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Nino Sable "Thorns I / Thorns II"

Den Namen Nino Sable verbindet man zumeist mit goth-rockigen Klängen, welche in Bands wie Aeon Sable oder Unwished erklingen. Der gestandene Musiker hat jedoch in der Vergangenheit bewiesen, dass er sich auch in diversen elektronischen Gefilden wohlfühlt (deied, Black Hole Samain) und mit seinem Projekt Melanculia wagte er sogar Ausflüge in den Indie-Rock, Neo-Folk, Post-Punk und Psychobilly. 2022 erschien dann erstmals ein Langspieler unter seinem eigenen (Künstler-)Namen, welches eine gelungene Mischung aus vielen der genannten Genres darstellt. Mit den vorliegenden "Thorns"-Alben wird das Gemisch der verschiedenen Stilistiken nun noch dunkel-bunter und kommt einem Tagebuch der letzten Monate/Jahre mit all ihren Turbulenzen gleich. Die mannigfaltigen Gemütslagen, Eindrücke und Momentaufnahmen bieten Abwechslungsreichtum, setzen aber beim Hörer eine gewisse Offenheit gegenüber der großen Bandbreite der gewählten Ausdrucksmöglichkeiten voraus.
Teil I wird zunächst hypnotisch, tanzbar und rein elektronisch eröffnet ("k" ft. AnAstromo) bevor mit "Blue light" eine kratzig-wütende Abrechnung mit der Abhängigkeit von digitalen Endgeräten folgt. Von der Textzeile "Lost in a machine" ist es danach nicht weit bis zur Erkenntnis "Viva la muerte", wobei dieser Track ein wenig an die seligen Calva Y Nada erinnert. "Be no stranger" könnte man hingegen als elektronischen Post-Punk bezeichnen, der auf Noise- und Trance-Elemente trifft. In "Queen of the night" erwarten den Hörer im Anschluss ein wahrlich brutaler Bass sowie ein ultra langsames Tempo und Grabesgesang. "Endless gasoline" entführt sodann in die frühen 80er Jahre und weckt Erinnerungen an die Musik von Tubeway Army / Gary Numan, The Normal oder frühe OMD. Auch bei den restlichen Stücken geht es vorwiegend synthetisch zur Sache wobei mit dem poppigen Instrumental "Surprise" sogar die sonst vorherrschende Düsternis durchbrochen wird und "Alphomega" mit einem deutschen Text aufwartet.
Teil II startet mit dem Song "Preset 2", der herrlich nach Joy Division/alten New Order oder Bauhaus klingt. Auch die folgenden Tracks sind eher in den 80ern verwurzelt bevor es mit "Soylent green" noch weiter in der Zeit zurück geht. Diese coole, instrumentale Hommage an den gleichnamigen Kult-Film wartet nämlich mit einem sehr authentischen 70s Touch auf. Nach kurzweiligen Ausflügen zum Minimal-Pop ("Robot party") oder auch Drone/Noise ("ghost ak8hk9"), besucht man orgelige Vampirhochzeiten und begegnet Klanglandschaften in bester Cold Meat Industry-Tradition ("Pandemonio imortale"). Wer schon immer mal wissen wollte wie minimal-elektronischer Black Metal klingt, führe sich "New God" zu Gemüte. Ganz am Ende kommen dann doch noch die Gitarren ins Spiel, denn "Evil thorn" und "Youth" huldigen dem American Gothic a la Christian Death/Mephisto Walz.
Manch einem mag diese Mischung als zu gewagt oder gar inhomogen erscheinen. Wer sich jedoch auf die handwerklich toll umgesetzten Atmosphären und Melodien sowie die spannenden Inhalte einlässt, wird mit facettenreicher Artenvielfalt und gelebter Scheuklappenablehnung belohnt. (Torsten Pape)

Label Noot Moon | 01.12.2023 | Homepage www.facebook.com/nino.sable.artist

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