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KiEw

"Manch einer munkelt ja auch, das KiEw „Kotze im Einkaufswagen“ heißt!"


Die letzte Begutachtung des Dr. Andreas Thedens & seiner Mitpatienten im elektro-akkustischen Krankenbett erfolgte vor über vier Jahren im Kern durch Reoperationen von klinikfremden Ärzten. Um neuere Erkenntnisse aus der überfälligen Routinenachsorge in Sachen Audiotherapie zu erlangen, drohten wir ihm mit einer Kopfpauschale bei Feinkost Käfer & entbanden ihn kurzerhand von seiner Schweigepflicht.

Interview:
Ivo Klassmann // Spider // © 2010
 
KiEw's Anstaltszimmer sind in der Regel immer recht hübsch eingerichtet // Foto: Sackmann7 © KiEw
 
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»In ausufernden Therapiesitzungen wurde uns nah gebracht, das wir nicht immer so negativ sein sollen.«
Andreas Thedens
 
 
 
 
 
 
 
 
KiEw "Mental [per]Mutation"
VÖ: 05.03.10, Out Of Line Neues aus der Anstalt... & nicht Georg Schramm ist hier die Heilsfigur. Dr. Thedi, jener Virtuose des Dancefloor-Industrial, verklickert uns in 16 Therapiesitzungen wie heilsam ein mächtig pumpender, sinnlich körperlicher Bass & witzige Samples sein können. Im Zentrum von KIEw‘s Konzept charismatisch debiler Fürsorge steht einmal mehr das Experimentelle, welches mit außergenrealltäglichen Placebos & hypnotischen Erinnerungsrückführungen ausgestattet ist & deshalb als hochwirksam empfunden wird. Nicht nur zum „Käferfrühstück“... & weil ja jede Permutation eine Komposition von 2-Zykeln ist, wird auch der Zappelphilipp auf der Mix-Scheibe bestens versorgt. (Ivo Klassmann)

 
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KiEw.org
 
 
 
 

Bodystyler: 'Lament' entsteht aus 'Mental' durch Permutation der Buchstaben. Klingt doch irgendwie traurig, oder?
Dr. Thedens: Lament mal, Du hast uns erwischt! Zwar gibt es Musik für Alkoholiker oder Musik für...Musik für Hypochonder, aber er leidet an einer akuten Melancholie, da helfen weder Mozart noch blaue Musketier-Bärte. Generell sind wir aber keine Kinder von Traurigkeit und feiern feste die Feste, egal wie Buchstaben fallen – und durchaus auch mal, bis man auf die 4 Buchstaben fällt.

Bodystyler: Bleiben wir bei Zahlen… Warum Mister 29 und nicht 28 oder 30. Was für eine Botschaft verbirgt sich hinter der geheimnisvollen 29?
Dr. Thedens: Mister 29 ist der Rabauke in Deinem Kopfraum, die ungeliebte Persönlichkeit eines (poly)schizophrenen Patienten. Er ist die Persönlichkeit Nummer 29, die auftaucht, nachdem man sich schon mit den anderen 28 Persönlichkeiten arrangiert hat und eigentlich mit allen gut ausgekommen war – bisher... Mister 29 ist der Unruhestifter und ungebetene Gast, der randalierende Kopfbesetzer, der wilde Parties im Oberstübchen feiert und Dein Hirn verwüstet. Während du noch überlegst, ob du dich mit ihm arrangieren solltest oder nicht, ist er schon Bestandteil Deines Lebens.

Bodystyler: Bestandteile muss man hinterfragen… Gehören zu einer klinisch-psychiatrischen Vollversorgung tatsächlich 8 Versionen von "Mister 29"?
Dr. Thedens: Die weiteren 21 Versionen haben leider nicht mehr auf die CD gepasst. Du findest somit auf dem Bonus-Tonträger die Basisbehandlung, welche aber auch noch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Die Vollbehandlung umfasste ursprünglich 29 Versionen, wird aber nur von ausgewählten Privatkassen getragen.

Bodystyler: Apropos privat… Wart Ihr eigentlich schon mal in Kiew ?
Dr. Thedens: Das kommt ganz darauf an, ob damit die Stadt KiEw, aus Frequenzen in der 4. Dimension errichtet, gemeint ist oder Kiew, die Hauptstadt der Ukraine – und im zweiten Fall kommt es dann noch ganz darauf an, ob die Anwesenheit physisch gewesen sein muss - meine Vorfahren kommen jedoch aus der Nähe von Kiew, insofern ist zumindest auch im zweiten Fall einer von uns fast persönlich dagewesen.

Bodystyler: Die Ukraine ist zwar wieder nicht Sieger beim Grand-Prix geworden, aber bleiben wir mal da… Ist die Fortführung der "Retrograd" Reihe auf routinemäßige Laborbefunde zurückzuführen, oder schlicht ein nicht-medizinisches Serviceangebot?
Dr. Thedens: Man kann es so ausdrücken. Tatsächlich ist diese Fortführung ein produktiver Rückschritt und beruht auf völlig veralteten Laborbefunden mit besonders hohem Retrograd. Quasi schon festgekrustete blassgrüne Sounds, die man nur noch mit Metallplektron staubig abschaben kann, um sie unter herabstürzenden Anaolgsynthies kunstvoll zu etwas Brandigem und Neuem zu zermahlen. Fehlt nur noch das große Finale – Retrograd X – um dann den Bogen wieder zurück zu neuen Laborer- und -bekenntnissen zu führen.

Bodystyler: Okay, Bogen wieder zurück… Sollte man Kiew zum Katerfrühstück hören und wenn ja welche Songs und wenn nicht was dann?
Dr. Thedens: Im KiEw-Universum ist im Prinzip für jeden Funktionszweck das passende Stück zu finden; so selbstverständlich auch ein Stück für das Katerfrühstück. Welches Stück man hören SOLLTE, ist davon abhängig, welches Ziel man damit verfolgt. Aber eigentlich gibt es ja kaum etwas Entspannenderes als KiEw, wenn der Schädel sich mit unklarem Inhalt zu sehr mit den schemenhaften Nachtkätzchen befasst hat. Aktuell empfehlen wir "Stille/Stimme", da dieses Stück das verkaterte Bedürfnis nach Ruhe besonders treffend zum Ausdruck bringt. Ansonsten sollte man einfach mit dem Song weitermachen, mit dem man am Abend zuvor aufgehört hat.

Bodystyler: Angefangen habt Ihr Morgens mit einem "Käferfrühstück"… In Ecuador wird das mit Mais & Zwiebeln gebraten. Wie bereitet Ihr das, in eurer fremden seltsamen Welt, zu?
Dr. Thedens: Also, ich könnte jedenfalls nie einen Käfer essen. Abgesehen davon, das wir eine vegetarische Anstalt sind, kommen hier auch keine Insekten in den Topf. Wer weiß, ob nicht eine Schnecke über diesen Käfer geschleimt ist und dabei die Larven eines Ratten-Lungenwurms hinterlassen hat, was mit Pech dann zum Unwohlsein bei nicht-vegetarisch lebenden Anstaltsbesuchern führt. Das Fluchen von Schwester Hildegard bei der Kloreinigung möchte hier niemand mehr hören, die Folgen sind auch nicht für jeden tragbar. Nicht umsonst sind frühe Auszüge aus unseren Patientenakten unter anderem mit „Zerlegung eines menschlichen Körpers“ betitelt und manch einer munkelt ja auch, das KiEw „Kotze im Einkaufswagen“ heißt. Es ist eine fremde, seltsame Welt...

Bodystyler: Patientenakten, gutes Thema… Ein scharfer Wind weht ja um die "Institutsambulanz" & "Dr. Friendly" ist debil. Ist das Eure Auffassung von hochwertiger Patientenbehandlung gemäß § 137 SGB V?
Dr. Thedens: § 137 SGB V kommt in Zimmer 72 nicht zur Anwendung - die Station Odessa hat ihre eigenen Gesetze. Dr. Friendly kann durchaus auch recht freundlich lächeln, das hat er mit dem Clown aus Stephen Kings „Es“ gemeinsam. Eine nette, beherrschte Persönlichkeit, die für die Qualitätssicherung der Anstalt unabdingbar ist. Er zeigt dir auch gern die Institutsambulanz - du musst nur nachfragen, ob denn die Patientenbehandlung auch ordnungsgemäß § 137 SGB V ist. Da lacht er dann immer besonders nett!

Bodystyler: Nett ist ja wohl auch Euer demnächst  anstehender Support für Philip Boa auf der Bühne. Wie kommt es zu dieser interessanten Verknüpfung?
Dr. Thedens: Phillip Boa hat uns vor kurzem kontaktiert und als Special Guest auf seine Bühne gebeten, nachdem wir vor einiger Zeit mit ihm zusammen beim Dark Dance Festival gespielt haben. Es scheint, als hätte ihm unser Auftritt ebenso gefallen, wie uns seiner. Phillip Boa spielt mit den Genres, ohne sich mit ihnen zu verheiraten, das hat er mit einem gewissen Patientenkollektiv gemeinsam. Uns erfüllt das mit Freude und wir sind auf diesen Abend sehr gespannt!

Bodystyler: Spannend & fabelhaft ist auch was ihr nach 20 Jahren alles auf Platte habt, aber was ist denn nun die Musik gegen akute "Melancholie"... etwa die ersten 30 Sek. von "All I Need“?
Dr. Thedens: Gegen etwas zu sein oder zu haben, klingt so negierend, in ausufernden Therapiesitzungen wurde uns nah gebracht, das wir nicht immer so negativ sein sollen, deswegen haben wir keine Musik gegen akute Melancholie, aber wir haben die ideale Musik für Aerobic oder die Gruppentanztherapie, Musik für Hypochonder oder Musik für...Musik für Melancholiker. Wenn dir die ersten 30 Sekunden von „All I Need“ noch nicht Besserung verschafft haben, empfehlen wir dir zum Rest des Stückes einer engagierten Tanztherapie beizuwohnen. Für die Risiken und Nebenwirkungen übernehmen wir natürlich keine Haftung,  empfehlen wir dir aber ergänzend eine Vollpackung mental [per]mutation.

Bodystyler: Apropos Nebenwirkungen… & noch mal zurück zum "Käferfrühstück". Ihr wisst schon, dass diese als Spanische Fliege bezeichnete Käfer-Pampe rein gar nix in Sachen Libido bringt?
Dr. Thedens: Stationsschwester Hildegard wird dich eines besseren belehren. Komm doch einfach mal vorbei, Besuchszeiten findest Du unter www.kiew.org

Bodystyler: Okay…  Würde Hildegard den BODYSTYLER evtl. als Fixpunkt bezeichnen…?
Dr. Thedens: Eher als Fixstern. ;) Ansonsten ist das Bodystylergesamtwerk natürlich in mehrfacher Ausführung in jedem Therapiezimmer hinterlegt – nach der Komplettlektüre sind dann zwar weitere ausgiebige Therapiesitzungen fällig, die übernimmt aber gern der neue Assistenzarzt Alfred E. Neumann. Ich hörte sogar, dass es den Bodystyler an einem stillen Örtchen in der Anstalt geben soll, dort scheint aber nur der Oberarzt Zugang zu haben.

Bodystyler: Gibt es denn Künstler für die ihr gerne mal einen Remix machen würdet, die aber frecherweise noch nicht angefragt haben?
Dr. Thedens: Madonna, Björk, Phillip Boa, The Prodigy, Tokio Hotel, Underworld, Rob Zombie, Beastie Boys, Einstürzende Neubauten.


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© 2010 // Bodystyler ElectroZine
Homepage: KiEw.org

KiEw aktuell auch in: Bodystyler Print #36 »

 

 
 
 
 
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