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Fïx8:Sëd8 "Humanophobia : Dormicum"
2006 und 2009 erschienen die ersten beiden Alben von Fïx8:Sëd8 in Eigenregie und sind heute gesuchte Sammlerstücke. Zwischen 2017 und 2021 veröffentlichte Mastermind Martin Sane drei weitere Alben beim etablierten Szene-Label Dependent und festigte seinen guten Ruf in der Electro-Szene. Liebhaber ausgefeilter Dark Electronic mit reichlich Samples, aber auch einem Gespür für hypnotische Melodien kommen bei Fïx8:Sëd8 voll auf ihre Kosten.
Anno 2024 können nun auch die später hinzu gekommenen Fans ihre Sammlung vervollständigen, denn die ersten beiden Werke werden in äußerst aufwändiger Form als Doppelpack wiederveröffentlicht. Neben einem kompletten Remastering durch Arnte (Pyrroline) und dem Ersetzen irreparabler Spuren wurden dem aufpolierten Klangerlebnis sogar drei Bonustracks hinzugefügt. Die angemessene optische Präsentation wird durch ein beeindruckendes Artbook gewährleistet, welches neben allen Texten, grafische Elemente der Originale, aber auch neue Fotos der ursprünglich verwendeten Bilderserien enthält. Im Zusammenspiel ergibt das ein sehr stylisches Paket, das die Anschaffung absolut lohnt.
Bereits nach dem ersten Durchlauf von "Humanophobia" ist man als Hörer beeindruckt, wie gut die zeitliche und klangliche Lücke zu den Folgewerken geschlossen wurde. Unweigerlich wirkt das Konzept-Werk, eine Auseinandersetzung mit den Greueltaten der Roten Khmer in Kambodscha, noch bedrückender. Tanzflächenfüller wie "Damien", "Monolith" (Rebuild world),"Ultraviolet" oder "Fetishist" knallen ungleich brutaler in den Schädel und unter dem Kopfhörer verliert man sich noch mehr in den gekonnt arrangierten Klangschichten. Der Bonustrack "Lethargia" bringt das Werk zum einen jenseits der 70 Minuten-Marke und ist zudem eine so gar nicht lethargische, weil tanzbare Ergänzung, die erneut Schmerz, Dunkelheit, Wut und Schwäche thematisiert.
Knüpft "Humanophobia" oft an die tanzbaren Hits von Formationen wie Skinny Puppy, Velvet Acid Christ, Front Line Assembly oder auch Mentallo & The Fixer an, geht es auf "Dormicum" zunächst etwas ruhiger zu. Nicht umsonst ist der Titel der Name eines Medikamentes, welches den Wirkstoff Midazolam enthält. Dieser gehört zur Gruppe der Benzodiazepine und hat eine beruhigende bis einschläfernde Wirkung auf den Menschen. Hinzu kommt der Effekt, dass man eine temporäre Amnesie erfährt, sich also an nichts erinnern kann. Bereits mit dem dritten Track "Post mortem apocalypse" ist es jedoch vorbei mit der Ruhe, die eigentlich keine war. Vielmehr zieht es den Konsumenten erneut auf die Tanzfläche, um dort bis zur Besinnungslosigkeit abzuzappeln. Der Kreis des Vergessens schließt sich... Danach fällt das Album erneut in eine eher schwerfällige Gangart. Fein arrangierte Klangkonstrukte türmen sich auf und entfalten eine lähmende Wirkung. Ein Entrinnen ist nicht möglich. Erst mit dem treibenden "Needle" kommt wieder Schwung in die Bude bevor "Chromatose" und der Titeltrack erneut für Entschleunigung sorgen. Diese wird mit dem ersten Bonustrack "Homicide in heaven" noch prolongiert und mit dem Club Edit von "Post mortem apocalypse" erfolgreich beendet. So geht es hüpfend in Richtung Abgrund bzw. Delerium und man freut sich einfach über diese geschmackvolle Wiederveröffentlichung zweier bedeutender Meilensteine der (deutschen) Electro-Kultur. (Torsten Pape)
Label Dependent | VÖ 06.09.2024 | Homepage www.facebook.com/Fix8Sed8