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Forced Movement "LOST"

„Forced Movement“ klingt nicht nur ein wenig wie „Forced To Mode“. Es ist nichts weniger als das Projekt von Thomas Schernikau und Christian Schottstädt, die ja bekanntlich seit 2011 auch das äußerst erfolgreiche Depeche Mode Coverprojekt Forced To Mode umsetzen. Forced Movement existiert nun seit fast 25 Jahren, wenn auch in den letzten 12 Jahren eher im Schatten von Forced To Mode. Grund genug für die beiden, auf diese lange Zeit zurückzublicken und 10 Songs zu präsentieren, die das gesamte Spektrum der Bandgeschichte abdecken sollen.
Für mich stellt sich vor allem die Frage: Wie viel Forced To Mode steckt mittlerweile in Forced Movement? Wird sich das Werk mehr als die früheren Werke an die großen Idole anlehnen? Oder ist hier etwas komplett Eigenständiges entstanden? Soviel kann man vorwegnehmen: "LOST" ist erfreulich eigenständig, auch wenn an einigen Stellen der Einfluss der Idole deutlich durchblitzt. Was aber nicht schlecht ist, im Gegenteil. Werfen wir mal einen Blick auf die Tracks:

01. "Ground Zero"

Der Opener versprüht bereits nostalgischen Charme. Ein treibender Rhythmus mit nicht zu hartem Drumsound, untermalt von sägenden Synths und ganz sparsam eingesetztem Piano. Christians markante Stimme ist klar und sanft auf diesem Track. Die Angst, spätestens bei den Vocals einen Depeche Mode Abklatsch zu bekommen, kann man jedem getrost nehmen. Christian kann auch anders, das beweist er hier eindrucksvoll. Auch wenn seine Stimmfarbe natürlich immer mit FTM und Depeche Mode verbunden sein wird. Insgesamt macht der Opener einen tollen Job. Wenn er stellvertretend für die Grundstimmung des Albums ist, erwarten uns bittersüße Tracks mit einer guten Portion Melancholie.

02. "Mind Assault"

"Mind Assault" setzt schon sehr früh mit einem eingängigen Refrain ein, der sich schnell im Ohr festsetzt. Stimmlich jetzt deutlich näher am Gahan-Klang. Auffällig ist, dass Vocals und Drums eher in den Vordergrund drängen und die elektronischen Spielereien mehr im Hintergrund stattfinden. Der Song besticht durch ruhige Strophenabschnitte und einem wirklich schönen Refrain, wo alle Register gezogen werden. Stimmungstechnisch etwas poppiger als der Opener, aber er schlägt immer noch in die gleiche Kerbe. Ich könnte ihn mir sehr gut als Live-Opener vorstellen!

03. "A Lifetime"

Der 3. Track nimmt wieder etwas Tempo raus. "A Lifetime" passt klanglich sehr in die 2009er Ära von Depeche Modes „Sounds of the Universe“. Man nehme mir den Vergleich nicht übel, aber das waren meine ersten Assoziationen. Mit etwas über 3 Minuten einer der kürzesten Songs auf dem Album. Ich denke, die Länge wird ihm gerecht. Es ist ein schöner, ruhiger Song. Etwas unauffällig im Vergleich zum Rest.

04. "Make Up"

"Make Up" ist ein „Wake Up“. Harte, laute Drums wecken uns aus der eher traumhafteren Reise, auf die uns das Album bislang geschickt hat. Die Struktur des Songs bringt wieder spontane Depeche Mode Assoziationen hoch. Diesmal dominiert „Rush“ aus dem Jahr 1993 in meinem Kopf. Das liegt vor allem an dem ähnlich schnellen Rhythmus und dem ruhigeren Abschnitt im 2. Drittel des Songs. Aber sonst haben die Songs nicht viel gemeinsam. Hier wird man eher an ein wenig Punk erinnert. Nicht schlecht!

05. "Stay"

Halbzeit im Album und wir schalten wieder ein wenig zurück. „Stay“ besticht durch eine düstere und melancholische Stimmung. Piano und Gitarre sind hier tonangebend. Das flehende „Stay“ im Text erzeugt schon fast eine hypnotische Wirkung im Verlauf des Songs. Mal sehen, in welchem Tempo Forced Movement weitermachen!

06. "Wintersleep"

Ok, "Wintersleep" holt uns definitiv aus selbigem zurück! Knarzende Synths, ein etwas flotterer Beat und wieder eine eingängige Melodie. Im Verlauf des Songs hat sich die Band ein wenig von Recoil inspirieren lassen. Zumindest hatte ich spontane Erinnerungen an „Strange Hours“ und „Drifting“ von Mastermind Alan Wilder. Ein wenig unerwartet, aber völlig passend zu dem Stück. Gefällt mir sehr! Die heulende Gitarre zum Ende hin klingt auch wenig nach „Walking in my shoes“. Aber ein Abklatsch ist es trotzdem nicht. Forced Movement haben hier vielmehr einige bekannte Elemente gut dosiert gemischt. Das Produkt kann sich wirklich sehen, Verzeihung, hören lassen!

07. "Keep In Touch"

Der nächste Song hat eindeutig Mitmach-Potential. Beim Rhythmus möchte man einfach sofort Mitwippen. Im Mittelteil wird mit einigen elektronischen Elementen experimentiert. Die E-Gitarre spielt ihre sägende Melodie meist im Hintergrund, wirkt nicht aufdringlich, aber es ist wichtig, dass sie da ist! Das verleiht dem Song einen besonderen Touch. Hier passt einfach alles - Bass, Strophe, Melodie, Refrain. Für mich persönlich ein absoluter Anspieltipp!

08. "Needle In Your Soul"

Gegen Ende hin werden jetzt wieder deutlich sanftere und ruhigere Töne angeschlagen. Und klammheimlich schleicht sich eine Premiere ins Album: Die Leadvocals werden von Thomas gesungen! Ein Novum, nicht nur auf dem Album, sondern in der ganzen Bandgeschichte! Er beweist mit seiner ruhigen und klaren Stimme, dass das keine Ausnahme bleiben sollte! Das wäre ein einem Martin Gore würdiger Song, so auf‘s erste Hören! Die ruhige Piano-Begleitung mit etwas Hall erschafft eine wortwörtlich traumhafte Atmosphäre.

09. "Love Dementia"

Dieser Song hebt sich irgendwie ein wenig ab vom Rest. Eigentlich passt alles. Guter Rhythmus, repetitiver Refrain in der zweiten Hälfte, spannende Instrumentierung. Aber ich hab immer das Gefühl, als würde er mit etwas angezogener Handbremse gespielt. Ich glaube, etwas mutigere Drums und Bass hätten dem Song gut getan. Super Ansätze, aber ausbaufähig!

10. "Turn"

Mit „Turn“ ist dann leider auch schon der letzte Track zu hören. Beginnend mit Akustikgitarre, die auch über weite Strecken den Song bestimmt, überrascht er etwas! Er will über weite Strecken gar nicht so recht in das melancholische Stimmungsbild passen und endet dann mit einigen schönen und schrägen Elektroklängen, die uns wieder wissen lassen, auf welchem Terrain wir uns befinden. Ein schöner Abschluss, wesentlich „positiver“ als erwartet und insgesamt wieder recht ruhig gehalten. Erwähnenswert ist, dass dieser Song in der aktuellen Forced to Mode Besetzung gespielt wird. Matthias Kahra übernimmt auf diesem Stück die Rolle als Gast-Gitarrist. 

Die erste Frage, die nach dem Hören auftaucht: Ist das Album ein Konzept? Oder eine Reise durch annähernd 25 Jahre Bandgeschichte? Letzteres würde ein stimmiges Bild ergeben. "LOST" ist nicht Forced To Mode. Das hört man und das ist gut so! Die beiden Musiker beweisen hier eindeutig, dass sie nicht „nur“ covern können! "LOST" hat für mich einige Highlights. Besonders gefallen haben mir „Mind Assault“, „Wintersleep“ und „Keep In Touch“.
Auch wenn Forced To Mode eine große und treue Fangemeinde gewonnen hat, würde ich mich freuen, mehr von Forced Movement zu hören. Da ist viel Potential, das ausgelebt werden möchte.

Bitte weitermachen!

Sven Frei





(Torsten Pape)

Label Last Recordings | 01.12.2023 | Homepage www.facebook.com/forcedmovement

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