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Abwärts "Smart bomb"

Hält man das neue Abwärts-Album das erste Mal in der Hand muss man als jahrelanger Fan ein kleines bisschen an das 91er Werk "Comic-Krieg" denken. Helles Cover bzw. ähnliche Farbauswahl, ähnliche Anordnung der Motive und die Begriffe "Krieg" und "Bombe" kann man ja auch gut in Bezug zueinander bringen. Bringt man die Scheibe danach in Rotation, darf man zudem attestieren, dass sich auch an der Spritzigkeit und schon gar nicht an der Punk-Attitüde etwas in den mittlerweile fast vier Jahrzehnten Bandgeschichte verschlechtert hat. Gleich mit dem ersten Track wird einem der Unmut über unsere Gesellschaft nur so entgegengerotzt und zwischen unglaublich treffenden Beobachtungen über die achso hippen Mitmenschen erschallt ein Refrain, der es in sich hat: "Aber für nichts auf der Welt, muss ich mir das alles geben. Aber für nichts und doppelt gar nichts, rühr ich in dieser Scheiße mit." Mit dem nun folgenden Titelsong (und auch ersten Single) sowie der spannenden Betrachtung "Autonomes Fahren" wird dann endgültig die Gitarren-Walze ausgepackt und die Pogo-Gene fangen automatisch an zu vibrieren. Nun folgt ein Shanty namens "Sehnsucht", in dem die andere typische, weil etwas kryptische Art präsentiert wird, in der Bandchef Frank Ziegert seine Texte verfasst: "Du Paradies, du alter Frieden, da noch kein Lamm den Wolf gemieden. Oh komm zurück!" Einfach grandios! Mit der zweiten Single "Going down" wird es danach wieder in jeder Hinsicht eingängiger und so hat auch dieses Album seinen absoluten Ohrwurm bekommen. "Charlie Brown" schlägt im Anschluss den nächsten Haken und hält neben einem witzigen, lyrischen Ansatz und den passenden Samples, erneut eine stahlharte Gitarren-Bürste parat. Schon jetzt darf man sich nicht über fehlende Abwechslung beschweren. Da ist die nächste Herausforderung natürlich nicht weit und diese besteht in der brisanten Mischung aus gehaltvollem Text und einer tonnenschweren Drum-Gitarren-Attacke namens "Lass Blumen sprechen" sowie einem weiteren, Ton gewordenen Schlag ins Gesicht, der passenderweise "All die Fressen" betitelt wurde. Der beschwingte, triefend sarkastische "Plastik Mann" lässt einen danach amüsiert bis betroffen mitschunkeln, bevor es mal wieder Zeit für die liebgewonnene Tradition ist, alte Songs in aufpoliertem Klanggewand zu präsentieren. Dieses Mal fiel die Wahl auf das kongeniale "Um in das Meer zu gehen" vom Klassiker "Ich seh die Schiffe den Fluss herunterfahren" aus dem Jahr 1990 und das (leider) immer noch topaktuelle "Vorsicht". Letzteres stammt vom eingangs erwähnten "Comic-Krieg", wodurch sich im besten Sinne ein Kreis zu schließen scheint. Obendrauf gibt es mit "Rum & Coca Cola" eine Neuinterpretation eines Songs aus den 40er Jahren, damals dargeboten von The Andrews Sisters. Eine spannende Geschichtsstunde, genau wie die abschließende, urkomische News-Utopie eines friedlichen Mai-Feiertages in Berlin-Kreuzberg.
Keine Frage, Bandkopf Frank Ziegert und seine Mitstreiter haben es immer noch drauf und man darf sich zu Recht auf die anstehende Tour freuen. (Torsten Pape)

Label Off Ya Tree Records | 28.09.2018 | Homepage www.abwaerts.com

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