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Marillion "An hour before it`s dark"

Ich erinnere mich noch an Jugendzeiten, wo wir mit dem Rad und der gerade neu veröffentlichten Marillion-Kassette „Misplaced Childhood“ im Ghettoblaster zum Baden gefahren sind. Und nun erscheint schon das 20. Studio Album dieser Gruppe, die natürlich mit der damaligen Band um Frontsänger Fish ( 1982 bis 1987 ) nichts mehr zu tun hat. Aber es wäre tatsächlich spannend gewesen, wie die „alten“ Marillion heute klingen würden, sehr wahrscheinlich wie die aktuellen pathetisch-bombast-mäßigen Fish Soloplatten.
Die „neuen“ Marillion bestehen seit 1988 aus Steve Hogarth – Gesang, Piano, Steve Rothery – Gitarre, Ian Mosley – Drums, Mark Kelly – Keyboards und Pete Trewawas am Bass und gehen von der Ausrichtung eher in Richtung emotionaler und intensiver Progrock a la Pink Floyd, Porcupine Tree, IQ, RPWL oder Eloy usw. und was besonders auffällig ist, dass die Tracks mit der Zeit länger wurden und komplexer angelegt sind. Das war auch schon bei der letzten Veröffentlichung „Fear“ aus 2016 so. Auf dieser Platte ging es übrigens thematisch um die Sorgen der Menschheit in der Zukunft und diesmal neigt sich der Weltuntergang schon dem nahen Ende zu, soll heißen, die Truppe nimmt sich aktueller Szenarien wie der Pandemie, Klimakatastrophen und allgemeiner Endzeitstimmung in der Konsumgesellschaft an, die globale Erschütterung hat die Protagonisten anscheinend sehr beschäftigt.
Die sieben Tracks der neuen Platte mit knapp 55 Minuten Spielzeit enthalten auch wieder ausufernde und tiefgehende Lieder zwischen 9 und 15 Minuten mit pointiert aussagekräftigen Lyrics, kommen aber in ihrer Gesamtheit mit einer großen Dynamik, starken Melodien sowie grandiosen Arrangements daher. Man kann also von einem kraftvollen und treibenden Prog-Album par excellence sprechen. Nun zu den 7 Songs der 20. Veröffentlichung:
Den Auftakt des Albums macht „Be Hard On Yourself“, dieser Track (09:27 Min.) ist musikalisch in drei Teile unterteilt und kommt episch, rockig bis atmosphärisch daher. Es geht um Konsumgüter der Gesellschaft. In „“Reprogram The Gene“ (07:00 Min), dem rockigsten Stück der Platte, wurde das System mit der dreiteiligen Umsetzung ebenfalls eingesetzt und hier geht es um Gesellschaftspolitik im Allgemeinen. Bei „Only A Kiss“ (29 Sek.) wurde instrumental produziert und es geht auch direkt in den äußerst melodischen Song “Murder Machines“ über (04:20 Min), der von der Pandemie und der dadurch entstandenen Isolation der Menschen handelt. Beim Lied „A Crow And A Nightingale“ (06:35 Min) handelt es sich um eine Hommage an den von Marillion sehr verehrten Leonard Cohen und das Ganze wurde mit Piano und Chören sehr stilvoll umgesetzt. In „Sierra Leone“ (10:51 Min) greift wieder das Konzept der ersten beiden Songs, aber diesmal gar mit einer fünfteiligen Unterteilung. Es geht musikalisch eher ruhig zu, wird aber zum Finale etwas rockig, rhythmischer. Und dann das formidable Grande Finale, hier haben sich Marillion das Beste wahrlich zum Schluss aufgehoben. Der emotionale Song „Care“ (15:19 Min) wurde zum Abschluss in vier Tracks eingeteilt und das Thema Sterblichkeit und das Wissen um die eigene Endlichkeit wurden dementsprechend huldvoll und hymnisch umgesetzt. Für mich schon jetzt ein bewegendes Stück Musik, das live sicher mit großen Gesten präsentiert wird. Über allem thront natürlich die markante Stimme von Steve Hogarth und vor allem auch die brillanten Gitarrensoli von Steve Rothery, das ist fast selbstredend.
Für Freaks der oben genannten Bands ein absoluter Pflichtkauf, hier bekommen die Fans ein Prog Rock Album wie aus einem Guss. Ich freue mich schon auf eventuelle Livekonzerte. (Sven Hauke Erichsen - Northern Art Music)

Label earMusic / Edel | 04.03.2022 | Homepage www.marillion.com

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