivator. Erfolg ist nie das Ziel. Es geht mir um die Weiterentwicklung von Schiller, um meine persönliche Weiterentwicklung und all das, was daraus noch entstehen kann. 'Der Weg ist das Ziel' - so simpel sich das anhört, so viel Wahrheit steckt doch darin. Sich wachzuhalten, die Augen und Ohren immer offen, das ist das Wichtigste und Schönste für mich. Auf dieser Reise gibt es noch so unglaublich viel zu entdecken, ich bin schon richtig ungeduldig zu erleben, was noch alles passieren wird. Die Reise geht weiter...

BODYSTYLER: Du hast in Deinem Schaffen bereits ausgiebig mit dem Medium Film gearbeitet. Ist es eine Option für Dich, direkt in die Filmmusik-Branche einzusteigen?
CHRISTOPHER VON DEYLEN: Tja, das ist so eine Sache. Auf der einen Seite scheint meine Musik eine gewisse visuelle Komponente zu haben. Der Zuhörer sieht Bilder, die Klänge erzeugen, einen 'Film im Kopf'. Zu viel Realität in Form von vorgefertigten Bildern muss da nicht unbedingt hilfreich sein. Es gab schon viele Gespräche mit Regisseuren, aber zum einen stelle ich immer wieder fest, dass man beim Film noch viel neurotischer ist, als in der Musik, und zum anderen hat Filmmusik wahnsinnig viel mit Handwerk zu tun. Ständig ändert sich der Schnitt, immer wieder müssen Melodiebögen daraufhin angepasst werden. Ganze Szenen entfallen von heute auf morgen, und oftmals endet man dann im 'kleinsten muskalischen Nenner'. Vermutlich liegt mir all das nicht besonders, so dass ich das dann lieber Komponisten überlasse, die etwas weniger mit ihrem eigenen Werk verbunden sind, sich daher leichter mit diesen laufenden Änderungen abfinden können. Wenn hingegen jemand einen Schiller-Track, so wie er ist, für seinen Film nehmen möchte: Sehr gerne.

23.11.12 Frankfurt Jahrhunderthalle
24.11.12 Düsseldorf Philipshalle
25.11.12 Hamburg o2 World
26.11.12 Bremen Pier 2
27.11.12 Rostock Stadthalle
29.11.12 Bielefeld Ringlokschuppen
30.11.12 Siegen Siegerlandhalle
01.12.12 Leipzig Haus Auensee
03.12.12 Chemnitz Stadthalle
04.12.12 Freiburg Rothaus-Arena
05.12.12 Nürnberg Meistersingerhalle
06.12.12 München Zenith
07.12.12 Stuttgart Porsche-Arena
08.12.12 Dresden Messe
09.12.12 Berlin o2 World