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Kirlian Camera "Radio signals for the dying"

Veröffentlichungen der italienischen Band Kirlian Camera bereiten stets ein komplexes und spannendes Vergnügen. Dies bezieht sich auf die musikalische, inhaltliche, aber auch optische Ebene. Die Künstler haben auf vielfältige Weise etwas zu sagen und sprechen dabei die Gefühlswelt wie auch den Geist gleichermaßen an.
Mit dem neuesten Doppelalbum (wahlweise auch in einer 3CD-Version erhältlich) setzen die Masterminds Elena Alice Fossi und Angelo Bergamini eine Reihe von schwergewichtigen Veröffentlichungen fort. Mir liegen aktuell die 16 Tracks des Hauptteils vor und diese ergeben bereits eine Spielzeit von fast anderthalb Stunden. Man sollte sich also ausreichend Zeit nehmen, wenn man dieses Gesamtkunstwerk am Stück erleben möchte, denn nur so kann es seine gesamte Erhabenheit entfalten.
Der Einstieg gestaltet sich dabei düster und bedrohlich. Es dröhnt und zirpt und man hat unweigerlich das Gefühl in eine dunkle, kalte Gruft hinabzusteigen. Plötzlich erklingt ein verschachtelter Rhythmus, alsbald aber auch die samtige Stimme von Elena sowie Background-Gesänge, die allesamt Eleganz und Wärme ausstrahlen. So findet man sich letztendlich in der "Tiefenzeit" ("Il tempo profondo") wieder und fühlt sich dort umgehend wohl. Bei Interesse kann man diesen Zustand sogar noch um eine weitere Dimension erweitern, indem man sich über dieses Konzept ein wenig informiert. Nach dem eher sphärischen Einstieg geht es mit "Stella Ominis" deutlich beschwingter weiter und der Track entwickelt sich schnell zu einem tollen und tanzbaren Ohrwurm. Im Anschluss erklingt die erste von zwei Coverversionen und zwar hat man dem viel zu früh verstorbenen Adrian Borland und seiner Band The Sound die Ehre erwiesen. Das göttliche "Winter" ist auch in der KC-Variation eine dunkle und Gänsehaut erzeugende Ballade, die man gehört haben sollte. Im späteren Verlauf begegnet man dann noch einer schönen, teils zerbrechlich, teils wütend wirkenden Interpretation von "Wrong" (Depeche Mode) sowie einem weiteren bereits bekannten Track. "The great unknown" war ursprünglich eine Kooperation mit Solitary Experiments und wird hier in einer etwas düsterer veranlagten, aber immer noch bewegungsfördernden Variante vorgestellt.
Zwischen den bis hier genannten Eckpunkten bewegen sich im Grunde auch die restlichen Tracks, wobei noch so einige Hits auf ihre Entdeckung warten. Allein "Götter geht weg" mit seinem himmelstürmenden Refrain und dem anklagenden Thema sowie das elegische "Madre negra" müssen noch als Highlights erwähnt werden. Ansonsten sollte man sich einfach von den vielen herrlichen Melodien bzw. Atmosphären verzaubern lassen und sich auf Entdeckungsreise in die schier unendlichen Klangwelten begeben.
Perfetto. Raccomandazione assoluta!!!

PS: Wer einen tieferen Einblick in die Hintergründe gewinnen möchte, darf sich gern das kürzlich geführte Interview mit Elena und Angelo zu Gemüte führen. (Torsten Pape)

Label Dependent | 23.02.2024 | Homepage www.facebook.com/kirliancamera.official

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