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Purwien & Kowa "5=2+3+4x12“"

Die beiden Plattenträger Purwien & Kowa sind zurück und haben 20 Songs im Gepäck, die sie unter einem durchaus schrägen und mathematisch falsch anmutenden Titel präsentieren. Bevor jedoch jeder Algebra-Lehrkörper eine ausgeprägte Vertigo-Symptomatik entwickelt, sei die Gleichung zunächst einmal kurz erklärt: Das erste P&K-Album hörte auf den Namen „Zwei“, das zweite wurde „Drei“ getauft und das dritte ist Kennern unter dem Titel „Vier“ bekannt. Kurz davor hatte Herr Purwien ein Solo-Debüt „Eins“ veröffentlicht, aber das nur am Rande. Nun steht also Album „5“ vor der Tür und widmet sich der fast ausgestorbenen Gattung der 12“-Mixe, auch Maxi-Versionen genannt. Nostalgiker wissen, dass dies auf Tanzbarkeit und längeren Genuss getrimmte Song-Variationen sind, die ohne einen großen Namen auskommen, welcher das Prädikat „Remix“ nach sich ziehen könnte. Somit wären alle Bestandteile der waghalsigen Gleichung 5=2+3+4x12“ erklärt und man kann ein Ohr auf die gereichten Titel werfen. Im auf 100 Stück limitierten CD-Format werden diese gleichmäßig auf zwei Silberlinge (Side A & Side B) im schnieken Pappschuber verteilt, aber das nur am Rande.
Chronologisch geht es rückwärts durch die Diskographie, was natürlich gut zum Retro-Ansatz der Scheibe passt. Den Einstieg machen also Songs neueren Datums wie „Silence“ oder „Desert“ und zeigen gleich auf eindrucksvolle Weise, dass den Musikern die Charakteristika der 12“-Kultur anscheinend in Fleisch und Blut übergegangen sind. So werden prägnante Sounds verlängert sowie neue Klänge und Breaks sinnvoll eingebaut, ohne dabei die Seele des Songs zu zerstören. Fette Bässe gehören dabei ebenso zum Repertoire wie liebliches Bimmeln und Synthie-Fiedeln oder der allseits beliebte Klatsch-Effekt. Das weckt Erinnerungen an die gute alte Zeit und verknüpft diese discotauglich mit dem neuzeitlichen Liedgut des Duos. So hämmern sich Gassenhauer wie „The passenger“, „Nochmal“, „A fake“, „Disko 80“, „Observer“, „Change my world“ und „Alte Hits“ einmal mehr in Hirn und Bein, aber auch die langsamere Gangart wird hin und wieder umgesetzt („Die Liebe tanzt“, „Für etwas mehr“).
Gen Ende finden dann mit „Alle Fehler“ (Purwien feat. Witt), „Leb wohl“ (Purwien), “Blut“ (Rehberg) und „I hate Berlin“ (Second Decay) auch noch Tracks aus der Prä-P&K-Ära Gehör. Wie man das in den Albumtitel hineininterpretiert wissen wohl nur die Akteure selbst und erklären es vielleicht sogar im Interview, aber das nur am Rande.
Nachdem der letzte Ton verhallt ist, findet sich der Hörer nostalgisch verklärt und verzückt in der Auslaufrille wieder. Das ist der innerste Kreis einer Vinyl-Scheibe, also nicht am Rande. (Torsten Pape)

Label Zwei Records | 24.12.2021 | Homepage purwienkowa.bandcamp.com

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