Peter Rainman (People Theatre)

Stilvoll und bescheiden

26.07.2014 - Der Name des Franzosen Peter Rainman dürfte wahrscheinlich nur Insidern ein Begriff sein. Mit seiner Band People Theatre, seinen zahlreichen, tollen Remixen oder Produktionen sind jedoch viele Fans elektronischer Musik bereits in Berührung gekommen. Anlass für das folgende Interview war seine fantastische Neubearbeitung des letzten !distain-Albums "On/off". Von: Torsten Pape

Image Der Mann im Hintergrund und mit dem Händchen für spannende, gefühlvolle Produktionen. (Foto: Sandie Besso / Carl Neyroud)

BODYSTYLER: Was bestimmt eigentlich Deine Herangehensweise an einen Remix oder eine Neuinterpretation?

PETER RAINMAN: Nun, das hängt wirklich immer von der ursprünglichen Version ab. Manchmal benötigt ein Song einfach nur eine bessere Produktion, manchmal deutlich mehr Aufwand, weil es einfach eine schlechte Vorlage ist. Meistens fertige ich jedoch einfach einen Remix an, weil ich während des Hörens des Songs etwas gespürt habe. Ein kleines Detail, ein Sound, ein Akkordwechsel oder eine Melodie... wirklich eine Menge von Möglichkeiten.

BODYSTYLER: Bevorzugst Du im Falle des "On/off"-Albums von !distain die Beschreibung 'Remix' oder doch eher 'Neuinterpretation' für Deine Bearbeitungen?

PETER RAINMAN: Der Dateiordner für dieses Projekt befindet sich jedenfalls in meiner "Produktion"-Sektion, nicht bei den Remixen. Ich wollte von Anfang an andere Seiten der Songs zeigen, aber dabei die Texte und die Struktur respektieren.

BODYSTYLER: Peter, wie hast Du Dich den Songs denn genau genähert und was schoss Dir durch den Kopf als Du das erste Mal von dem Plan für dieses Projekt gehört hast? Warst Du in irgendeiner Weise vielleicht sogar voreingenommen, da Du die Songs ja bereits kanntest?

PETER RAINMAN: Die Tatsache, dass ich die Songs gut kenne - ich höre "On/off" zum Beispiel sehr oft im Auto - war ein großer Vorteil. Ich kannte bereits jedes Detail und war so bereits an dem Punkt angelangt, an dem man überlegt, welche Teile man hervorheben oder weglassen möchte. Die Grundidee hinter meiner Bearbeitung beruht übrigens darauf, dass das Album hauptsächlich aus TR 909-Sounds der typischen Drum-Machine für House-Music gemacht wurde. Da ich von Drum-Sounds besessen bin, aber mehr auf die des TR 808 stehe, wollte ich auf dieser Ebene Veränderungen einbringen. Zudem habe ich versucht, schnelle und verzerrte Songs mit chilligeren Teilen aufzufüllen. Letztendlich wollte ich jedoch definitiv nie ein "besseres" Album als das Original machen. Es sollte anders werden, nicht besser oder schlechter.

BODYSTYLER: Du hast bereits einen recht tanzbaren Remix von "Monokultur" angefertigt und ich meine, Teile davon auch in der neuen Version auszumachen. Inwiefern kann man die beiden Variationen vergleichen?

PETER RAINMAN: Es ist schon sehr schwierig, erneut eine Variation eines Stückes zu erstellen und deshalb habe ich das in diesem Fall auch erst am Schluss der Produktionsphase getan. Damit es nicht exakt die gleiche Version wird, habe ich mir nur die Gesangsspuren genommen und einen komplett neuen Ordner angelegt. Die BPM-Zahl ist nicht identisch, die Akkorde sind anders und auch die Produktion, aber anscheinend kann ich die Vergleiche doch nicht gänzlich vermeiden, hahaha!

"Wenn es die Herausforderung gibt, das Schöne und die Seele eines Liedes mit einem Remix herauszuarbeiten, dann versuche ich es."

BODYSTYLER: Wann entfachte eigentlich Deine Leidenschaft für die Remixe und was genau war der Funke, der sie entzündete?

PETER RAINMAN: Oh mein Gott, das ist eine verdammt gute Frage! Das begann bereits im zarten Alter von zwölf Jahren, als ich anfing, kleine Details in anderer Leute Songs zu verändern. Den größten Schock versetzte mir diesbezüglich der Radio Edit von Yazoos "Situation '91", den François Kevorkian anfertigte. Das hatte nichts mehr mit dem Original zu tun, eine wahre Wall of Sound! Und das Ding ist, dass er beide Versionen, also auch das Original mixte!!! Dann spielt aber auch meine DJ-Tätigkeit Anfang der Neunziger eine große Rolle. Ich wollte damals mit Extended Versionen arbeiten und habe mich einfach selbst daran versucht.

BODYSTYLER: Du hast in der Vergangenheit bereits viele tolle Remixe angefertigt, so dass ich doch einfach mal frage, welche Wünsche noch unerfüllt sind? Andererseits würde ich aber auch gern wissen, in welchem Fall Du einen Remix-Auftrag ablehnen würdest. Ist das überhaupt schon mal passiert?

PETER RAINMAN: Zunächst einmal Danke für Deine netten Worte! Nach mehr als 430 Remixen und 150 Produktionen gibt es jedoch noch immer Namen, mit denen ich gern zusammen arbeiten und Songs, die ich gern bearbeiten würde. Als ich anfing Anfragen anzunehmen bzw. selbst Anfragen rausschickte, machte ich eine Liste von Namen von denen ich mir eine Kooperation erträumte. Diese Liste ist heute bis auf eine Ausnahme komplett verwirklicht, aber ich glaube, dass ich diese eine Person aus diversen Gründen wohl nie dazu bewegen werde, mit mir einen Deal zu machen. Die einzige Chance besteht darin, diesen Menschen durch weitere gute Produktionen zu überzeugen, was wiederum eine tolle Motivation ist. Ich nehme übrigens nicht alle Aufträge an, obwohl es natürlich auch ein Geschäft ist, das die Pasta auf meinem Tisch finanziert... Ich will damit sagen, dass es mich nicht interessiert, ob es sich um einen großen oder einen unbekannten Namen handelt, aber ganz ohne ein gewisses Interesse meinerseits geht es eben auch nicht. Wenn es jedoch diese Herausforderung gibt, das Schöne und die Seele eines Liedes mit einem Remix herauszuarbeiten, dann versuche ich es. Deswegen habe ich die Jungs von !distain auch oft gebeten, mit mir über die Songs zu sprechen, um sicherzustellen, dass wir über die gleichen Gefühle reden. Bei "Mein Weg" habe ich mich zum Beispiel zunächst auf die Zerbrechlichkeit konzentriert, um im zweiten Teil die Stärke, die die Liebe bringt, zu zeigen. Bei "Second version" oder "Values of trust" waren es offensichtlich eher Gefühle von Wut und Gewalt, die im Vordergrund standen.

"Den größten Schock versetzte mir der Radio Edit von Yazoos "Situation '91", den François Kevorkian anfertigte."

BODYSTYLER: Wie würdest Du selbst eigentlich die Dinge beschreiben, die Deine Remixe so speziell und populär machen?

PETER RAINMAN: Ehrlich gesagt bin ich mir überhaupt nicht sicher, was sie ausmacht. Sind sie überhaupt speziell oder populär? Manche Leute sagen, dass meine Melodien sie berühren, andere behaupten das Gleiche von meinen Sounds. Ich weiß es nicht. Ich bin nur ein sensibler Mensch, der Gefühle zeigen und den Dingen eine Seele geben möchte.

BODYSTYLER: Wie würdest Du eigentlich den Moment beschreiben, in dem Du merkst, dass Du den Zugang zu einem Song gefunden und das Gefühl hast, ihn auf eine andere Ebene bringen zu können?

PETER RAINMAN: Manchmal geht das ganz schnell und die Ideen kommen mir bereits beim ersten Hören und Entdecken des Liedes. Manchmal sind es kleine Schwächen, die ich beseitigen möchte oder einige Bestandteile "reden" mit mir. Bei Bands wie !distain ist das etwas komplizierter, da die Qualität des Ausgangsmaterials bereits hoch ist. Da geht es dann nicht darum, eigene Ideen hinzuzufügen, sondern man muss etwas komplett Neues kreieren. Ich knie mich dann so lange hinein, bis ich die passende Idee in meinem Kopf höre. Dann geht es möglichst schnell ins Studio, um diese dann auch umzusetzen.

BODYSTYLER: Magst Du vielleicht zum Abschluss die Gelegenheit nutzen, um uns etwas über anstehende Veröffentlichungen oder Projekte zu erzählen?

PETER RAINMAN: Da ich fast wöchentlich einen Remix-Auftrag oder eine neue Produktion am Start habe, ist es schwer, einen aktuellen Stand zu vermitteln. Ich konzentriere mich jedoch seit einiger Zeit bereits auf mein Debüt-Doppel-Album und probe auch für Konzerte. Außerdem produziere ich Songs für meine Nebenprojekte Adan & Isle und Black Egg. Am besten, man schaut einfach auf meine Facebook-Seite.