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Sojus1 "ORWO"
Sojus1 ist ein Duo aus Dresden, wobei der musikalischer Background der beiden Mitglieder nicht unterschiedlicher sein könnte. Ralf Müller-Hoffmann näherte sich der gemeinsamen Umlaufbahn aus der House DJ-Szene und bringt das Know-How für Sampling und elektronische Klänge ein. Simon Arnold ist ein Jazz-Drummer und zumeist für die organische Komponente verantwortlich. In der Summe entsteht Musik, die jedoch weit variantenreicher, komplexer und vor allen Dingen anders klingt, als man es zunächst vermuten könnte. Das Spektrum reicht hierbei von frühen Prog-Rock-Klängen a la Pink Floyd über die Düsseldorfer Schule bis hin zu Downbeat- und Post-Rock-Combos der letzten zwanzig Jahre. Trug das Debüt aus dem Jahre 2015 noch aus dem Pop oder Trip Hop entlehnte Züge und wartete teilweise mit Gastgesängen auf, so ist „ORWO“ nun rein instrumental sowie recht un-poppig gehalten. Hierbei gibt der Albumtitel einen nicht unwichtigen Tipp in Sachen Entstehung der neun Tracks. Wer ein wenig mit der DDR-Geschichte vertraut ist, erkennt natürlich sofort den Bezug zur Filmfabrik Wolfen (ORiginal WOlfen). Schlägt man den Bogen noch ein wenig weiter, landet man in der Stummfilmzeit und in diesem Fall beim 1921 erschienenen, schwedischen Horrorfilm „Körkalen“ („Der Fuhrmann des Todes“). Zu diesem sollten die beiden Musiker nämlich einen Live-Score darbieten, was ihnen den nötigen kreativen Schub zur Erschaffung von „ORWO“ gab. Wem an dieser Stelle nun auch noch der Name In The Nursery in den Sinn kommt, der hat einen weiteren passenden Bezug zu diesem Album entdeckt. Die Humberstone-Brüder sind ja für einige Stummfilm-Soundtracks verantwortlich, mit deren Intensität die Sachsen durchaus mithalten können.
So gleitet man als Hörer durch teils friedlich-verträumte, teils triste, teils gespenstische Atmosphären und verliert nicht selten das Gefühl für Raum und Zeit. Immer wieder dringen organische Klänge (Gitarre, Bass, Streicher, Piano, Perkussion) durch die meist sphärischen Loops und verhindern so die drohende Eintönigkeit. Jeder Song bewegt sich in ein neues Grundgefühl hinein, variiert dieses und schafft Räume, in die wiederum der Nachfolger vordringen kann. Songnamen wie „BLAO“, „PATO“, „LYKA“, „FLOP“ oder „PYNG“ beflügeln dabei zusätzlich die Fantasie. Am Ende der Reise taucht man aus dieser oft grauen, manchmal aber auch zaghaft bunten Welt auf und fühlt sich angenehm unterhalten.
Und da ORWO ebenso ein Hersteller von Tonbändern/Audio-Kassetten war, erscheint das vorliegende Album natürlich auch im Tape-Format. Kultig! (Torsten Pape)
Label Sojus1 Records | VÖ 26.03.2021 | Homepage www.sojus1.com