mind.area

Interessante Uneindeutigkeiten

03.01.2013 - Dieses Projekt von Maikko A. (Human Decay) versorgt die Liebhaber komplexer, verschachtelter Klänge bereits seit geraumer Zeit mit dem Stoff, den ihre Ohren brauchen. Der neueste Tüftler-Streich "maze" überzeugt erneut durch hochwertige Klangkonstrukte und eine beeindruckende Zahl von mitwirkenden Gästen. Von: Torsten Pape

Image Auch als Studioprojekt kann man sich dreckig machen. (Foto: Promo)

BODYSTYLER: Bei der Einordnung deiner Musik wird man schnell unschlüssig, ob es nun noch Industrial oder eher Electro oder doch schon IDM ist. Nervige Haarspalterei oder ernst zu nehmendes Problem?
MAIKKO: Für mich definitiv nicht. Ich weiß, es ist sicher für einige schwierig, aber ich gehe dabei von mir selbst aus. Neue interessante Musik habe ich noch nie entdeckt, wenn nicht das Artwork und eine uneindeutige Beschreibung des Stils mein Interesse geweckt hätten.

BODYSTYLER: Deine Klanggebilde sind über die Jahre immer komplexer und vielschichtiger geworden. Wie behältst du bei den vielen "verbauten" Elementen den Überblick und wie vermeidest du, dass am Ende ein einziger Soundmatsch entsteht, dessen Bestandteile sich untereinander nur unzureichend abgrenzen?
MAIKKO: Mir kommt das gar nicht so vor, dass es noch komplexer geworden ist (lacht). Aber im Ernst: Es fliegen bei der Nachbearbeitung immer wieder Sounds raus, weil sie sich überlagern. Neuerdings probiere ich hin und wieder, etwas minimaler an die Tracks ranzugehen. Mal sehen, wo mich die Reise zum nächsten Album damit hinführt.

"Die Einnahmen aus einer regulären, digitalen EP-Veröffentlichung sind teilweise so ernüchternd, dass man es lieber gleich für lau anbietet (sofern man von Verwertungsgesellschaften nicht daran gehindert wird)."

BODYSTYLER: Siehst du "maze" eher als konsequenten, logischen Schritt in deiner Entwicklung oder haben sich aus deiner Sicht grundlegende Dinge verändert?
MAIKKO: Durch technische Veränderungen und auch dazu gewonnene Erfahrung, ist es wohl die logische Fortführung. Der Sound hat sich wohl verändert und ist auch besser geworden, soll aber trotzdem immer anders sein. Natürlich ist das auch immer ein subjektiver Eindruck des Einzelnen, was in den relativ engen Grenzen der "Szene" darf und was nicht. Ich versuche am liebsten zu vermischen, was nicht üblich ist… Durch das Artwork (Design/Haptik) der Digipacks soll trotzdem suggeriert werden, dass die Veröffentlichungen zusammen gehören.

BODYSTYLER: Ich finde, dass der Name des Albums gut zur Komplexität und Vielschichtigkeit der enthaltenen Songs passt, was aber zunächst nur ein oberflächlicher Eindruck ist. Gibt es tiefere Hintergedanken, die dem "Irrgarten" / dem "Labyrinth" zu Grunde liegen?
MAIKKO: Genau, das ist eigentlich der Gedanke gewesen. Gefangen von so vielen verschiedenen Gedanken und musikalischen Richtungen - anfänglich vermeintlich nicht zusammenpassend - fügen sie sich dann doch irgendwann ineinander.

BODYSTYLER: Wenn man sich die Beteiligung der vielen Gastmusiker / -sänger anschaut, merkt man schnell, dass mind.area ein recht offenes Projekt ist. Wieviele eigene Ideen haben die Kollegen denn eingebracht und wie sehr wurden dadurch ursprüngliche Strukturen / Ideen verändert oder gar aufgegeben?
MAIKKO: Dies war sehr unterschiedlich. Bei Empty und LPF12 war die Wandlung am markantesten. Eigentlich ist dabei das ursprüngliche Demo kaum noch erkennbar. Mit Sascha (LPF12) war es auch insofern interessant, dass wir uns das Stück in kurzen Abständen immer wieder ausgetauscht hatten und jeder bearbeitete es so, wie er wollte - ohne Vorgabe. Es hat sich gelohnt. Mark (Drowning Susan) setzte hinterher, außer bei seinen Vocals, noch mal zusätzliche musikalische Akzente, die mich dann sehr begeisterten. Bei einigen Tracks habe ich hinterher, nach dem Einsingen der Guest-Vocals, die Tracks noch mal komplett geändert. Ich finde die Arbeit so am interessantesten, da der Verlauf immer etwas anderes ist und nicht vorhersehbar bleibt.

BODYSTYLER: Es ist ungewöhnlich, dass man beim Erscheinen eines Albums schon relativ viele Tracks von anderen Veröffentlichungen kennen kann. Warum hast du zum Beispiel einen Großteil der "Means to an end"-EP in das Album integriert?
MAIKKO: Das ist ein schönes Thema. Eigentlich sollten diese Stücke als Bonustracks zu verstehen sein, eben für die Leute, die noch eine CD in den Händen haben wollen. Digital werden eher meist keine kompletten Alben gekauft, deshalb hab ich die Songs mit aufs Album genommen. Ich möchte eigentlich die Tracks nicht ausschließlich digital veröffentlichen, jedenfalls bin ich noch nicht dafür bereit, obwohl es wahrscheinlich die Zukunft sein wird...

"Ich versuche am liebsten zu vermischen, was nicht üblich ist…"

BODYSTYLER: "Behind the horizon" ist ein gutes Beispiel dafür, dass man meint zu erkennen, dass typische Kraftwerk-Sounds durch den IDM-Wolf gedreht und mit einem Extra-Schuss Big Beat verfeinert wurden. Was fällt dir zu dieser Einschätzung ein und was sagst du zu dem Eindruck, dass die Grundgerüste einiger Songs von Kraftwerk inspiriert scheinen und ähnliche Klänge und Strukturen verwenden?
MAIKKO: Ich kann das leider überhaupt nicht so nachvollziehen. Vielleicht passierte das eher unbewusst. Ich schätze zwar das musikalische Werk von Kraftwerk, aber meine Vorbilder sind eher in ganz anderen Genres zu finden.

BODYSTYLER: Wo siehst du die Zukunft des Projektes? Wohin geht die musikalische Entwicklung und ist zum Beispiel ein Schritt aus dem Studio auf die Bühnen der Welt denkbar?
MAIKKO: Ein Live-Geschichte wird's wohl in naher Zukunft nicht geben. Für mich ist mind.area erst mal nur ein Studioprojekt.

BODYSTYLER: Wirst du auch weiterhin einige deiner Songs/EPs als kostenlosen Download zur Verfügung stellen? Wo siehst du die Vorteile dieser Verfahrensweise und magst du eventuell verraten, wieviele Fans von dieser Möglichkeit bis dato Gebrauch gemacht haben?
MAIKKO: Ich finde das eigentlich sehr interessant. Der Promotion-Effekt ist nicht schlecht. Die Einnahmen aus einer regulären, digitalen EP-Veröffentlichung sind teilweise so ernüchternd, dass man es lieber gleich für lau anbietet (sofern man von Verwertungsgesellschaften nicht daran gehindert wird).

BODYSTYLER: Darf ich Dich an dieser Stelle nach deinen musikalischen Highlights des Jahres 2012 fragen? Kriegst du eine Top 10 evtl. mit jeweils einem kleinen Kommentar zusammen?
MAIKKO: Hmm, so viele Releases gab es dieses Jahr eigentlich gar nicht für mich. Ich möchte auch gar keine Topliste erstellen. Hier also keine weitere Wertung, außer vielleicht Diskonnekted und die auf #1… Der Sound aus Broken Beats-Elektro-Sound mit etwas Gitarrenzugabe und die Autotune gefärbten Vocals waren für mich eine echte Überraschung, da ich davor Diskonnekted noch gar nicht so wahrgenommen hatte.

Diskonnekted - Hotel Existence
Karin Park - Highwire Poetry
Deichkind - Befehl Von Ganz Unten
Baasch - Simple Dark Romantic Songs
Drowning Susan - Cynic
Frontline Assembly - Airmech
Dead When Found Her - Rag Doll Blues
Euzen - Sequel
Sin Cos Tan - Sin Cos Tan
School Of Seven Bells - Ghostory