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NOYCE™ "Love ends"

Im Interview gibt sich Sänger Florian Schäfer bescheiden, indem er meint, dass seine Band NOYCE™ aufgrund der langen Pausen zwischen den Alben immer wieder in den Newcomer-Status zurückfällt. Das kann man jedoch nicht so stehen lassen und der Erfolg des aktuellen Werkes, das bereits kurz nach Erscheinen in diversen Verkaufs- und Hörercharts auftaucht, spricht ebenfalls eine andere Sprache. Das Langzeitgedächtnis der Fans funktioniert also prächtig und auch im Zeitalter der kurzen Aufmerksamkeitsspannen gibt es anscheinend immer noch die Fähigkeit, auf gute Musik auch gern mal ein bisschen länger zu warten. Die investierte Geduld zahlt sich im Falle von "Love ends" jedenfalls voll aus und man ist - zusätzlich angeregt durch das tolle, in Schwarz, Weiß und Bronze gehaltene Artwork - gespannt auf die neuen Kompositionen. Diese pirschen sich dann auch sogleich an und eine Computerstimme begrüßt den Hörer im Opener "...At the end" auf eine gänsehauterzeugende Art und Weise. Danach ertönen die ersten, kraftvollen und doch wavig-samtigen Synthie-Klänge von "Sense of despair" und ziehen vollends ins NOYCE™-Universum hinein. Allein die wunderbare Melodieführung und der dramatische Aufbau lassen keinen Widerstand zu. Kälte trifft auf Wärme, Innehalten auf Bewegung und der erste Ohrwurm des Albums ist geboren. Nun folgt ein weiterer Song in der langen Bandgeschichte, der sich mit (welt-)politischen Themen auseinandersetzt und auf poetische Weise nähert man sich der Situation, eine "Heimat" verlassen zu müssen. Wie von der Band gewohnt, verliert man sich jedoch nie in absoluter Traurigkeit, denn es blitzen immer wieder Hoffnungsschimmer auf. Auf einer ähnlichen Welle bewegt sich auch die eher getragene Reise zur "Brave new world", die zudem durch den prägnanten Gesang im Refrain zu beeindrucken weiß. Lässt einen der abschließende Satz "When everything is quiet, I close your eyes" fast schon erstarren, wird man im Anschluss vom beschwingten Song "Propaganda", in dem einmal mehr aufstrebende Melodien auf ernsthafte Thematik treffen, mitgerissen. Nun ist es wieder Zeit für einen deutschen Text, der sich sehr direkt gegen den Hass wendet, welcher sich im Schutz der Netzanonymität immer mehr ausbreitet. "Kaltland" bietet all den Kleingeistern dieser Welt die Stirn und bezieht eindeutig Position. Mit "Fall[out]" folgt nun die bereits vor zwei Jahren erschienene (Hit-)Single, die allein durch ihren hymnischen Refrain nicht unwesentlich zur Neugier auf das Albums beigetragen haben dürfte. Dieses besitzt zweifellos neben einer Unmenge berührender Momente ebenso eine überragende Dramaturgie, wovon auch der kühle, mit traurigen Datumsangaben gespickte Track "Die Ungeliebten" zeugt. Hier erwartet den Hörer ein erneutes Innehalten, welchem das tiefsinnige "Mensch[en]" (ein modernisiertes Stück aus älteren Tagen) zur Seite gestellt wurde. Ähnlich gehalt- wie gefühlvoll erstrahlt das gedankenspielerische "Zertrennlich" bevor in "The world is quiet" die mutigste Gesangsleistung des Albums gegen eine schier übermächtige Stille anschreit. Der teils krachige, teils elegisch-geschmeidige Titelsong mit seinen berührenden, letzten Zeilen beschließt dieses klang- und wortgewaltige Werk, das mit jeder Faser des Körpers erlebt werden muss. (Torsten Pape)

Label Focile Art Tribe | 03.11.2017 | Homepage www.noycetm.de

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