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The Mission

"Unsere Abschiedsshows waren eher eine riesengroße Party als eine Beerdigung!"


Nach über 20 Jahren, in denen The Mission die (gotische) Rockwelt mitgestaltet haben, gibt es nach der opulenten Auflösungsparty 2008 nun einen Nachschlag zum finalen Album "God is a bullet". Auf "Dum-dum bullet" – so der Titel des Werkes – finden sich rare und unveröffentlichte Stücke, die Bandkopf Wayne Hussey zusammengetragen und herausgeputzt hat.

 
Interview: Torsten Pape // © 2010
 

Hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er gern mal Filmmusik schreiben würde: Hussey (2.v.r.)

 
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»Madonna ist ein bisschen "bitchy", also könnten wir bestimmt gut über Lady Gaga lästern!«
Wayne Hussey
 
 
 
 
 
 
 
The Mission "Dum-Bum Bullet"
VÖ: 25.06.10, SPV The Mission sind tot – es lebe The Mission. Seit der Auflösung gab es bereits mehrere lohnenswerte Wiederveröffentlichungen alter Alben sowie Live-Mitschnitte zu erwerben. Nun erscheint eine Kopplung von B-Seiten und unveröffentlichtem Material aus der Zeit um das Erscheinen des letzten Werkes "God is a bullet". Selbst wer die Singles besitzt, sollte angesichts der fantastischen Songs "Room 22", "So many things" und "The earth you walk upon", sowie der göttlichen A capella-Version von "Aquarius & Gemini" über einen Kauf nachdenken. Letztere macht übrigens Lust auf die anstehende Zusammenarbeit von Bandkopf Wayne Hussey mit All About Eve-Sängerin Julianne Regan. Wie schon bei früheren Archivausgrabungen lässt die Band so manch anderes (Goth-) Rock-Album blass aussehen. Einzig die zwei Instrumentale können den Standard nicht ganz halten. (Torsten Pape)  

 
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TheMissionUK.com
And-the-Dance-goes-on.de
 
 
 
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Genau wie die ähnlich gearteten Alben "Grains of sand" und "Aural delight", kann diese Liedersammlung durchaus für sich allein stehen und dürfte nicht nur hart gesottene Fans erfreuen. Der Bodystyler nutzte die Gelegenheit, Wayne ein paar Fragen zu stellen, um damit Resümee zu ziehen, aber auch in die Zukunft zu blicken.


Bodystyler: Viele Fans von The Mission werden die Band seit ihrer Auflösung schmerzlich vermissen. Allerdings wird es ihnen durch die vielen Wiederveröffentlichungen alter Werke, die neuen Live-CDs/-DVDs und nun auch die neue Zusammenstellung sehr viel einfacher gemacht.
Wayne Hussey:
Leider geht uns jedoch langsam das Material aus (lacht). Ich glaube, es ist einfach nichts mehr übrig, was man veröffentlichen könnte.

Bodystyler: Mich würde nun interessieren, ob es für dich eventuell auch leichter wird, dich mit dem Ende der Band zu arrangieren, indem du durch die Archive stöberst und die Songs weiterhin auf deinen Solo-Konzerten spielst?
Wayne Hussey:
Zunächst muss ich sagen, dass ich die Band nicht vermisse. Es war zwar schwer, die Entscheidung zu treffen, The Mission aufzulösen, aber damit einher ging ein Gefühl der Erleichterung, und ich blicke nun optimistisch in die Zukunft. Zudem waren unsere letzten Shows fantastisch und eine großartige Möglichkeit sich zu verabschieden. Sie waren eher eine riesengroße Party als eine Beerdigung. Aber vielleicht hast du sogar Recht, dass ich die Band mehr vermissen würde, wenn ich mich nicht weiterhin mit all den Songs beschäftigen würde.

Bodystyler: Fällt es denn einigen Fans schwer, deine Entscheidung zu verstehen oder zu respektieren?
Wayne Hussey:
Nun, ich denke, solch eine Entscheidung hat einfach jeder zu respektieren. Es ist ja auch nicht so, dass ich aufgegeben hätte, als die Band nicht mehr funktionierte. 23 Jahre sind eine lange Zeit.

Bodystyler: Siehst du eigentlich "Dum-Dum Bullet" in der Tradition von "Grains of sand" und "Aural delight"?
Wayne Hussey:
Natürlich sind diese Werke vergleichbar. Bei "Carved in sand" und "Aura" hatten wir viel überschüssiges Material, das wir auf den genannten Alben im Nachhinein veröffentlichten. Auch bei den Aufnahmen zu "God is a bullet" blieben einige Songs bzw. Fragmente übrig und man findet sie nun auf "Dum-Dum Bullet". Ich wollte einfach nicht, dass das alles im Keller verstaubt. Eigentlich sollte bei der "Final Chapter"-Box auch eine Live-CD dabei sein. Unsere Plattenfirma SPV hatte damals jedoch finanzielle Probleme, und so wollten sie diese lieber separat herausbringen. Zu dieser Zeit gab es jedoch schon die Live-Mitschnitte, die auf unserem eigenen Label veröffentlicht wurden. Ich bin kein großer Fan von Live-CDs und es ist in dieser Hinsicht bereits einiges auf dem Markt. Also bat ich sie, die Veröffentlichung etwas zu verschieben, damit ich wenigstens ein paar exklusive Bonus-Songs aus den Archiven hinzufügen könne. Und so führte eins zum anderen, es kamen noch einige meiner eigenen Demos und die B-Seiten der vergriffenen Singles dazu bis eben ein komplettes Album daraus wurde.

Bodystyler: Ich muss gestehen, dass ich gerade die neuen Songs "Room 22", "So many things" und "The earth you walk upon" fantastisch finde, weswegen mich interessieren würde, warum sie es nicht auf "God is a Bullet" geschafft haben?
Wayne Hussey:
Wir hatten zu dieser Zeit ca. 25 Songs zur Auswahl und diese drei waren einfach noch nicht fertig. Ich selbst war nicht nur Sänger, sondern auch Produzent der Platte und spielte zusätzlich viele Gitarrenspuren und Keyboardparts ein. Außerdem war es meine Aufgabe, die Texte zu schreiben, und nachdem ich 15-16 zusammen hatte, war das mehr als genug und so konzentrierten wir uns an dieser Stelle lieber darauf, das Album fertig zu stellen. Nun habe ich den Rest im Alleingang fertig gestellt und bin sehr zufrieden damit.

Bodystyler: Lass mich noch einmal speziell auf "Room 22" zu sprechen kommen. Dieses Lied erinnert mich an die Zeit zwischen "Gods own medicine" und "Masque", da du viele Wörter und Metaphern verwendest, die damals deine Texte prägten. Stellt dieser Song, ob nun bewusst oder unbewusst, vielleicht ein Tribut an diese Periode dar?
Wayne Hussey:
Keine Ahnung. Das Lied besitzt jedenfalls eine gewisse Größe und ist sehr melodramatisch und das passt vielleicht zu The Mission zu jener Zeit. Ich habe mich einfach hingesetzt und der Text schrieb sich fast von selbst. Es geht auch um keine besondere Situation oder Begebenheit. Der Text passte einfach zur Melodie.

Bodystyler: "Stranger in a foreign land" und "Katya's lullaby" sind Solo-Demos. Warum wurden gerade diese beiden für die Compilation ausgewählt? Ich vermute mal, dass du inzwischen etliche Demos fertig gestellt hast. Was dürfen wir von den fertigen Versionen erwarten?
Wayne Hussey:
"Katya's lullaby" wurde nie fertig gestellt, sondern entwickelte sich zu "In denial" einem Song von "Aura". Ich denke, diese Version kann aber auch für sich allein stehen, also beließ ich auch den Arbeitstitel. Ich hab nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich gern mal Filmmusik schreiben würde und dieses Demo geht in so eine soundtrackartige Richtung. "Stranger" wurde von mir allein komplett im Vorfeld von "GIAB" aufgenommen, aber letztendlich fanden nur Teile des Textes beim Song "Dumb" Verwendung. Mit deiner Vermutung liegst du allerdings richtig. Ich habe wirklich hunderte von Demos in unterschiedlichster Qualität aufgenommen, aber die halte ich noch ein bisschen zurück und arbeite weiter an ihnen.

Bodystyler: In den letzten Jahren habe ich ein paar deiner Solo-Shows gesehen und fand sie jedes Mal klasse. Dabei ist mir aufgefallen, dass du diese Konzerte auch sehr genießt, egal ob du vor 50 oder ein paar hundert Leuten spielst. Wie würdest du die Magie beschreiben, die entsteht, wenn du allein auf einer Bühne stehst?
Wayne Hussey:
Ich genieße diese Shows wirklich sehr, allein deswegen, weil dort die größtmögliche Interaktion zwischen dem Publikum und mir stattfindet. Allerdings hängt der Verlauf eines solchen Gigs sehr von meiner Stimmung ab und nicht jeder Tag ist gleich. Vielleicht hast du mich an den guten Tagen abgepasst (lacht). Ich versuche jedoch, mich im Vorfeld in die bestmögliche Stimmung zu bringen und eine Mütze Schlaf, aber auch eine gute Flasche Wein sind da sehr hilfreich. Dabei ist es wirklich egal, ob fünf, fünfzig oder fünfhundert Leute gekommen sind. Sie alle haben ihr Geld bezahlt und verdienen es, eine gute Show geliefert zu bekommen.

Bodystyler: Vor einiger Zeit hast du eine tolle, elektronische Version des Mission-Songs "Severina" mit DJ Kastilla aufgenommen. Leider wurde diese nie großartig veröffentlicht bzw. ist sehr schwer zu finden. Was kannst du mir darüber erzählen?
Wayne Hussey:
Seine Freundin Grace sprach mich damals an und erzählte mir, dass er gern eine Version des Liedes mit meinem Gesang aufnehmen würde. Als wir mit der Band in Paris waren, buchten sie ein Studio, das nur zehn Minuten vom Auftrittsort entfernt war, ich schnappte mir meine Gitarre, ging vorbei und wir nahmen den Track auf.

Bodystyler: Es gab ja noch andere Kollaborationen. Wär es nicht eine gute Idee, die auch alle mal auf eine CD zu packen?
Wayne Hussey:
Nein, eigentlich nicht, obwohl da schon einige gute Sachen dabei waren. Da gab es "Hit repeat" mit dem schwedischen Künstler Stisch oder auch die Zusammenarbeit mit der polnischen Band Aggressiva 69. Das macht mir auf jeden Fall immer sehr viel Spaß.

Bodystyler: Gibt es denn Neuigkeiten von The Pornographic Angels?
Wayne Hussey:
Das ist ja eigentlich eine Umtrunk-Gesellschaft (lacht). Das sind alles Leute, die sich fantastisch verstehen, aber ob da jemals eine verwertbare Aufnahme entsteht, bleibt offen.

Bodystyler: Über die Jahre hast du des öfteren Songs anderer Künstler gecovert. Es sind jedoch auch viele Cover deiner Songs entstanden. Kennst du einige davon und wenn ja, was hältst du von ihnen?
Wayne Hussey:
Ich weiß, dass es ein paar Tribute-Alben gibt, kann mich aber nur an eine Band namens Funhouse erinnern, die auch so wie die frühen Mission klangen. Es gab da auch noch diese deutsche Heavy Metal-Band (Axel Rudi Pell, d. Red.), die eine Version von "Like a child" aufgenommen haben. Klingt zwar nicht so, wie ich mir den Song vorgestellt habe, aber sie ist für das Genre recht gut ausgefallen.

Bodystyler: Wie repräsentativ ist eigentlich die A Capella-Version von "Aquarius and gemini" für das Material, das du gerade mit Julianne Regan von All About Eve aufnimmst?
Wayne Hussey:
Zunächst muss ich sagen, dass die meisten Songs Coverversionen sind. Jeder von uns hat sich vier ausgewählt, zudem einen Song des anderen gecovert und noch einen neuen Track beigesteuert. Ich für meinen Teil habe an den Liedern gearbeitet und wenn ich das Gefühl hatte, dass Julianne etwas beisteuern könnte, habe ich ihr den Track zugesandt. Ich habe übrigens "Calling your name" von AAE ausgewählt, das ist eine B-Seite. Ich hatte mehrere Songs auf meinem iPod und bei diesem hatte ich das Gefühl, dass ich etwas von mir hinzufügen könne. Ich würde sogar so weit gehen, dass das Ergebnis das Beste ist, was ich seit langem gemacht habe. Ich denke, ich würde es mögen, auch wenn ich nicht selbst involviert wäre. Und das kann ich nicht über viele Dinge sagen (lacht).

Bodystyler: Du machst mich sehr neugierig. Kannst du denn schon verraten, wann dieses Album veröffentlicht wird?
Wayne Hussey:
Es wird veröffentlicht, wenn es fertig ist. Zum Glück gibt es keine Deadline. Wir geben das Tempo vor und arbeiten daran, wenn wir neben unseren anderen Projekten etwas Zeit haben. Wir haben jeweils fünf Songs fertig, also kann es nicht mehr allzu lange dauern. Vielleicht Ende des Jahres.

Bodystyler: Ihr kennt euch bereits seit Mitte der 80er. Habt ihr euch jemals aus den Augen verloren? Wie seid ihr in Kontakt geblieben?
Wayne Hussey:
Zwischen 1993 und 1998 hatten wir keinen Kontakt, einfach deshalb weil wir unsere eigenen Wege gegangen sind. Wir dachten bei der Mission-Reunion, dass es doch fantastisch wäre, wenn uns AAE bei den Konzerten supporten würden und nahmen wieder Kontakt auf.

Bodystyler: Eine andere Band, mit der du in den 80ern getourt bist, ist The Cult. Vor ein paar Monaten präsentierte Ian Astbury mit seinen Leuten das "Love"-Album auf einer kleinen Konzertreise. Hast du eine der Shows gesehen?
Wayne Hussey:
Ich habe Ian bestimmt zehn Jahre nicht gesehen. Wenn wir uns jetzt begegnen würde, gäbe es vielleicht ein großes Hallo, eine Umarmung und einen dicken Schmatzer, aber ich mag die Musik von The Cult nicht, also würde ich mir wohl keinen Gig ansehen wollen. Ich denke, andersrum ist es genauso, aber es ist gut zu wissen, dass sie immer noch ihr Ding machen.

Bodystyler: Kommen wir zu meiner letzten Frage, die nicht ganz ernst gemeint ist. Also hoffe ich mal darauf, dass du deinen englischen Humor in Brasilien nicht verloren hast: Stell dir vor, du hast Geburtstag und bekommst neun Studiotage in einem sehr guten Studio geschenkt. Drei mit Madonna, drei mit Lady Gaga und drei mit Robert Smiths. Wie würden diese Tage verlaufen und was käme am Ende dabei heraus?
Wayne Hussey:
Madonna und Lady Gaga wären bestimmt nicht meine erste Wahl, aber mit ersterer hätte ich bestimmt eine Menge Spaß. Sie hat ein paar nette Sachen gemacht und sie ist, glaube ich, ein bisschen "bitchy", also könnten wir bestimmt gut über Lady Gaga lästern. Ich habe letztere übrigens erst einmal im Fernsehen gesehen und kenne ihre Musik gar nicht. Ich bekomme nur mit, dass sie einige Leute geradezu verabscheuen, andere dafür haben großen Respekt vor dem, was sie macht. Vielleicht könnten wir uns also erstmal gegenseitig unsere Lieblingsplatten vorspielen und dann schauen, wohin sich das entwickelt. Vielleicht einfach nur Akustikgitarre und Gesang, denn ich habe gehört, dass sie wirklich singen kann.

Bodystyler: Stimmt, ich kenne ein paar Songs, bei denen sie sich live auf dem Piano begleitet hat.
Wayne Hussey:
Ah, cool. Klingt doch klasse. Dann eben Akustikgitarre und Piano. Mit Robert wäre es wohl offensichtlich, wohin das führen würde: Eine Menge Moll-Akkorde kämen dabei heraus. Ich hab ihn jetzt schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen, von daher wäre das sicherlich eine nette Gelegenheit und die Musik wäre am Ende wohl nur Beiwerk.

Bodystyler: Was wäre denn deine Wahl, wenn du dir die Studiopartner frei aussuchen dürftest?
Wayne Hussey:
Zuerst würde ich mir PJ Harvey aussuchen. Ich liebe ihre Platten, ihre Stimme, ihre Art, einfach alles. Als zweites würde ich Massive Attack wählen, ihnen aber vollständig den musikalischen Teil überlassen. Als letztes würde ich gern Radiohead oder vielleicht auch nur Johnny Greenwood dabei haben. Ich verehre diese Band und habe sie schon oft live gesehen. Sie sind einfach keine konventionelle Rockband, gehen auch mal ein Risiko ein und Johnny Greenwood ist in meinen Augen ein fantastischer Musiker.

Bodystyler: Das war sehr aufschlussreich, und ich bedanke mich bei dir für das interessante Interview! Möchtest du noch etwas loswerden?
Wayne Hussey:
Ja, ich habe gerade im Internet gelesen, dass einige Leute glauben, dass der Titel "Dum-Dum Bullet" ein Verweis Richtung Andrew Eldritch ist. Ich kann versichern, dass es das nicht ist. Das waren wieder diese Kleingeister!


Homepage: TheMissionUK.com

Interview:
© 2010 // Bodystyler // Torsten Pape
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