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Black Nail Cabaret "Chrysanthemum"

"My home is empty" – dieses einsame Bild im Songtitel eröffnet mit gespenstischen und ein paar dröhnenden Sounds das neue Album des ungarischen Duos. Langsam kommen ein Rhythmus sowie freundliche Synthie-Klänge hinzu und die Stimme von Sängerin Emese versprüht etwas Wärme. Wäre da nur nicht die Rede von Zweifeln und Gefahren, die Einladung "Come inside" könnte glatt einladend wirken. Prompt mischen sich schmerzhafte, scharfe Töne ein und aus süßer Verführung wird wieder diese merkwürdige, hypnotische Anziehungskraft. Hypnotisch sind auch die vertrackten und doch tanzbaren Strukturen des nun folgenden "Autogenic", der ersten Vorab-Single. Sie ziehen einen in die dunklen Tiefen dieses geheimnisvollen und tiefgründigen Albums, das sich auf äußerst poetische Weise mit dem Leben, der Einsamkeit, Ängsten und dem Tod auseinandersetzt. "Where religion meets neurosis there‘s a beautiful seam in your skull. Will you give me a hand or will you just record the fall?" ("Wo Religion und Neurose aufeinandertreffen, gibt es eine schöne Naht in deinem Schädel. Hilfst du mir, oder nimmst du nur den Sturz auf?") Abgründe tun sich auf, lächeln einen an und man lächelt tanzend zum dazugehörigen Track "Totem and taboo" zurück. Knirschend nähert sich danach "Never enough" und beschäftigt sich mit dem Problem, dass immer etwas zu fehlen scheint und Ansprüche/Erwartungen nicht erfüllt werden. Spätestens jetzt muss man explizit die gesangliche Reife von Emese attestieren, die auch dieses Lied mit einer unglaublichen Bandbreite an Emotionen füllt. Bevor es jedoch zu gemütlich wird, rüttelt "Neurons" erneut die letzten müden Zellen wach. Dieser Song tritt mitten ins Gesicht und hört trotz der Beteuerung vollster Wachheit und Aufmerksamkeit nicht damit auf. Schließlich braucht es die Pharmazie ("1mg"), um die aufsteigende Panik zu besänftigen und prompt wird die Dunkelheit wieder zur angenehmen Erscheinung. "Darkness is a friend" bietet sirenenhaften Gesang, aber auch Bass- und Gitarrenklänge und das anschließende "Godspeed" könnte man als souliges Drone-Gebilde bezeichnen. Eine Fahrt, welche weiter ins dunkle Ungewisse führt. Doch plötzlich wird es hell und gut. Der Songtitel "Roadtrip (with Jesus on the backseat)" ist der passende Soundtrack, um erlöst und schmerzfrei der kranken Welt ins Antlitz zu schauen. Erhebende Trance übernimmt die Kontrolle und "Teach me how to techno" ist der letzte Wunsch, der noch erfüllt werden muss. Schwebend erreicht man das Ende des Tunnels und sieht nun endlich die Chrysanthemen, welche diesem betörenden Album seinen Titel gaben. Der "Faceless boy" wartet geduldig, geleitet zwischen die Bäume und über das wilde Gras. (Torsten Pape)

Label Dependent | 01.03.2024 | Homepage www.facebook.com/bncband

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